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Das verhängnisvolle Experiment

Das verhängnisvolle Experiment

Titel: Das verhängnisvolle Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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seinem Kabinett zu sitzen, zum erstenmal aufgefallen war. Sie hatte es zuerst für eine Art autogenes Training gehalten, später jedoch bemerkt, daß er gern mit sich allein war, daß er zu grüblerischem Nachdenken neigte. Sie hätte ihn gern gefragt, was ihn belaste, aber er schien ihr in jener Zeit so in sich verschlossen, daß sie es nicht wagte.
    Es war wirklich ein langer Prozeß, und er war noch nicht abgeschlossen. Sie mußte sich also fragen, wie es weitergehen würde mit ihnen beiden. Eines Tages würden sie zurückkehren zur Erde. Das erschien ihr jetzt sicher. Und wenn sie auch noch gestern daran gezweifelt hatte, daß die Menschen einen anderen Weg als den der gegenseitigen Vernichtung gehen würde, die Ankunft dieses ultraschnellen Schiffes, des Transgressors, schien ihr ein günstiges Zeichen.
    Immer wieder kehrten ihre Gedanken zu diesem einen Punkt zurück. Da kam also ein Schiff von der Erde, ein Fahrzeug, wie es zur Zeit des Startes der Känguruh 2 nur von Phantasten erdacht worden war, ein Schiff, dessen Entwicklung und Bau eines solch immensen Aufwandes bedurften, daß weder die Mittel der einen noch die der anderen Gesellschaft allein ausgereicht hätten, ihn zu decken. Darauf gründete sich ihre Hoffnung.
    Konnte man daraus nicht folgern, daß sich auf der Erde endlich die Verfechter der Vernunft durchgesetzt hatten, daß die Zeit der Konfrontation endlich überwunden war? Oder dachte sie zu optimistisch? Nahm sie als Wirklichkeit, was sie sich vom ganzen Herzen wünschte?
    Sicherlich, die Zahl derer, die ein Verbot aller Angriffswaffen gefordert hatten, war ständig gewachsen, aber hatte diese Macht sich als ausreichend erwiesen, Entscheidendes zu erreichen? Und war die andere Seite, die, von der Peter gekommen war, tatsächlich stark genug gewesen, um friedliche Übereinkünfte zu erzwingen? Hat sie überhaupt wirklich die Absicht dazu gehabt? Oder…? Was war die Wahrheit, was der Schein? Was war Stärke, und was war Schwäche? Sie würde es in wenigen Stunden erfahren, heute würde sich alles entscheiden.
    Sie hatte sich oft Söhne gewünscht, zwei Söhne, groß und schlank wie sie selber, mit welligem Haar und den Figuren von Achtkämpfern. Manchmal war der Wunsch so stark gewesen, daß ihr vor Einsamkeit die Tränen gekommen waren, und mehr als einmal war sie nahe daran gewesen, sich über alle Zukunftsängste hinwegzusetzen, nur noch an die Gegenwart zu denken, an sich und die Überwindung ihrer Einsamkeit.
    Aber gerade nach solchen Tagen, an denen sie sich nutzlos und allein fühlte, an denen sie zweifelte an ihrem Wert für die Menschheit und für jene, die nach ihr kommen könnten, stand die Furcht vor der Zukunft um so heftiger in ihr auf. Was sollte sie ihren Söhnen sagen in dem Augenblick, in dem die Welt barst, wenn sie fragten, weshalb sie geboren worden seien?
    Sie berührte Peters Schulter, sein Atem wurde flacher.
    Wenn der Transgressor kommt, Peter, wollte sie sagen, werden wir eine neue Zukunft vor uns haben. Wir werden die Erde wiedersehen, es wird eine Heimat für uns geben. Es wird unsere Heimat sein, deine und meine, Peter. Und dann möchte ich Kinder haben, zwei Söhne, die in einer Welt ohne Haß und Angst aufwachsen werden.
    Doch sie sagte es nicht. Sie genierte sich ein wenig ihrer Gedanken, die ihr von kindischer Romantik zu sein schienen. Sie zog die Hand zurück und stand auf. Das Wasser der Dusche biß sich wie Eisnadeln in ihre Haut.
     
    Im Morgengrauen ließen sie einen Autokopter auf, dessen optisches System weit hinein in die Ringebene blickte.
    Die beiden Sonnen tauchten das Stadtgebirge am westlichen Horizont in rötliches Glühen. Die Silhouette des fremden Häusermeeres stand, als hielte die Zeit den Atem an, wie eine für einen kurzen Augenblick erstarrte, schäumende Woge gegen den violetten Himmel.
    Deutlich konnte man zwei Straßen erkennen, die die Ebene, von der Innenseite des Ringes ausgehend, radial durchquerten und bis an die Peripherie der Stadt reichten. Weder ihr Anfang noch ihr Ende war zu sehen, auf der einen Seite verschwanden sie hinter der schwarzen Mauer des Dammes, auf der anderen im Rotgrün der Wälder in der Nähe der Stadt.

    Bei dieser Beleuchtung betrachtet, wirkte der Stadtkomplex nicht wesentlich anders als eine der großen Städte der Erde. Ein Areal himmelstrebender Monolithe, deren Fassaden unterschiedlich gegliedert waren und deren terrassenförmige Dächer an eine langwellige Dünenlandschaft erinnerten. Die Farbe der

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