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Das vergessene Zepter

Das vergessene Zepter

Titel: Das vergessene Zepter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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gigantische Gestalten, mehr als drei Mannsschritte hoch. Der eine von ihnen trug eine zeremoniell wirkende Zierrobe, der andere eine Art Segmentrüstung aus gehärtetem Rindswildleder, einen Halbgesichtshelm und eine Axt, die zu schwingen ein gewöhnlicher Mensch nicht nur zwei, sondern drei Arme benötigt hätte. Beide waren langhaarig und besaßen eindrucksvolle, bis fast zum Bauch hinunterwallende Rauschebärte. Rodraeg konnte jetzt immerhin vom Ansatz her begreifen, worauf die Haarjäger aus waren, auch wenn er sich nicht erinnern konnte, in seiner Aldavaer Zeit jemals Damen gesehen zu haben, die mit derart struppigem Flechtwerk behangen waren. Offensichtlich handelte es sich um eine neuartige groteske Mode der ganz besonders Betuchten.
    Â»Darf ich vorstellen?« Gerimmir deutete zuerst auf den Riesen in der mit verschlungenen Mustern verzierten Robe. »Dies ist Attanturik, der Sprecher der Riesen, der euch ihr Anliegen unterbreiten wird. Sein Begleiter ist der Krieger und Leibwächter Klellureskan. Ich bin Gerimmir vom Kreis, für diejenigen von euch, die mich noch nicht kennen. Auf der anderen Seite haben wir Rodraeg Talavessa Delbane und die Schmetterlingsfrau Naenn von der Mammut-Gruppe. Die anderen Mitglieder müßt ihr bedauerlicherweise selbst vorstellen, weil ich aus den Erzählungen Ribans nicht alle zuordnen kann.«
    Â»Das liegt an mir«, erklärte Eljazokad entschuldigend. »Ich bin nämlich erst seit kurzem beim Mammut und Riban Leribin noch gar nicht begegnet. Mein Name ist Eljazokad.« Der Sohn Zarvuers, lag ihm seltsamerweise auf der Zunge, doch er schluckte das herunter. Nach einem kurzen fragenden Blick zu Rodraeg und dessen Zustimmung stellte er dann auch noch Bestar und Hellas vor. Bestar stellte sich aufrecht in Positur und versuchte, so groß und imposant wie möglich auszusehen, konnte aber nicht verhindern, daß er neben den beiden Riesen, denen er gerade über den Gürtel reichte, eher mickrig wirkte. Immerhin reichte ihm Gerimmir auch nur knapp bis zum Bauch, also schaute er überlegen auf diesen herab.
    Â»Wir grüßen euch«, sagte der Riese Attanturik mit volltönendem Baß. Beide hatten sie ähnliche Gesichter. Die Lippen waren wulstig, die Nase flach und breit, die Stirn niedrig mit buschigen Augenbrauen. Rodraeg hatte in einem Wanderzirkus in der Hauptstadt einmal einen Mann gesehen, der an wohl krankhaftem Riesenwuchs litt. Er hatte ähnliche Gesichtszüge gehabt, nur seine Schultern waren verkrümmter und seine Hände knotiger und unbrauchbarer gewesen. Rodraeg stellte sich vor, daß es sehr anstrengend sein mußte, einen dermaßen massigen Körper über Land zu bewegen. Wie viel angenehmer hatten es da die Wale im Wasser. »Wir grüßen euch ebenfalls«, sagte Rodraeg heiser und hilflos.
    Â»Da es für uns nicht ohn’ Wagnis ist, uns solcherart deutlich zu zeigen, will ich mich mit meinem Erläutern so kurz als möglich fassen«, begann Attanturik, während Klellureskan einfach nur finster dreinblickte und den Gang im Auge behielt, den das Mammut gekommen war. »Die Zeit des Riesen neigt sich gefährlich dem Ende. Es gibt nur noch wenige Frauen, und von Ahnensprung zu Ahnensprung werden wir weniger. Zudem machen seit einem Sonnenwandel Gesetzeslose ohn’ Unterlaß Jagd auf uns. Viele meiner Brudersöhne sind dem Menschen, welcher unsere Haare begehrt, bereits zum Opfer gefallen. Unsere Krieger sind zum letzten Feldzug bereit, und es gibt etliche unter uns, die sagen, dieser Feldzug sollte nicht haltmachen an den Umrandungen des Wildbarts, sondern hineinführen in das Sonnenuntergehen, um zurückzuerobern, was dereinst das unsere war.«
    Nach Westen, dachte sich Rodraeg. Wo die Höhle des Alten Königs liegt. Aber auch die Hauptstadt der Menschen.
    Â»Warum schneidet ihr euch nicht einfach die Haare kurz?« fragte Bestar, und seine Frechheit verblüffte alle. »Na, ist doch wahr: Dann gibt es für die Jäger nichts mehr zu jagen. Im Gegenteil – sie müßten euch hegen und pflegen, bis neue Haare nachgewachsen sind.«
    Eljazokad und Hellas schmunzelten hinter vorgehaltener Hand. Naenn sah peinlich berührt zu Gerimmir. Rodraeg beobachtete die beiden Riesen. Bestar jedoch war nicht mehr zu bremsen. »Je mehr man drüber nachdenkt: Die Haarjäger sind doch bescheuert, wenn sie euch töten! Sie könnten viel mehr Haare

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