Das verhängnisvolle Experiment
Tausenden von vielfarbigen Lichtern schmücken?
Und fraglos gehörten zu einem Wald Tiere. Zu dem einen Iltis, Zobel und Luchs, Dachs, Uhu und Bär, zu dem anderen eben Krötenmäuse und Pfeilmarder, Steinwarane und Krabbenvögel. Und sicherlich auch noch eine Reihe anderer Tiere, die sich vor den Eindringlingen bisher verborgen halten mochten. Was sollte daran schon Befremdliches sein?
Und dann die Geräusche der Wälder. Jede Art von Wald hatte ganz eigene Geräusche. An der Jama klangen die Schritte der Waldläufer besonders dumpf und außerordentlich leise, der weiche Efeuteppich dämpfte den Schall selbst der schwersten Stiefel. Und auch die Tiere bewegten sich dort nahezu geräuschlos, nur hin und wieder der Schrei eines Vogels und das Rascheln des Windes hoch oben in den mächtigen Kronen der Bäume. Ganz anders dagegen die Wälder des Südens, in denen die Tiere lärmten und der Wind sang. Menschenschritte klangen in solchen von Unterwuchs verfilzten Wäldern wie heftige Sensenstreiche.
Selbstverständlich war dieser Wald hier wieder anders, stumm und fast ein wenig abweisend. Aber wer Wald mochte, der fand auch an diesem hier nichts Ungewöhnliches oder gar Bestürzendes, der nahm ihn hin, wie er war. Was nicht bedeutete, daß Lannerts Abneigung Yahiro verwunderte.
Lannert wurde wahrscheinlich zum erstenmal in seinem Leben mit einer solchen Naturlandschaft konfrontiert. In seiner Heimat gab es längst keinen Baum mehr, der ungeordnet, ohne die regulierende Hand des Menschen hätten aufwachsen dürfen.
Yahiro war nicht gern in dieses Land gegangen, in ein Land, von dem er nicht mehr gewußt hatte, als daß sich die Produktionsmittel in den Händen einiger hundert Leute befanden, daß es pseudodemokratisch regiert wurde, daß dort Technologie über Humanität ging und Menschen nach dem Wert ihres Besitzes und ihrer Arbeitskraft beurteilt wurden.
Nur, was hatte er schon gern getan in jener Zeit, in der er versuchte, sich mit seinem neuen Leben anzufreunden? Eigentlich nichts. Weil für ihn nichts zu tun war. Seine alten Gewohnheiten taugten nicht für das neue Leben, und neue Gewohnheiten hatte er noch nicht erwerben können. Denn er war Objekt. Was geschehen war, das war nicht durch ihn geschehen, sondern mit ihm. Und er hatte es über sich ergehen lassen, weil er eingesehen hatte, daß es notwendig war. Freude hatte er dabei nicht empfunden, nicht einmal Befriedigung. Damals noch nicht. Und auch noch nicht, als er den Park von Haston Base gesehen hatte. Nur Verwunderung. Wie ein vollendetes Kunstwerk war ihm das alles erschienen. Aber auch die Verwunderung hatte nicht lange angehalten.
»Schluß für heute!« sagt die Krankenschwester und klatscht ihm mit der flachen Hand auf die Schulter. »Schließlich wollen wir uns ja nicht überanstrengen.«
Er kommt mit einiger Mühe aus der Hocke, drückt die Knie durch und reckt die Arme, daß die Gelenke knacken. Die Schmerzen sind erträglicher geworden, auch nach stundenlangem, anstrengendem Training bleiben sie unter der gewohnten Schwelle. Er streicht sich mit den Kanten der Zangen über den Körper, ignoriert das häßlich kratzende Geräusch und betrachtet seine Klauen. Da ist nicht die geringste Spur von Feuchtigkeit; trotz der erheblichen Anstrengung ist anscheinend kein Tropfen Schweiß geflossen.
Die kleine Krankenschwester lacht. »Sie werden nie mehr schwitzen, mein Bester. Glauben Sie denn, wir hätten Ihnen dieses uneffektive Kühlsystem…«
Er wendet sich ab. Von Belehrungen hat er vorerst genug. Seit er erwacht ist, hat er nichts anderes gehört. »Mit der ganzen Sohle auftreten, Vamos, das ist rationeller! Tiefer atmen, Yahiro! Kürzere Schritte, Vamos, das spart Kraft! Schließen Sie die Zangen, Yahiro! Sie müssen lernen, Ihre Kräfte entsprechend…«
Belehrungen über Belehrungen. Richtig gewiß und wohl auch wichtig, aber ihn stört, daß in all den Tagen kein Wort über das gefallen ist, was in ihm vorgeht, daß seine Gedanken anscheinend niemanden interessieren. Noch besteht er für sie nur aus Körper. »Immer eins nach dem anderen, mein Lieber. Erst wenn Sie körperlich in Ordnung sind, kommen die Psychologen an die Reihe.« Sie sagen nicht einmal Psychologen, sie sagen »Brain Artists«. »Sie werden noch zeitig genug die Nase voll haben von denen.«
»Wie wär’s mit einem Spaziergang im Park, Vamos?« Die Schwester ist wieder neben ihm, ein blondes, zierliches Persönchen, kaum halb so hoch wie er. Sie tänzelt vor ihm
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