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Das Verdammte Glueck

Das Verdammte Glueck

Titel: Das Verdammte Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Kurz
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verzerrte seine Fresse, ich kletterte an ihm vorbei nach oben. Er schrie mich an, spuckte, wollte mich sogar beißen, aber er konnte nichts machen, denn wenn er losließ, würde er runterfallen. Was drängelte er sich auch vor? War doch selbst schuld, der Kerl.
    So bekam ich das Ohr der rosa Sau zu fassen; es war weich wie Gummi, dehnte sich, aber es hielt mich. Ich rammte Karl meinen Fuß ins Gesicht, stieß mich nach oben ab und verlor fast den Halt, denn plötzlich hing die Oma an meiner Jacke. Ich wollte sie abschütteln, aber das ging nicht, und ich hörte, wie sie sagte, sie hätte ihr ganzes Leben nur auf diesen Moment gewartet.
    «Wen juckt das?», raunzte ich ihr über die Schulter zu und streifte meine Jacke ab. War 'n Klacks, und die Alte sauste dem Glück den Buckel runter, arschgerade auf den Asphalt. Wär ja noch schöner – jetzt, wo ich das Glück mal reiten kann, halt ich mich doch nicht mit so einer auf.
    Ich saß jetzt ganz oben, krallte mich an den Gummiohren fest und fühlte mich wie Graf Koks. Mensch, war das 'n Ausblick! Die Straße so tief unten und die anderen glotzten hoch. Der Geifer hing ihnen im Gesicht, und ihr Neid brandete in warmen Wellen zu mir herauf wie der faule Atem eines wilden Tiers.
    All der Neid.
    Es war mir so was von egal. Keiner von denen lag mir am Herzen, die konnten mir alle gestohlen bleiben. Ich ritt jetzt mit dem Glück unsere Straße hinaus, und es hätte mich nicht gestört, wenn alles hinter mir niedergebrannt wäre. Ich kraulte das Glück hinterm Ohr und flüsterte ihm unanständige Dinge zu, die ich mit ihm machen wollte, wenn wir erst einmal allein wären. Doch die fette Sau hörte gar nicht zu, reckte sich vor der Unterführung, sodass ich oben ans S-Bahn-Schild prallte, hängen blieb und abgestreift wurde. Verzweifelt wollte ich mich an Haut und Haaren festhalten, kriegte aber nur einen Pickel zu fassen und sah, wie Karl den Zipfel vom Glück umklammerte. Den Zipfel! Ist ja widerlich, so was.
    Er lachte nur. Darfste nicht etepetete sein, wenn sie das Glück durch deine Straße treiben. Hat er recht, der Kerl, verdammt recht. Da platzte der Pickel, und ich rumpelte runter auf den schmutzigen Asphalt. Die Hunde sind über mich drüber, als ob ich nur stören würde. Die Hunde, mit denen sie das Glück durch die Stadt trieben, damit wir es wenigstens mal zu sehen kriegen, wir Idioten, die nicht von hier weggingen, weil wir gar nicht wussten, wohin, keiner von uns, und alle blieben. Einen Schuh hatte ich verloren, ich fand ihn nie wieder. War ganz gut so, ich warf den zweiten auch noch weg. Die dämlichen Treter, die mir kein Glück gebracht hatten.
    Abends traf ich Karl, der sah auch bedient aus, Mannomann, seine Kleider nur noch Fetzen und ein Büschel Haare fehlte ihm. Ich sagte: «Na, auch Glück gehabt heute?»
    Er winkte ab und meinte nur: «Es stinkt nach Fisch.»
    «Nach Fisch?», sagte ich lachend. «Mann, dann darfst du nicht den Zipfel greifen, wenn dich so was stört.»
    Aber sicher hätte ich auch danach gegriffen. Ist doch egal, man nimmt, was man kriegt vom verdammten Glück, und wenn’s nur der blöde Zipfel ist.

Duftmarken
     
    ‹Junge Krankenschwester überfallen ...› – der Mann ihr gegenüber hielt die Zeitung so, dass sie ständig diese Überschrift ansehen musste. Das Vorbeifliegen des dunklen U-Bahn-Schachts vor dem Fenster bereitete ihr Schwindel. Die stumpfen, ernsten Gesichter der Umsitzenden waren ihr unangenehm. Blieb nur die Zeitung und diese Überschrift. Warum eigentlich Krankenschwester? War denn jeder nur das, was er gelernt hatte? Lebte und starb man stets als Vertreter einer Sparte, eines Berufszweigs? Müllmann gestorben, Arbeitsloser überfahren. Was sollte das? War man als Mensch nicht mehr als das? Ein Beruf, das war doch oft einfach nur Zufall oder Glück, zum Beispiel weil eben gerade was frei geworden war. Oder Pech, weil es nichts anderes gab. Vieles hatte man doch gar nicht in der Hand; es fügte sich, ergab sich, widerfuhr einem. War doch so. Und wenn es dich dann erwischte, verhöhnten sie dich auch noch mit deinem Beruf. Krankenschwester, na klar! Warum schrieben sie nicht, dass diese junge Frau gerne Ärztin geworden wäre, es aber nicht konnte, weil ihre Eltern geschieden waren und die Mutter das Geld für ein Studium nicht aufbringen konnte. Warum schrieben sie das nicht? Was hielt sie davon ab, die Wahrheit über einen Menschen in ihrem Scheißblatt abzudrucken. Okay, die Frau konnte genauso gut nicht das

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