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Das vergessene Zepter

Das vergessene Zepter

Titel: Das vergessene Zepter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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»Ruf uns, falls es draußen nicht besser wird«, sagte sie zu Hellas. Der Bogenschütze nickte, faßte Rodraeg unter und schaffte ihn an den Tropfsteinen vorbei, die wie Zähne waren, nach draußen an die wundervolle Nachtluft.
    Dort lag Rodraeg gekrümmt im Gras und hustete, bis sein ganzer Körper schweißgebadet war und wie von Muskelkater schmerzte. Hellas saß neben ihm und beobachtete den Waldsaum und die Felsverschattungen. Der Schemenreiter war nirgendwo zu entdecken.
    Â»Ich muß mich entschuldigen«, sagte Naenn mit fester Stimme in der Höhle. »Rodraeg hat vor zwei Monden an einem Ort, der so ähnlich war wie dieser, eine besonders gefährliche Rauchvergiftung erlitten. Da er seitdem unablässig zum Wohle des Kontinents unterwegs war, hatte er keine Gelegenheit, sich so auszukurieren, wie es wohl nötig gewesen wäre.«
    Â»Wir sind es, die uns entschuldigen müssen«, erwiderte Attanturik und deutete sogar eine höfliche Verbeugung an. »Dieser Ort ist häßlich. Aber wir müssen den Bedingungen, die der Mensch uns auferlegt, Tribut zollen. Bewegten wir uns frei und vertrauten wir Menschen die geheimen Gänge und Räume des Wildbartes an, müßten wir immer befürchten, den letzten aller Fehler zu begehen. Mit Hilfe des vergessenen Zepters werden wir wieder erstarken können und unser Recht verteidigen.«
    Â»Wollt ihr … die Haarjäger bekämpfen?«
    Der Unterhändler der Riesen lächelte. »Ich verstehe genau, welche Zweifel dein Herz bewegen. Du fragst dich: Sollen wir dem Riesen eine Waffe bringen, die ihm erlauben wird, anschließend gegen uns Krieg zu beginnen? Aber das vergessene Zepter ist keine Waffe. Es wird unseren Frauen die Gabe verleihen, mehrere Kinder auf einmal zu gebären, so daß wir von Ahnensprung zu Ahnensprung an Zahl gewinnen und im Nachklang der Zeiten unserer Aufgabe nachkommen können. Das vergessene Zepter wird uns auch die Gabe verleihen, den Wildbart wieder mit Magie zu füllen. Die Feinde des Riesen werden fliehen aus diesem Gebiet, aber wir werden nicht einen einzigen zu töten brauchen. Das vergessene Zepter wird uns die Schätze des Erdreichs wieder zugänglich machen, aber auch die Schätze des Himmels sind sonder Zahl. Die Bäume werden keine Dornen statt Blüten tragen. Die Wasser werden nicht schwarz sein und dampfend. Vögel werden nicht Nadeln als Federn haben. Blumen nicht Gift als Duft. Im Wind wird Atem sein, und nicht der Hauch des Sterbens. Stein und Welt und Wasser – dies sind die drei Kreise, die es zu verknüpfen gilt.«
    Â»Was übrigens, wenn ich kurz unterbrechen darf«, meldete sich Gerimmir bescheiden zu Wort, »die Gründe sind, weshalb der Kreis euch mit dieser Aufgabe betrauen möchte. Das Gesuch der Riesen wurde schon vor Monden an uns Untergrundmenschen herangetragen. Genaugenommen ist dies sogar der Hauptgrund, warum das Mammut überhaupt ins Leben gerufen wurde. Die anderen beiden Aufgaben in Terrek und Wandry waren überschaubarer und örtlich begrenzter. Aber der Kreis hat gründlich geprüft, geforscht und diskutiert und ist zu dem Schluß gekommen, daß ein magisches Wiedererstarken der Riesen einer der Hauptschlüssel sein könnte, um die grassierenden Probleme des Kontinents zu lösen. Wir mußten das Mammut vorher mit kleineren Aufgaben betrauen, um zu sehen, wie gut ihr euch halten würdet. Jetzt seid ihr bereit für das vergessene Zepter und für die Verantwortung, die es bedeutet, das vergessene Zepter quer durch den Kontinent zu den Riesen zu bringen.«
    Â»Wieso heißt es eigentlich das ›vergessene Zepter‹?« fragte Bestar. »Die Riesen haben doch weder vergessen, wo es ist, noch, was es tun kann.«
    Â»Der Riese nicht«, antwortete Attanturik, wieder mit einem milden Lächeln. »Aber der Mensch. Der Alte König Rulkineskar hat das Zepter verborgen, damit dem Menschen in Vergessenheit gerät, welche Macht der Riese hat. Rulkineskar hegte die Befürchtung, daß der Mensch ohn’ Innehalten ist, daß er Krieg führen würde gegen uns, wenn er uns als stark erkennen würde. Daß der Mensch nicht zum Teilen bereit ist, sondern immer nur zum Unterjochen. Fast tausend Sonnenwandel haben wir also geduldet. Doch wir dürfen den Zeitpunkt nicht verpassen, an dem unser Untergang nicht mehr zu wenden wäre. Dieser Zeitpunkt naht.

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