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Das vergessene Zepter

Das vergessene Zepter

Titel: Das vergessene Zepter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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mir noch erledigt werden«, sagte Rodraeg mit rauher Stimme. »Das wird etwa einen Mond dauern, danach kann ich dann ausruhen. Könnt Ihr mir etwas geben, das stärker ist als die Schwämme und das Quellwasser und das mir hilft, den Mond durchzustehen?«
    Â»Ich fürchte, ich kann nicht einmal garantieren, daß Ihr den kommenden Mond noch überleben werdet. Was Ihr da in Euch herumtragt, ist ein Monstrum, welches danach trachtet, das Pferd, auf dem es reitet, zu verzehren. Ihr könnt dabei noch von Glück sprechen, wenn Euer Husten nicht anstekkend wird.«
    Â»Ansteckend?«
    Â»Ihr führt Gift in Eurem Atem. In Aldava würde man Euch wahrscheinlich einsperren, damit Ihr niemandem schaden könnt. Ich sage voraus, daß das Tier Euch zu schnell zerreißen wird, als daß alle Stadien dieser seltsamen Krankheit ihren Ausdruck finden könnten. Aber ob das ein Segen für andere ist oder ein Fluch für Euch, vermochte nur ein kaltherziger Spötter zu beurteilen.«
    Â»Also wenn ich überleben möchte, müßte ich mich schonen und in Pflege begeben … sofort?«
    Â»Besser heute als morgen.«
    Â»Das ist leider nicht möglich.« Warum eigentlich nicht? schrie eine Stimme in Rodraeg, eine, die Angst verbreitete und Schwäche und ihm oft unangenehm war. Nur weil die Riesen dir einen Bernstein haben übergeben lassen? Du könntest genausogut von hier aus den Vorstoß der anderen in die Höhle leiten. Wenn sie das Zepter haben, sollen sie hier vorbeikommen, und du tüftelst mit ihnen zusammen den geschicktesten Rückweg aus. Die Riesen bestehen nicht auf dir. Sie bestehen auf dem Zepter. Welchen Nutzen wirst du für das Mammut haben als keuchendes, wiederholt zusammenbrechendes Wrack?
    Doch diese Stimme irrte sich. Sie war naheliegend und menschlich, doch sie hatte nicht aufgepaßt. Etwas geschah hier. Etwas von Bedeutung. Der Weg in die Höhle des Alten Königs war von Anfang an von Riban Leribin geplant gewesen. Die anderen Aufträge waren nur Nebenkriegsschauplätze. Vorbereitungen. Hier jedoch ging ein Zyklus zu Ende. Vielleicht würde Rodraeg dank Ribans verzehrender Gabe in Bereiche der Höhle vorstoßen können, die für die anderen verschlossen blieben?
    Woher dieser Glaube? gab die Stimme noch nicht auf. Du hast dich doch nie nur auf Glauben verlassen. Was, wenn Riban es zwar gut meint, aber sich irrt? So wie mit seinem Verjüngungszauber! Was, wenn du einem Fehler zum Opfer fällst, weil du nicht kritisch genug bist? Und komm mir nicht mit Naenn! Die weiß am allerwenigsten! Deren Aufgabe war es lediglich, dich mit Anmut zu blenden, damit du zufrieden lächelnd von einer Falle in die nächste torkelst.
    Rodraeg riß sich zusammen. Er wollte dieser häßlichen Stimme kein Gehör mehr schenken. Sie ähnelte seiner Krankheit: eine vieltentakelige Bestie, die ihm um so mehr Energie entzog, je schwächer er sich fühlte.
    Â»Ich will jetzt glauben«, sagte er laut, und seine Worte überraschten ihn und den Heiler gleichermaßen. »Ich will glauben, daß alles einen Sinn hat – vielleicht gerade deshalb, weil ich siebenunddreißig Jahre gelebt habe, ohne einen Sinn gefunden zu haben. Nun bin ich mit Leuten zusammen, die mich beeindrucken. Der eine folgt ganz und gar einem Traum. Der zweite glaubt, ganz allein mit Kraft und Frechheit alle Widrigkeiten in die Knie zwingen zu können. Der dritte glaubt, daß er niemals mehr jemanden an sich heranlassen darf, und ist über dieser Bitternis zum besten Bogenschützen geworden, den man sich nur vorstellen kann. Ein Mädchen glaubt, daß ein Kind ihr die Kraft der Zukunft erschließen wird. Ein Junge glaubt an Güte und Tüchtigkeit und weiß durch diesen Glauben nichts um seine schreckliche Herkunft. Und ich?« Er sah dem Heiler in die Augen. »Ich glaube, daß ich mir mein Überleben verdienen kann, indem ich Sinnvolles vollbringe – oder daß dann zumindest mein Tod nicht ganz so sinnlos sein wird wie die Tode all derjenigen, die gar nicht wissen, wofür sie eigentlich lebten.«
    Â»Das klingt jedoch, als sei nicht mehr ein Heiler für Euch zuständig, sondern allenfalls ein Tempel. Ich sage das ganz ohne zunftmäßiges Gekränktsein.«
    Â»Ich weiß.« Sie lächelten beide. »Die Wasser und die Schwämme – sie würden nichts mehr bringen?«
    Â»Leider seid Ihr

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