Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das verbotene Land 2 - Drachensohn

Das verbotene Land 2 - Drachensohn

Titel: Das verbotene Land 2 - Drachensohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis
Vom Netzwerk:
darauf, ein Mensch zu sein. Ganz ohne die Hilfe jedweden Drachens würde er die Menschenwelt sein Eigen nennen.
    Aber wie schwer waren ihm diese Worte gefallen: Ich begleite dich auf den Jahrmarkt.
    Nem legte den Kopf in die Hände. Seine Finger krallten sich in seine Haut und in sein Haar. Der Schmerz trieb ihm die Tränen in die Augen. Er hatte Angst.
    Angst davor, den Wald zu verlassen, in dem er sich all die Jahre versteckt hatte. Angst zu bleiben.
    Angst vor den neugierigen Blicken, dem höhnischen Grinsen, dem selbstgefälligen Bedauern. Angst vor der Einsamkeit.
    Er hatte auch Angst vor den sexuellen Bedürfnissen, die seinen Körper mit Hitze erfüllten und ihn, wenn er sich entleerte, rastlos und unbefriedigt zurückließen. Seine Träume waren nicht greifbar, doch er wollte fühlen, zupacken, halten und gehalten werden. Voller Inbrunst wollte er sich selbst hingeben und mit derselben Inbrunst angenommen werden. In seinen Träumen waren seine Beine aus Fleisch und Blut – die Beine jener Illusion, die Drakonas am Tag des Marktes für ihn erschaffen hatte. Die Beine, die sich zwischen die Beine einer Frau schoben, waren niemals die des Drachen.
    Die Sehnsucht war stärker als seine Ängste. Die Sehnsucht und der Drang, sich zu beweisen. Er hatte die Worte ausgesprochen. Es gab kein Zurück. Nem stand auf, erhob sich auf seinen Drachenfüßen und schüttelte den quälenden Zweifel ab.
    Die Sonne war untergegangen.
    Im Wald war die Nacht hereingebrochen.
    Die Tiere, die bei Tag jagten, suchten ihre eigenen Zufluchtsorte auf. Die Nachtjäger gingen auf die Pirsch. Manchmal sah er die gelben Augen, die ihn aus dem Dickicht des Unterholzes anstarrten und lautlos erstarrten, bis er vorüber war. Nem fand sich im Dunkeln gut zurecht, denn er besaß die Drachengabe, bei Nacht wie im Dämmerlicht zu sehen. Hier draußen fürchtete er nichts.
    Der Bär, der Wolf und die Wildkatze fürchteten ihn.
    Und so kehrte er in die Hütte zurück, um noch ein wenig zu schlafen. Noch vor Tagesanbruch würde er mit Bellona aufstehen, den Wagen mit Pelzen beladen und den ganzen Tag für die Reise nutzen.

13
    In diesem Jahr zogen sie nicht auf einen ländlichen Markt wie damals in Schönfeld. Diesmal ging es in eine Stadt. Es war eine der größten Messen des Kontinents, und sie fand in der Kathedralenstadt Rhun, der Hauptstadt von Weinmauer statt. Bellona hatte diesen Markt im vergangenen Jahr erstmals besucht. Es hatte sich sehr gelohnt. Außerdem hoffte sie, in der Menge untergehen zu können. Je mehr Augen, desto mehr gab es auch zu sehen. Je weniger Menschen, desto leichter konnten ihre Augen an Nem hängen bleiben.
    Die Kriegerin hatte weder Drakonas' Warnung bezüglich Nems Vater vergessen noch seine Geschichte von den gar nicht so frommen Schwestern und den irren Mönchen. Doch mit den Jahren waren diese Warnungen etwas verblasst. Zwar hatte sie Nem nicht mehr mitgenommen, doch das machte wohl keinen großen Unterschied. Wenn jene Mönche wirklich nach ihm suchten, hätte sie ihnen irgendwann über den Weg laufen müssen. Sie sah jeden Mönch sehr genau an und brach hin und wieder sogar ihr gewohntes Schweigen, um einen anzusprechen, doch alle waren, wofür sie sich ausgaben.
    Auch nach Drakonas hielt sie Ausschau, sah ihn aber ebenfalls nicht. Dass er sie gesehen hatte, wusste sie nicht.
    Außerdem war Nem nicht mehr sechs Jahre alt. Er war zu einem kräftigen Mann herangewachsen, der mit Schwert und Dolch, Pfeil und Bogen umgehen konnte. Er hatte die Mittel, die Fähigkeiten und den Mut, sich gegen jeden Gegner zur Wehr zu setzen – jeden, der mit Stahl kämpfte, zumindest.
    Die verrückten Mönche waren immer noch dort draußen, wenn auch nicht in großer Zahl. Noch immer suchten sie nach Nem. Grald hatte den Jungen weder zwingen noch verlocken können, mit ihm zu sprechen, doch er konnte seinen Sohn weitaus deutlicher sehen, als diesem klar war. Grald sah, wie Nem sich in seiner Höhle verbarg und sich weigerte, in die Welt der Menschen hinauszutreten. Er sah auch seine Wünsche, Ängste und Seelenqualen und nährte sie, soweit es in seiner Macht stand. Eines Tages würden sie den jungen Mann aus dem Wald treiben, als wäre ein Feuersturm hinter ihm her.
    So übte sich Grald in Geduld. Seine Leute waren zur Stelle.
    Rhun lag nur dreißig Meilen vom Meer entfernt an einem der großen Ströme des Landes, der Urb. So war die Stadt zu Wasser und über die gut ausgebauten Straßen des Reiches leicht zu erreichen. Die Messe

Weitere Kostenlose Bücher