Das verbotene Land 2 - Drachensohn
Monster?«
»Nein«, beruhigte ihn Drakonas. Er dachte an Nem. »Du wirst kein Monster.«
»Puh! Ein Glück. Aber wie …?«
»Sieh mal.« Drakonas zeigte nach vorn. »Dort liegt das Schloss deines Vaters. Du bist fast zu Hause.«
»Zu Hause«, wiederholte Markus leise. Er hatte keine Fragen mehr.
In der Zeit mit Drakonas hatte Markus zugenommen, war kräftiger geworden und auch gewachsen. Als der Wagen vor die Tore des Schlosses rollte, erkannten die Wachen ihren Prinzen nicht. Zur großen Belustigung des Jungen hielten sie ihn für einen Bauernlümmel und hätten ihn beinahe nicht durchgelassen.
Es war Gunderson, der Seine Königliche Hoheit überrascht wiedererkannte, wenn auch erst, als Markus vom Wagen sprang, auf den alten Mann zustürmte und ihn fest umarmte.
Dann geriet der ganze Hof in Bewegung. Niemand fragte, wo der Prinz gewesen war. Das Gemunkel würde erst später losgehen und durch Erklärungen seitens des Palastes unterdrückt werden. Vorläufig herrschte allgemeine Freude, dass er gesund und heil zurückgekehrt war. Gunderson führte seinen Prinzen im Triumphzug zum Palast, wo Königin Ermintrude ihm mit offenen Armen entgegenlief, um ihn fest an sich zu drücken. Sein Vater entriss ihn ihrer tränenreichen Umarmung, aber nur um seinen Sohn selbst zu drücken.
»Du hast mir ein Pony versprochen«, mahnte Markus.
»Das steht im Stall«, antwortete Edward mit erstickter Stimme. »Es wartet auf dich.«
Er trug seinen Sohn in den Palast, wo man ihm zu essen geben und seine Rückkehr feiern sollte. Ermintrude wollte ihnen nacheilen, doch dann fiel ihr ein, dass niemand Drakonas gedankt hatte. Als sie sich nach dem Mann umsah, war er verschwunden.
Drakonas lief bereits mit langen Schritten über den Hof auf das Tor zu, als Gunderson seinen Namen rief. Er stellte sich taub und ging weiter. Schnaufend kam der alte Seneschall ihm nach.
»Ihre Hoheiten möchten Euch danken, dass Ihr den Prinzen zurückgebracht habt. Man lädt Euch ein, im Palast zu bleiben.«
Drakonas schüttelte den Kopf, ohne stehen zu bleiben. Er wollte keinen Dank, denn er verdiente ihn nicht.
Die Soldaten feuerten wieder die Kanone ab. Erst kam der Donner, dann das Ah und Oh der Gaffer.
Edward, der an einer Waffe arbeitete, die Drachen töten sollte. Drakonas, der dasselbe tat.
12
Für einen Drachen sind zehn Jahre wie ein Lidschlag. Menschen lachen und weinen, leben und sterben in dieser Zeit. Nem durchstreifte den Wald, prüfte die Kaninchenschlingen, jagte auf seinen Tierbeinen der Wildkatze nach. Zehn Jahre lang. Markus wurde im Fechten und Tanzen unterrichtet, lernte viel, schlief am Schreibtisch ein. Zehn Jahre lang. Grald und Maristara intrigierten, planten, suchten. Zehn Jahre lang.
Drakonas streifte zehn Jahre lang aufmerksam durch das Land und wartete, »Dieses Jahr begleite ich dich auf den Jahrmarkt«, erklärte Nem übergangslos.
Erstaunt blickte Bellona von ihrer Näharbeit auf. Er hatte gesagt, was er zu sagen hatte, und widmete sich nun wieder seiner Arbeit, als würde ihre Reaktion ihn gar nicht interessieren. Er konzentrierte sich ganz auf seine Pfeilspitzen, um das schwindende Licht noch zu nutzen. Die rote Färbung seines Nackens und sein angespannter Kiefer verrieten ihr, wie schwer ihm diese Entscheidung gefallen war.
Sie kehrte zu ihrer Arbeit zurück.
Bellona nähte nicht gut. Mit der Nadel kamen ihre Hände, die so geschickt das Schwert zu führen wussten, nur unzureichend zurecht. Doch sie hatte keine Wahl, sondern musste die Kleider nähen, die sie brauchten. Immer gab es etwas Neues anzufertigen oder zu flicken. Nem wuchs nahezu unaufhörlich. Kaum hatte sie ihm eine neue Wollhose oder Tunika genäht, da spannten schon die Nähte an den Beinen, oder die kräftigen Arme passten nicht mehr durch die Ärmel.
Jetzt stieß sie die Nadel ins Tuch und sagte unbeteiligt: »Ich freue mich über deine Hilfe.«
Da hob er den Kopf und starrte sie stirnrunzelnd an. Er wirkte misstrauisch. Wollte sie ihn anklagen?
Sie schaute ihm in die Augen.
Die Röte breitete sich vom Nacken zum Hals hin bis in sein Gesicht aus.
»Entschuldige«, sagte er verlegen. »Ich weiß, dass ich dir in den letzten Jahren wenig beigestanden habe.«
Bellona senkte den Blick auf ihren Faden und zog ihn durch das Nadelöhr. »Ich habe es verstanden.«
»Wirklich?« Seine Stimme klang herausfordernd.
Wieder sah sie ihn an. »Ja.«
Vor ihrem festen Blick schlug er die Augen nieder, ging wieder an die Arbeit, bis er die
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