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Das Verdammte Glueck

Das Verdammte Glueck

Titel: Das Verdammte Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Kurz
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sie sollen sich verpissen, denn sonst sieht sie ja nichts. Ich fragte Schorsch, was los sei; der hatte einen Campingstuhl aufgeklappt und sich an die Bordsteinkante gesetzt.
    Er grinste und erzählte, diesmal würden sie das Glück durch unsere Straße treiben. «Das verdammte Glück, stell dir vor, ist doch 'n Riesending! Willst 'n Bier?»
    Ich nickte, ich wollte ein Bier, dann schüttelte ich den Kopf und sagte: «Gibt’s ja wohl nicht.»
    Er streichelte seinen kahl glänzenden Kopf und sagte: «Wirst dich wundern, ist so.» Er habe es gelesen, und nicht nur in der ‹Bild›, wo ja viel drinsteht, was gar nicht stimmt. Ich trank einen Schluck, das Bier war warm. Ich ärgerte mich, dass ich nicht andere Schuhe angezogen hatte. Mit meinen alten Tretern lief es sich schlecht, die Sohlen waren längst glatt. Was, wenn ich hinfalle, wo es doch jetzt endlich mal darauf ankommt?
    Ich meine, wann kommt es schon darauf an im Leben? Meistens zimmert dir doch ein anderer deinen Tag zurecht, und du stehst in deinem eigenen Leben nur blöde rum. Darfst an irgendeinem Hebel ziehen, und hinten plumpst dämlicher Plunder vom Fließband. Aber in so einem Moment wie diesem musste ich mich ganz einfach am Riemen reißen.
    Ich blieb, wo ich war, schlug regelrecht Wurzeln, sah mich nur um und tat so, als wäre ich ganz cool, dabei schlug mir das Herz bis zum Hals. Ich bereute jede Zigarette, die ich eingesogen hatte, immer im Glauben, das Glück, das hätten andere. Also was soll’s, scheiß doch drauf!
    Judith winkte herüber, ich winkte zurück, aber nur ganz lässig, denn ihr Macker war nicht weit. Ich glaube, er ahnte was von uns beiden. Wenn er es rauskriegen würde, hätte ich schlechte Karten, bei all dem, was die Dicke und ich gemacht und wie wir dabei immer über ihn gelacht hatten.
    Meiner Meinung nach verschwindet nichts jemals auf dieser Kugel. Auch Worte, gerade die bösen, dreckigen, abfälligen, bleiben und warten darauf, dass sie wiedergefunden werden, um sich dann gegen uns zu wenden. Alles sammelt sich irgendwo, sogar unsere Gedanken, nichts geht verloren, nie ...
    Ich konnte nicht weiter darüber nachdenken, denn weiter vorne kam Unruhe auf. Alle guckten. Ein Brausen, ein Rauschen pfiff durch die Luft, ich musste mich recken, dann sah ich es auch. Leck mich am Arsch, da kam es angestampft, tatsächlich, leibhaftig! Ich hatte es mir kleiner vorgestellt, mickriger. Einer wie ich stellt sich die Welt eben mickrig vor, ist so, was willst du machen.
    Aber das Glück war fett, eine große Sau, es leuchtete strahlend, es blendete mich und zog mich magisch an, als riefe es nach mir. Wir taumelten alle auf die Straße wie Idioten, die die Offenbarung hören. Keiner passte mehr auf, keiner sah noch, worauf er trat. Alle starrten nur auf das verdammte Glück, wie es in unsere Straße bog. Gehetzt sah es aus, wie auf der Flucht.
    Scheiße, dachte ich, das Ding wird sich nicht aufhalten lassen. Für uns bremst es sicher nicht – da musst du fix sein, Alter! Aber wie sollte ich mit meinen ausgelatschten Tretern plötzlich auch noch fix sein?
    Ich sah, wie vorne die Ersten überrannt wurden, wie sie unter das Glück gerieten, das so verdammt groß und schwer und satt war und sich nicht aufhalten wollte mit uns kleinen Pinschern. Du hast nur einen Versuch, mein Freund, dachte ich und wippte in den Knien, ballte meine Hände zu Fäusten und atmete stoßweise. Als ob das was helfen würde! Es half, genau genommen, einen Scheiß.
    Karl wollte sich vordrängeln, und ich dachte mir, der schafft es eh nicht, aber vielleicht kann ich auf ihn drauf klettern und komm höher rauf. Ist doch meistens so: Der, der vorne steht, kriegt bloß eine mit, und es nützt ihm nichts. Mann Gottes, ist doch so, muss man ja mal sagen dürfen!
    Da kam also diese Glückssau auf uns zu, hoch wie ein Haus, strahlend rosa, und Beine wie kurze Säulen. Es würde verdammt schwer werden, sich daran hochzuziehen. Da bemerkte ich ihre Augen. Das Glück sah uns gar nicht, es sah durch uns hindurch, seine Augen waren kalt und leer. Ich zögerte, eine Sekunde nur. Karl war schon hingesprungen, aber er fand keinen Halt, rutschte an der Haut ab, sauste runter und umklammerte ein Bein. Sie hatten das Glück mit Fett eingerieben und ihm die Borsten rasiert, damit sich keiner dran festhalten konnte und wir es nur anstarren durften, wie bescheuerte Typen, denen man später sagte, sie hätten ihre Chance gehabt.
    Ich benutzte Karl als Stütze, er hing an dem Bein und

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