Das Verdammte Glueck
Herausforderung, ob du es aushältst, ob du die Selbstbeherrschung aufbringst und so lange weitermachst, bis alle Grenzen verschwimmen und Lust zur Droge wird, bis du ein Schwein wirst, eine richtig geile kleine Sau ...
Es roch nach kaltem Rauch, nach Essen und ungewaschenen Socken. Eine Junggesellenbude. Kein richtiger Stil darin, eher eine Masche, eine Attitüde. Das Licht verschwand schon, und der Raum wirkte kahl. Im Schlafzimmer sah sie das ungemachte Bett, überall lagen Klamotten von ihm und Klamotten von ihr. Auch ein fremder Koffer lag auf dem Boden, Wäsche hing heraus. Also wohnte die Neue schon hier. Sie kickte eine Jeans zur Seite, Calvin Klein, sicher ein Sonderangebot.
«Viel Spaß mit ihm, Kleine», murmelte sie, öffnete eine Tür des breiten Einbauschrankes, der noch vom Vormieter stammte. Bingo! Die Wäsche der Neuen lag auf demselben Platz wie ihre damals. War eben 'ne Durchgangsstellung. Wenn die Neue Pech hatte, dann murmelte Steffen im Schlaf noch Miriams Namen: «Miriam, Miriam ...» Und die Neue ärgerte sich schwarz.
Dabei macht er es nur aus alter Gewohnheit. Das darfst du nicht so eng sehen, Schätzchen.
Sie nahm ein Höschen heraus und faltete es auf. Nicht schlecht, es gefiel ihr. Vor allem nicht billig. Sie riss daran, und irgendeine Naht platzte.
Sie hatte Steffen geliebt. Oder? War doch so, konnte man sagen, geliebt. Trotzdem hatte es ihr nichts ausgemacht, als sie sich trennten. Es stimmte schon, was er sagte, irgendwie war die Luft raus. Das Programm fing an sich zu wiederholen. Party, Kneipe, Sport und Vögeln. Kneipe, Sport, Vögeln und Party. Vögeln, Kneipe, Party und Sport. Nur die Reihenfolge bot Abwechslung. Auch sie hatte sich schon längst nach einem neuen Kick gesehnt. Es gab schließlich noch andere ziemlich nette Typen, die sie kennenlernte und auf die sie verzichtete, nur weil es ihn gab, diesen Durchschnittstypen, wenn man es genau betrachtete, von der Optik einmal abgesehen. Beruflich war er doch eher eine Null. Nie hatte er Kohle. Da gab es nun wirklich ganz andere. Warum aber kochte jetzt Wut in ihr? Warum war sie überhaupt gekommen? Was wollte sie eigentlich?
Da war ein Gefühl, nichts weiter, nur ein Gefühl ... und dieses Gefühl hatte Lust, das Bett aufzuschlitzen, die Wäsche zu zerreißen, die Pornos vom Balkon zu werfen. Kein Hass, das nicht. Warum auch hassen? Ihn etwa? Nein, nein. Kein großes Gefühl, keineswegs so absolut, so gewaltig. Mehr eine Laune, ja, eine Laune. Das Vergnügen, in die kleine Welt eines anderen zu pissen. Seine Duftmarke zu setzen. Ihm einen Denkzettel zu verpassen.
Ich hasse dich nicht, ich liebe dich nicht, du bist mir einfach scheißegal. Das empfinde ich noch für dich. Nämlich nichts. Aber ich will dir das sagen. Du sollst es wissen, verstehst du?
Sie könnte sich aus der Küche ein Messer holen und auf ihn einstechen, wenn er heimkam. So etwas wäre ein großes Gefühl: ‹Studentin ersticht Exfreund›. Eine andere würde die Schlagzeile in der U-Bahn lesen und darüber nachdenken, warum alle Menschen immer im Namen ihres Berufes handeln, ihrer Ausbildung. Dabei spielte sie doch längst mit dem Gedanken, das Studium zu schmeißen und etwas anderes zu machen. Keine Sprachen mehr, dafür gab es eh kaum Jobs. Natürlich würde sie Steffen nicht erstechen, das war nur ein alberner Gedanke. Sie sprang auf das Bett, hob ihren Rock und zog die Unterhose herunter. Sie ließ es laufen, mitten auf die zerwühlten Kopfkissen. Es erzeugte einen Flash in ihr, wie sie ihn noch nie beim Pinkeln erlebt hatte. Der Fleck unter ihr wurde größer und größer, aber er war kaum dunkler als der Bezug, fiel im Zwielicht des Raumes eigentlich kaum auf.
Na, dann legt euch mal gemütlich schlafen, ihr Süßen.
Sie musste lachen. So etwas hätte sie sich selbst nicht zugetraut. Dann stieg sie vom Bett, zog das Höschen wieder hoch und sah sich um. Das Fenster war gekippt. Sie öffnete es und lehnte es an. Davor war der Balkon. Einer könnte über den Balkon eingestiegen sein, weil er das offen stehende Fenster sah. Sie nahm ein paar von den DVDs mit; irgendetwas musste ja wohl gestohlen worden sein. Die Haustür sperrte sie wieder ab und den Schlüssel nahm sie mit. Sie lachte. Im Treppenhaus, an der Eingangstür, auf dem Weg hinunter zur U-Bahnstation. Schon um sich jetzt so zu fühlen, hatte es sich gelohnt.
«Du, da riecht es komisch, findest du nicht auch?»
«Ja, du hast recht. Obwohl das Fenster offen ist.»
«Wieso steht
Weitere Kostenlose Bücher