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Das verhängnisvolle Experiment

Das verhängnisvolle Experiment

Titel: Das verhängnisvolle Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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ein Gebirge und im Zentrum des Ringes gelegen.
    Der Zug glitt auf einer mit glattem Belag überzogenen Trasse in die Ebene hinaus. Dieser Weg glich einer irdischen Straße, nur daß seine Farbe ein leuchtendes Orange war und funkelnde Splitter seine Oberfläche bedeckten. Bereits nach weniger als einem Kilometer Fahrt waren die Pflanzen rechts und links der Straße mehr als mannshoch, und die Konturen der Stadt tauchten hinter das Grün. Die Welt der Procyonen reduzierte sich nun auf ein rötlich-goldenes Band, das schnurgerade durch dichte Baumbestände führte, und auf vier gelbe Fahrzeuge.
     
    Später trat der Wald mehr und mehr von der Straße zurück, zu beiden Seiten zögen sich breiter werdende Streifen mit kaum fingerlangem Bewuchs hin. Ab und zu schimmerte nackter Boden zwischen den Pflanzen hindurch, grauer, rundgescheuerter Fels von zweifellos sehr hohem Alter.
    Etwa auf halbem Weg zur Stadt bogen die beiden führenden Rochen nach rechts ab und hielten am Rand einer nackten, kesselförmigen Mulde, deren riesige Wölbung an einen gigantischen konkaven Spiegel erinnerte. Die beiden hinteren Gleiter scherten seitlich aus, fuhren an der Spinne vorbei und gesellten sich zu den Führungsfahrzeugen. Fast gleichzeitig öffneten sich die dunklen Frontscheiben, ein Vorgang, der ohne jede Bewegung ablief; die schwarzen Flächen verschwanden, als hätten sie sich aufgelöst. Aus den Öffnungen schwangen sich die Procyonen auf die flachen Rümpfe ihrer Fahrzeuge.
    Eine erstaunliche Veränderung war mit ihnen vor sich gegangen. Auf den ersten Blick glichen sie jetzt den blauen Neutren, zumindest, was Gestalt und Hautfarbe anbetraf. Aber anstelle der florartig durchsichtigen Kittel trugen sie enganliegende Anzüge aus einem glänzenden Material, das von innen heraus leuchtete und das sie wie von farbigem Mattglas umgebene Flammen wirken ließ – ein Eindruck, der durch ihre schnellen Bewegungen noch gesteigert wurde.
    Nach einer kurzen Phase des Durcheinanders stellten sie sich in einer Reihe neben ihren Fahrzeugen auf, verharrten unbeweglich und blickten herüber zur Spinne. Offensichtlich wollten sie den Menschen Gelegenheit geben, sich an den für sie neuen Anblick zu gewöhnen.
    Je länger er die Fremden betrachtete, um so mehr Einzelheiten fielen ihm auf, Dinge, die geeignet waren, den emotionalen Abstand zusammenschrumpfen zu lassen. Da waren die unbedingt menschlichen, wenn auch bläulich getönten Gesichter mit den übergroßen Augen, da waren die Hände, Menschenhände, trotz ihrer sechs Finger, und da waren die durchaus menschlichen Gestalten. Das alles glich den Neutren, doch da waren auch Unterschiede, die ihm bedeutsam erschienen. Vor allem gewisse Differenzen der Individuen untereinander. Sie waren nicht von absolut gleichem Gesichtsschnitt und gleicher Statur wie die Blauen, sie waren unterschiedlich wie die Menschen.
    Abermals fürchtete er, Vorbehalte aufzubauen. Er war wieder dabei, die Procyonen mit den Menschen zu vergleichen, und selbst wenn er es zu unterdrücken versuchte, so enthielt doch schon der Vergleich an sich eine Wertung. Denn unbewußt setzte er die beiden Begriffe »menschlich« und »human« gleich, obwohl er doch wußte, daß er das nicht durfte. Und hätten sie ausgesehen wie Kraken, sie könnten humaner sein als Menschen.
    Das alles war ihm völlig klar, er rief es sich auch immer wieder ins Gedächtnis, aber er konnte trotzdem nicht verhindern, daß er in den fremden Gesichtern nach Charakterzügen zu suchen begann.
    Es fiel ihm nicht leicht, auch gefühlsmäßig zu akzeptieren, daß er hier auf diesem fremden Planeten aus einer solchen Angewohnheit noch weniger Nutzen zu ziehen vermochte als auf der Erde, wo er oft genug hatte einsehen müssen, daß Charakter und Physiognomie in keinerlei zwingendem Zusammenhang standen. So blieb er wenigstens bemüht, sich äußerliche Besonderheiten der Procyonen einzuprägen.
    Auch Maara musterte die Blauen aufmerksam. »Das sind keine Neutren«, sagte sie schließlich, und er glaubte sie beruhigt aufatmen zu hören. Wahrscheinlich hoffte sie, auch diese Gemeinsamkeit mit den Menschen von der Erde vermöge den Abstand weiter zu verringern.
    Er hielt auch diese Feststellung für etwas, was aus menschlichen Erfahrungen resultierte. Die Unterschiede in Statur und Gesichtsschnitt waren zwar deutlich, sie waren aber auch derart vielfältig, daß ihm ihre eindeutige Zuordnung zu zwei Geschlechtern nicht gelingen wollte. Vielleicht sahen Maaras Augen

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