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Das vergessene Zepter

Das vergessene Zepter

Titel: Das vergessene Zepter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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langjährige Arbeit im Kuellener Rathaus hatte ihn eine gewisse Menschenkenntnis gelehrt. Also feilschte er hart, weil sie pro Kopf und Tag zwei Taler »Mitreisegebühr« verlangten, bis sie schließlich auf vernünftige sieben Kupferstücke pro Kopf und Tag herunter waren. Ebenso deutlich wies er darauf hin, daß er und seine Männer bewaffnet und wehrhaft seien und »überhaupt keinen Spaß« verstünden – und der eine unter ihnen, der keine Waffe trüge, sei aufgrund seiner magischen Fähigkeiten der gefährlichste von allen. Lenn und Berino konterten, daß sie noch weitere »Schnorrer« mitnehmen müßten, damit der ganze Ärger sich für sie überhaupt lohnte. Das konnte Rodraeg ihnen nicht ausreden, aber er gab sich auch nicht wirklich Mühe. Je größer die Reisegruppe, desto besser konnte man mit einer Spinnenbrut fertigwerden.
    Den Abend verbrachte das Mammut getrennt. Rodraeg saß auf einem Bootssteg, hustete keuchend vor sich hin und schaute der Sonne beim Untergehen zu. Bestar ging zum Saufen und Raufen in eine nach Achselschweiß stinkende Kaschemme mit dem Namen Die Tränke. Hellas verließ die Ortschaft, um auf einem Feld sein kaum noch verbesserbares Schießen zu vervollkommnen, während Eljazokad sich von einer angeheiterten Gruppe aus drei jungen Damen zu diversen Lustbarkeiten und Vergnügungen einladen ließ.
    Dementsprechend blieb Eljazokads Zimmer im Zur Spiegelung auch vollkommen ungenutzt, aber er fand sich pünktlich am Morgen zum gemeinsamen Frühstück ein. Bestar hatte ein paar Blessuren im Gesicht. Ein Somnicker hatte sich in der Tränke darüber aufgeregt, daß Bestar behauptete, der Brennende See sei größer als der Delphiorsee, und Bestar hatte sich dann darum gekümmert, dem Schreihals ein paar grundlegende Dinge über Klippenwälder zu vermitteln. Natürlich erzählte Bestar Naheliegendes wie: »Ihr müßtet mal den anderen sehen.« Rodraeg sorgte sich jedoch, ob Bestar mit seinem Ungestüm nicht eines Tages das Mammut in ernste Schwierigkeiten bringen würde. Andererseits war der Klippenwälder so aufrichtig und treu, daß in wirklich wichtigen Situationen vielleicht doch immer so etwas wie Umsicht in ihm aufflackerte.
    Nach dem Frühstück trafen sie sich – erneut an dem bunten Leuchtturm – mit Lenn und Berino. Die Wagen, welche die beiden steuerten, waren verhältnismäßig groß und massiv, weil ganze Baumstämme auf ihnen Platz finden mußten. Vier Ochsen waren vor jeden Wagen gespannt und hatten auf der Rückfahrt wenig Mühe. Platz wäre auf diesen Wagen sogar für mehr als acht Mitreisende gewesen, aber Lenn und Berino hatten womöglich Anweisungen von ihrem Vorgesetzten, nicht allzu vielen Fremden zu vertrauen, und so hatten sie außer den vier Mammutstreite rn nur vier weitere Mitreisende zusammengesammelt. Drei von ihnen wirkten harmlos und unscheinbar, Handwerksburschen auf Wanderschaft, keiner von ihnen älter als sechzehn. Der vierte Mitreisende jedoch war interessanter. Er stellte sich vor als Jeron MeLeil Gabria, war ausgesprochen gutaussehend, etwa fünfundzwanzig Jahre alt, dunkle Haare, dunkle Augen, dunkles Bärtchen, und er trug zwei Degen am Gürtel, den einen links, den anderen rechts. Als Hellas ihn fragte, ob er ein zweihändiger Degenfechter sei, antwortete Gabria: »Das muß man doch sein, bei den vielen Strauchdieben, die sich heutzutage auf den Straßen herumtreiben.« Gabria war ein Sonnenfelder, wie man an seiner Haut- und Haarfarbe erkennen konnte, und stammte aus Herugat, wo die Felder der Sonne in die jazatischen Wüsteneien übergingen. Rodraeg unterhielt sich viel mit ihm über die alte Heimat, die von Gabria auch als die »verlorengegangene« Heimat bezeichnet wurde; ein Begriff, den Rodraeg seit der mehrjährigen Dürre schon mehrmals gehört hatte.
    Lenn und Berino veranschlagten für die Reise nach Tyrngan vier Tage und verlangten vom Mammut deshalb 11 Taler und zwei Kupferstücke im voraus. Rodraeg bezahlte wie vereinbart und verzeichnete nicht ohne Befriedigung, daß Gabria mehr bezahlen mußte, und die Handwerksburschen nur deshalb weniger, weil sie schon nach zwei Tagen an den Südausläufern der Kjeerklippen aussteigen wollten.
    Das Zusammensein mit insgesamt sechs Fremden war nicht ganz leicht für Rodraeg. Sein nicht enden wollendes

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