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Das verhängnisvolle Experiment

Das verhängnisvolle Experiment

Titel: Das verhängnisvolle Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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her, hierhin und dorthin, mit kleinen, trippelnden Schritten, ihr Kittel ist eng und kurz, eine knappe grüne Pelle, und er weiß, daß sie darunter nichts als winzige Slips trägt, die Schwestern genieren sich vor den Hastoniden nicht, vielleicht weil sie sie kaum noch als Menschen betrachten.
    Soll sie tanzen und wippen, ihn stört es nicht. Scheinbar besorgt wendet er sich an sie. »Und wenn mir schwindlig wird?« fragt er. »Werden Sie mich stützen?«
    Sie kichert und blickt zu ihm auf. »Wir könnten Blossom mitnehmen, wenn Sie es für besser halten. Moreaux mag ich nicht so sehr. Und Lannert…«
    Sie mag Moreaux aus einem ganz bestimmten Grund nicht. Und er weiß auch genau, weshalb. Moreaux hält sich nicht unbedingt an die Spielregeln.
    Aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen hat sich diese kleine Schwester angewöhnt, den Gleichmut der Hastoniden auf die Probe zu stellen. Das kurze Röckchen, das Hüftgeschaukel, die koketten Blicke und der bis zum Nabel hinunter offene Kittel, das alles gehört zu einem vielleicht unbewußt betriebenen Spiel, mit dem sie die Dicke des Panzers zu bestimmen sucht, den die Umfunktionierung um die Psyche der Männer gelegt hat, die nun Hastoniden sind.
    Neulich hat sie Moreaux das Andenken eines nächtlichen Ausfluges gezeigt, ein kleines, rötliches Mal in der Nähe des rechten Schlüsselbeins, kurz oberhalb der Brust. Vielleicht hat sie sich wirklich nichts dabei gedacht, aber sie hätte sich sagen müssen, daß eine solche Vertraulichkeit Moreaux entweder reizen oder beschämen mußte.
    Nun, Moreaux hat in der ihm gemäßen Weise reagiert. Er hat die gerötete Stelle mit offensichtlich großem Interesse betrachtet und dann erklärt: »Der Typ muß mächtig schlechte Zähne haben, ma chère. Du kannst froh sein, daß dir eine Blutvergiftung erspart geblieben ist.« Und dann hat er grinsend seine mächtigen Zahnplatten gefletscht und gemurmelt: »Wenn du mir unter die Zähne genommen wärst, mein Herzchen…«
    Vor Moreaux ist sie schreiend davongelaufen, ihm aber hüpft sie vor den Füßen herum, daß er auf jeden seiner Schritte achten muß. Ein wenig erinnert sie ihn an einen kleinen, aufgeregten Terrier.
    Er versucht ein Lächeln, weil ihm der Vergleich gefällt, das erste Lächeln nach dem Transfer, und er sieht ihrem Gesicht an, daß es gründlich mißlingt. Sie bleibt plötzlich stehen, duckt sich und weicht dann ein paar Schritte zurück. Sein Lächeln muß ebenso schrecklich ausgesehen haben wie Moreaux’ Zähnefletschen. »Also dann!« sagt er. »Auf in den Park.«
     
    Früher nannte man eine solche Anlage wohl einen französischen Garten. Schnurgerade Wege, von exakt profilierten Buchsbaumhecken gesäumt, Rasen wie gewebt, gleichmäßig grün und mit ausschließlich fingerlangen Halmen, Kugelbäume und Pyramidentannen mit Baumscheiben, die mit dem Zirkel gezogen sein müssen.
    Über allem liegt eine geradezu bestürzende Stille. Unwillkürlich hebt er den Kopf, er erwartet, daß sich sein Blick irgendwo in der Höhe verfängt, daß er auf eine Wand trifft, auf eine gläserne Glocke, die über den gesamten Komplex gestülpt ist und die Geräusche abschirmt. Aber da ist nichts als das tiefe Blau des Himmels, eine schmeichelnde Sonne und winzige Federwölkchen, die das Blau nur noch tiefer wirken lassen.
    Er wartet auf die Wärme der Sonnenstrahlen in seinem Gesicht, aber er spürt nichts, das angenehme Gefühl bleibt aus. Er geht langsam, unter den Füßen den leise knirschenden Kies, rundliche Kiesel wie aus der Retorte, an Perlen aus Zucker erinnernd. Ein Wegautomat kommt ihnen entgegen, eine flache, melodisch summende Maschine, die die Kieselchen in sich hineinschluckt, reinigt und hinter sich wieder ausbreitet, was den Weg nicht sichtbar verändert; sauberer als vor der Maschine kann er auch hinter ihr nicht sein. Trotzdem tritt Yahiro jetzt noch vorsichtiger auf.
    Später sieht er noch mehr Maschinen, gleiche, ähnliche und auch völlig andersartige. Da ist ein Sprengautomat, eine Walze, die rollend Wasser versprüht. Der Anblick veranlaßt die Schwester, einen hellen Begeisterungsschrei auszustoßen, weil sich auf dem Wasserschleier ein matter Regenbogen abzeichnet.
    Flache Scheiben flitzen hier und dort über die Grünflächen, und im Geäst der Büsche und Bäume klettern spinnenbeinige Mechanismen mit Zangenscheren und rotierenden Messern, Wägelchen rollen auf den Wegen entlang und transportieren Unrat ab, welke Blätter und abgeschnittene Halme,

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