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Das verhängnisvolle Experiment

Das verhängnisvolle Experiment

Titel: Das verhängnisvolle Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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viele Kinder geboren, und so viele hätte sie noch gebären können. Ach Dasiet! Wie sie bewundert worden war – und beneidet. Arme Dasiet!
    »Auch ich werde noch viele Kinder haben«, flüsterte Borelie. »Und ich will, daß es alles deine Kinder sind, Stenelor.«
    Nun war er aber doch ein wenig verstört. Er spürte zwar, welch tiefes Gefühl sich hinter Borelies Worten verbarg, aber das war denn doch ein zu ungewöhnlicher Wunsch, als daß er ihn hätte begreifen können. Nein, was Borelie da andeutete, das war unmöglich. Das wäre ein doppelter Rückfall in uralte Gewohnheiten. Denn seit man die Nachteile genetischer Monotonie erkannt hatte, einerlei, ob Monogamie oder Monogenese der Grund war, galten auf Procyon die Prinzipien der Vielfalt, der maximalen genetischen Vermischung. Was Borelie da vorschlug, das stand im Widerspruch zu den allgemein beachteten Verhaltensnormen, und da diese Normen als vernünftig erkannt worden waren, stand es also auch im Widerspruch zur Vernunft.
    »Und doch werden alle meine zukünftigen Kinder einen einzigen Vater haben«, sagte sie starrköpfig. »Und der wirst du sein, Stenelor.«
    Er kannte sie gut genug, um zu wissen, daß es keinen Sinn hätte, finge er mit ihr jetzt einen Disput an. Sie hatte sich verrannt, zu reden würde mit ihr erst sein, wenn sich der erste Wirbel ihrer Idee gelegt hatte. Bei ihr gab es nur zwei Möglichkeiten, entweder sie würde sich durchsetzen oder vergessen. Er hoffte, sie würde es vergessen.
    »Glaub das ja nicht, Stenelor!« fuhr sie ihn an. »Ich werde es nicht vergessen. Ich werde immer daran denken, daß wir eines nicht mehr fernen Abends durch die Stadt bummeln und uns dabei an den Händen halten. Und alle werden sehen, daß ich ein Kind bekomme. Und daß der Mann an meiner Seite der Vater dieses Kindes ist.«
    Vater, Vater! Wie sie dieses Wort aussprach. Als ob sich etwas Wunderbares hinter diesem Begriff verbarg, etwas Verlorenes, nach dem sie ein Leben lang gesucht hatte. Vater! Wie das klang. Ein Wort, das seit ewigen Zeiten vergessen war. Borelie kramte es wieder hervor und tat, als hätte sie etwas Gewaltiges entdeckt. Das paßte zu ihr. Immer hatte sie solch verrückte Einfälle.
    »Stenelor!«
    »Ja, Borelie?« Er bemühte sich um Sachlichkeit, aber er konnte nicht verhindern, daß sein Herz schneller schlug.
    »Weißt du, was ich glaube, Stenelor? Daß du dich nicht weniger auf diese Zeit freust als ich, daß du ein sehr stolzer Vater sein wirst.«
    Wieder so ein unsinniger Gedanke. Der Stolz eines Vaters. Worauf sollte er denn stolz sein? Er wußte keine Antwort, er wußte nur, daß sie so unrecht nicht hatte. Und sein Herz schlug immer noch wie das eines gefangenen Spinnenvogels.
    »Ich wußte es!« jubelte Borelie.
    »Dummheiten!« sagte er. Und dann: »Wir werden diesen Fremden den Feuerkessel zeigen und danach zurück in die Stadt fahren.«
    Und wieder rief die Stadt ihre Warnung herüber.
    »Wir kommen am späten Abend«, sagte Stenelor. Und als er Borelie lächeln sah, ergänzte er: »Wir müssen ja schließlich berichten.«
     
     
25
     
    PETER MANKOV, geboren in Klaipeda, Schule, Kybernetiklehre, Studium am Institut für schnelle Flugkörper/Leningrad, Navigator, Testingenieur, Absturz über Orechowka, Rekonstruktion, Berufung als Kommandant des Raumschiffes Känguruh 2, Leiter der zweiten Landeoperation auf Procyon 4.
     
    Hinter dem Tunnel öffnete sich eine weite Ebene. Die beiden führenden Rochen bewegten sich jetzt mit nur mäßiger Geschwindigkeit. Es hatte den Anschein, daß die Procyonen den Menschen Gelegenheit geben wollten, sich eingehend umzusehen.
    Der Boden war mit einem dichten Pflanzenteppich bedeckt, eine Abstufung in Höhe und Farbe des Bewuchses war unverkennbar; handelte es sich in der Nähe der Ringkonstruktion lediglich um einen zentimeterhohen grünlichen Anflug, so schien die Pflanzendecke zur Mitte der Ebene hin höher, dunkler und dichter zu werden.
    Die beiden Sonnen standen knapp über dem Horizont, langsam färbte sich der Himmel zu einem dunklen, fast rötlichen Gelb. Von Westen her trieben einzelne graurote Wolken heran, langsam heraufsteigend über eine düstere Silhouette, die wie ein zerklüftetes Gebirge aussah. Doch das, was dort drüben den Horizont in einzelne dunkle Zacken auflöste, das war kein Gebirge, und es war auch nicht die Wand der gegenüberliegenden Ringseite. Das dort drüben war die Stadt der Gelben, eines der Zentren der hiesigen Zivilisation, eine Stadt, groß wie

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