Das vergessene Zepter
berechneten Proviant.
Bis es dunkelte, spielten sie zu viert mit den Karten der Wirtin, dann gingen sie schlafen und brachen am nächsten Morgen in aller Frühe auf.
Auch dieser Tag wurde sehr heiÃ, weshalb es sich als gute Idee herausstellte, bereits in den frühesten Morgenstunden losgewandert zu sein. Am Nachmittag, als allen der Schweià in Bächen über die Gesichter rann und Eljazokad mit seinem Rucksack haderte wie mit einer Zumutung, erreichten sie den Bereich, wo Alins damals von der StraÃe abgebogen war, um ihnen den in den Felsen verborgenen Eingang zur Höhle des Alten Königs zu zeigen.
Schon aus gröÃerer Entfernung drang ein eigenartiges, monotones Singen an ihre Ohren. Hellas hieà die anderen warten und pirschte sich vor, um die Lage auszukundschaften. Zehn Sandstriche später tauchte er wieder auf und berichtete: »Sechs abgerissene Gestalten kauern vor dem Tor und beten und singen. Drei Frauen, drei Männer. Keine Ahnung, was das zu bedeuten hat.«
»Was singen sie denn?« fragte Rodraeg.
»Das ist nicht zu verstehen. Irgendein Kauderwelsch.«
»Die Sprache der Riesen?« argwöhnte Eljazokad. »Klingt es ähnlich wie der Schlüssel?«
»Nein, es klingt eher nach Lalelilululelei. Gesang ohne Worte.«
»Bewaffnet?« fragte Rodraeg.
Hellas schüttelte den Kopf. »Sie sehen wie Bettler aus.«
Rodraeg wischte sich den Schweià aus dem Gesicht. »Es ist nicht nötig, daà wir uns als Gruppe zu erkennen geben. Ich werde hingehen und mich ganz einfach mit ihnen unterhalten. Eljazokad, du begleitest mich, so als Unbewaffneter zu Unbewaffneten. Hellas, du kannst uns Deckung geben, aber bitte ohne daà man dich bemerkt.«
»Und was mache ich?« fragte Bestar begierig.
»Dich brauchen wir, falls uns Worte nicht genügen, die sechs vom Eingang wegzutreiben.«
Rodraeg und der junge Magier näherten sich dem von den beiden verwitterten Fleischfliegenstatuen eingefaÃten Tor ganz offensichtlich und unterhielten sich dabei über die Höhle des Alten Königs und welch legendenumwobener Ort dies doch sei. Die sechs Menschen, die im Schatten der riesigen Insekten mit den raubtierhaften Köpfen kauerten, unterbrachen ihren monotonen Gesang und wandten ihnen die schmutzigen Gesichter zu.
»Willkommen!« rief eine der Frauen und erhob sich mit versonnenem Strahlen. »Seid ihr diejenigen, die öffnen?«
Rodraeg war vollkommen überrumpelt, aber da die Riesen nichts erzählt hatten von Menschen, die bereits eingeweiht waren und hier warteten, ging er davon aus, daà es sich um etwas UnplanmäÃiges handeln muÃte. »Seid ebenfalls gegrüÃt, ihr Leute! Ãffnen? Wir? Aber nicht doch! Wir sind nur hier zum Betrachten und Bedenken eines Geheimnisses. Aber ihr seht aus wie Ãffner, oder irre ich mich? Seid ihr Zauberer mit Zauberliedern?«
Alles freudige Leuchten verschwand aus dem Gesicht der Frau und sie hockte sich wieder hin. »Wir sind ⦠nichts«, schmollte sie. »Nichts.«
»Niemand ist nichts.« Rodraeg ging zu ihnen hin. Eljazokad folgte etwas zögerlicher. »Für wen singt und betet ihr?«
»Das Tor«, antwortete einer der Männer mit brüchiger Stimme. Sie waren alle barfuÃ, die FüÃe schwarz vor StraÃenstaub, die rissigen und ungeflickten Kleidungen ebenfalls starrend vor Schmutz. »Das Tor zum Heil wird bald geöffnet. So sagte es Gringarioth.«
»Gringarioth. Gringarioth«, sangen die anderen eintönig und mit gesenkten Häuptern.
Ist es möglich, daà dieser merkwürdige Prediger auf den Tag genau vorhergesehen hat, wann das Tor geöffnet wird? Wieder wurde Rodraeg von diesem unangenehmen Gefühl irritiert, wichtige Dinge übersehen oder nicht genug beachtet zu haben. »Wie lange sitzt ihr schon hier?« fragte er.
»Eine Woche«, antwortete eine weitere Frau. »Unsere Vorräte sind schon aufgebraucht. Heute oder morgen muà es endlich passieren, sonst werden wir verschmachten.«
»Es gibt einen Bach, nur eine halbe Stunde entfernt. Von dort könntet ihr euch doch wenigstens Wasser holen.«
»Und die Ãffnung verpassen? Vom Heil ausgeschlossen werden? Unter keinen Umständen! Nicht, nachdem wir so weit gekommen sind â¦Â«
»Was für ein Heil ist das, wovon ihr da redet?« fragte Eljazokad.
Die sechs musterten ihn argwöhnisch, als
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