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Das vergessene Zepter

Das vergessene Zepter

Titel: Das vergessene Zepter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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haben, wenn sie sie euch abkaufen würden. Und ihr laßt halt immer schön nachwachsen und lebt von dem Gewinn in Saus und Braus.«
    Klellureskan der Krieger beugte sich zu Bestar herab, bis sein gewaltiges Gesicht ganz nahe an dem des Klippenwälders war. »Würdest du als Nutzvieh leben wollen?«
    Â»Ã„h … nein!«
    Â»So? Dabei bist du doch so ein handliches zartes Wollkopfwesen, und wenn man dich auspreßte, hat man eine Kanne voll Saft.«
    Eljazokad und Hellas lachten jetzt. Der Riese richtete sich wieder auf und ließ Bestar in Ruhe, der sich verlegen am Kopf kratzte und nur noch Ȁhhhhh …« sagte.
    Attanturik übernahm wieder das Wort. »Du meinst es gut, Mensch, doch du kennst uns nicht. Wir sind die Ältesten. Bevor es den Flatternden gab« – er blickte auf Naenn – »den Wühler« – er blickte auf Gerimmir – »den aufrechten Affen und den Spinnenhaften, gab es den Riesen schon. Wir ritten auf Mammuts wie der Mensch auf Pferden, und wir herrschten als Krieger und Könige über das Dunkel und das Licht. Wir nannten den einen Gott beim Namen und hielten in seinem Sinne die Armeen der Tsekoh zurück. Und als sein Werk getan war, ward der Riese müde und zog sich zurück, um zu ruhen. Doch während der Riese ruhte, wandelte sich die Zeit. Die Schwächsten und Unbeträchtlichsten von allen« – er blickte auf Bestar, Rodraeg, Eljazokad und Hellas – »vermehrten sich und fluteten das Land. Der eine Gott brach auseinander und verzehnfachte sich selbst. Das Zeitalter der Unruhe begann, und es ist fürwahr noch nicht zu Ende. Die Mammuts wurden gejagt und erstarben. Der aufrechte Affe wurde zurückgedrängt. Der Riese beschied sich, bevor man ihn als Beute begreifen konnte, mit nur noch einem einzigen Gebirge. Doch das Böse macht keinen Halt. Es frißt sich voran wie Schimmel und Rost, und selbst der Genügsamsten Einer kann nicht in Frieden seinem Leben nachgehen und auf den Nachklang der Zeiten warten, wenn die Tsekoh sich wieder erheben und der Riese vonnöten wird, um das Land vor den Toten zu schützen.«
    Rodraeg hustete. Immerhin war es ihm gelungen, eine kleine Pause in der Rede des Riesen abzupassen, um ihm wenigstens nicht ins Wort zu fallen. Er suchte sich ein Fläschchen mit Kjeerklippenwasser und trank es hastig. Viele hatte er nicht mehr. Sein Brustkorb fühlte sich an, als würde in seinem Inneren ein Krieg stattfinden. Der Rauch, die Mammuts und die Toten bestürmten ihn.
    Â»Wasser der Klippenberge«, sagte Attanturik und sah Rodraeg mit wohlwollendem Gesichtsausdruck an. »Genau dorthin sollt ihr für uns gehen. Wir müssen das vergessene Zepter aus der Höhle des Alten Königs Rulkineskar bergen, doch wir können nicht mehr selbst gehen. Von Feinden und Jägern umzingelt, kann kein Riese den Wildbart mehr verlassen, ohne gehetzt und bezwungen zu werden. Zu lange haben wir gewartet, wie die Krieger sagen. Doch unser König hat jetzt die Entscheidung gefällt. Gerimmir, der sich als Freund auszeichnete unter den Wühlern, hat uns euch empfohlen, um die Höhle zu bestehen.«
    Noch eine Höhle. Mehr Rauch. Dunkelheit und beißender Qualm. Das Hämmern des besänftigten Schwarzwachses dröhnte in Rodraegs Ohren. Der Husten ließ nicht nach, kannte kein Erbarmen. Er schüttelte ihn, und Rodraeg spürte, wie er im Begriff war, das Bewußtsein an einen jüngeren, gutaussehenderen Herumtreiber zu verlieren. Feenrauch in den Höhlen von Aldava. Jemand schlug Alarm. Das Erdbeben griff an, brachte mit wahnsinnigen Augen sämtliche Höhlen zum Einsturz und begrub, begrub, was schreiend erst geboren werden wollte.
    Â»Es … tut … mir … leid«, krächzte Rodraeg kaum verständlich. »Ich … muß … raus hier …«
    Â»Ich gehe mit ihm«, sagte Hellas und stützte den in den Fängen des Hustenkrampfes zuckenden Rodraeg. »Diese Höhle macht mich ebenfalls ganz krank.«
    Â»Naenn!« preßte Rodraeg hervor. Naenn war ganz nahe bei ihm, strich ihm über das Gesicht und hatte Sorgenaugen in den Farben von Spätsommerlaub. Hoffentlich bekam ihr Ungeborenes keinen Rauch zu atmen. »Naenn, du mußt, du führst, ja?«
    Â»Sollen wir nicht besser unterbrechen?«
    Â»Nein! Nur … ich bin schwach. Das … Mammut kann weitermachen.«
    Sie nickte ernst.

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