Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das vergessene Zepter

Das vergessene Zepter

Titel: Das vergessene Zepter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
Vom Netzwerk:
Gehuste ging Lenn, Berino und den Handwerksburschen schon nach dem ersten halben Tag auf die Nerven, und er konnte ihnen das nicht übelnehmen, haderte vielmehr mit sich selbst.
    In der zweiten Nacht murmelte Eljazokad vor sich hin: »Levakirni Kru-untelgis Rulkineskar Rulkihelgis …«, bis Hellas ihn weckte und darauf hinwies, daß es doch ein wenig peinlich sein könnte, wenn jeder Anwesende das vollständige Register aller bisherigen Geliebten Eljazokads erführe. Verwirrt bedankte sich der Magier bei dem Bogenschützen und schlief vorsichtig wieder ein.
    Am Morgen des dritten Tages verabschiedeten sich die drei Handwerksburschen und wanderten mit ihren großen, mit metallischen Ornamenten verzierten Rucksäcken den blaugrau aufragenden Bergen entgegen.
    An diesem dritten Tag hatte Rodraeg das Gefühl, daß Lenn und Berino langsamer fuhren, als die erstaunlich schnell ziehenden Ochsen es ermöglicht hätten. Er fand dafür zwei mögliche Erklärungen: Entweder führten die beiden etwas im Schilde, oder aber sie wollten lediglich nicht zu früh in Tyrngan eintreffen, um ihren Passagieren nicht womöglich einen Tag Beförderungsentgelt zurückerstatten zu müssen. Jedenfalls riet Rodraeg seinen Männern zur Wachsamkeit, was bei Hellas stets überflüssig war, weil der Weißhaarige ohnehin alles und jeden beargwöhnte.
    Es stellte sich heraus, daß Lenn und Berino tatsächlich etwas im Schilde geführt hatten, und zwar den Besuch einer ganz bestimmten Einrichtung. Luelias rollendes Vergnügen prangte es in rosafarbenen Buchstaben von den Wänden eines zweistöckigen, geschlossenen Wagens, der denen ähnelte, in denen auch die Unsteten durch das Land fuhren. Rote Lampions glommen in den Fenstern, obwohl es noch gar nicht dunkel war. »Für zwei, drei Stunden machen wir hier Pause«, grinste Lenn, und Berino ergänzte: »Ihr könnt es euch hier draußen gemütlich machen oder mitkommen, aber das selbstverständlich nur, wenn ihr Geld habt.«
    Â»Ich komme mit«, sagte Bestar begeistert. Möglicherweise witterte er da drinnen etwas zu trinken.
    Â»Ich auch«, schloß Eljazokad sich zu Rodraegs Überraschung an.
    Â»Du hast doch überhaupt kein Geld!« mahnte Rodraeg ihn flüsternd.
    Â»Schadet doch nichts«, flüsterte der Magier zurück. »Mal sehen, wie weit man damit kommt.«
    Rodraeg seufzte. Es gefiel ihm gar nicht, altväterlich zu wirken. »Hab ein Auge auf Bestar.«
    Â»Ohnehin.«
    Lenn und Berino überließen die Wagen und Gespanne also der Obhut von Rodraeg, Hellas und Jeron MeLeil Gabria und stiefelten gemeinsam mit dem händereibenden Bestar und dem schlendernden Eljazokad auf das rollende Vergnügen zu.
    Im Inneren roch es so stark nach zerstäubten Duftessenzen, daß Eljazokad regelrecht schwindelig davon wurde. Luelia war etwas zu üppig und etwas zu alt, aber mit Schwung und Humor machte sie diese unbeträchtlichen Nachteile wieder wett und gab jedem ihrer Gäste das Gefühl, ein willkommener Fürst zu sein. Ihre Mädchen – es waren sieben – waren aus allen Himmelsrichtungen zusammengelesen, eine war sogar dunkelhäutig, wenngleich nicht zwergwüchsig wie der Gefangene, den das Mammut in Wandry befreit hatte. Lenn und Berino wurden als Stammkunden begrüßt, Bestar hatte gute Karten wegen seiner imposanten Statur, und Eljazokad wurde von den Mädchen umlagert, weil er auf eine lockere und uneitle Art besonders hübsch war. Als dann irgendwann herauskam, daß er höchstens fünf Münzen besaß, drängte selbst Luelia nicht darauf, daß er ihr rollendes Paradies sofort verließ, sondern lud ihn zu einem »entspannten Stündchen« an der Wasserpfeife ein.
    Lenn und Berino verschwanden bald mit jeweils einem Mädchen ins obere Stockwerk. Bestar lehnte am winzigen Ausschanktresen wie ein überlebensgroßer Kriegsheld und zeigte seinen Bernstein herum, ohne auszuplaudern, woher er ihn hatte. Schließlich zerrte ihn eines der Mädchen, eine schmale, hohlwangige, aber energische Brünette namens Caliell die Stiege hinauf, um mit ihm in einem der vier niedrigen Kämmerchen allein zu sein.
    Â»Weshalb seid Ihr nicht mitgegangen?« fragte Gabria Rodraeg nach einer Weile.
    Der Gedanke kam Rodraeg so absurd vor, daß er unwillkürlich lachen mußte. Noch nie in seinem Leben war er in einem

Weitere Kostenlose Bücher