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Das Verheissene Land

Titel: Das Verheissene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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gefolgt von Hagdar und Kaer, an ihm vorbei und Turvi stolperte über seine Krücken. Auch von Nangors Schiff waren Freudenschreie zu hören. Bran wischte den Speichel von seinen aufgesprungenen Lippen und blinzelte die Tränen weg. Ein grauer Streifen Land zeichnete sich im Nordosten am Horizont ab.
     
    Es war eine seltsame Küste. Verdrehte Klippen bildeten zum Wasser hin eine Mauer. Die Wellen schlugen gegen die schwarzen Felsen, und die Sonne glänzte auf leuchtend grünen Tangarmen. Davor spülte die Brandung über zahllose Schären und auch diese waren vom Wasser und von den Gezeiten in den merkwürdigsten Formen zurechtgeschliffen worden. Ausgehöhlte Steintürme ragten wie erstarrte Riesen aus den Wellen empor. Sie flüsterten und jammerten, und das Felsenvolk wich voller Schreck von der Reling zurück.
    Turvi erkannte, dass es der Wind war, der diese Laute erzeugte, wenn er durch die wundersamen Formationen blies, doch das Felsenvolk wollte nicht auf ihn hören. Für eine Weile vergaßen sie ihren Durst, und niemand widersprach Bran, als er ihnen befahl, sich an die Ruder zu setzen und nach Norden zu rudern.
    Den ganzen Tag über trieben die Ruder das Langschiff voran. Der letzte Rest Wasser, der noch im Schlauch war, wurde zwischen den Männern, Frauen und Kindern aufgeteilt, abgesehen von einigen wenigen Bechern, die für die Jüngsten reserviert waren. Alle blieben jetzt unter Deck, und wer nicht ruderte, blieb still liegen, um seine Kräfte zu schonen. Nur Bran und Turvi standen an Deck, und auch wenn der Einbeinige nichts sagte, verstand Bran, dass ihn dieses Land erschreckte. Diese Klippen sahen wie gewaltige, eingetrocknete Lehmtürme aus. Hier gab es keinen Ort, an dem sie hätten anlegen können. Bran wandte seinen Blick nicht von dem Fahrwasser vor dem Schiff und suchte das Wasser nach Anzeichen für Untiefen ab, und nur selten wagte er es, an die Küste zu schauen. Das war wirklich eine neue Welt. Als ob unbekannte Götter dieses Land mit eigenen Händen geformt und dann vergessen hätten, die Falten und Unebenheiten auszumerzen. Doch es gab Leben hier. Zum ersten Mal seit dem Sturmrand waren wieder Seevögel am Himmel und auf einigen der Schären konnte er Seehunde erkennen, gefleckte Seehunde, die sich in der untergehenden Sonne wärmten. Sie bellten wie Hunde und manchmal tauchten sie neben dem Schiff auf, legten sich auf den Rücken und prusteten laut. Turvi sagte, sie seien in ein Land gekommen, in das noch nie ein Mensch seinen Fuß gesetzt hätte, denn nur Tiere, die noch nie einen Menschen zu Gesicht bekommen hatten, seien so neugierig.
    Mitten in der Nacht rief Nangor vom anderen Langschiff herüber. Er hielt an der Backbordseite eine Fackel über die Reling. Ein seltsames Wesen trieb im Lichtschein der Fackel vorbei. Viele Fangarme gingen von dem kegelförmigen Körper ab, der etwa so lang wie ein Pferd war. Eine Zeit lang glaubte Bran, das Tier sei tot, doch als die Ruder den Körper berührten, zuckte es zusammen, legte die Fangarme zusammen und verschwand in der Tiefe. Nangor lehnte sich über die Reling und leuchtete auf die Wasseroberfläche. Sie war schwarz wie Teer.
    Der andere Wachwechsel fand bei Tagesanbruch statt, und während Männer und Frauen an Deck kletterten, um zu sehen, wohin sie die nächtliche Fahrt gebracht hatte, zeigte sich der erste Wirbel. Nangor, der voranfuhr, steuerte nach Westen und deutete zur Küste. Und dort, zwischen den Schären bildete das Wasser einen Strudel aus weißem Schaum.
    Sogar die Wellen lösten sich auf, als sie herantrieben. Hier waren keine Seehunde zu sehen und auch die Möwen hielten sich von diesem Wirbel fern.
    Die Langschiffe folgten der Küste nach Norden, bis sich die Nacht wieder über sie senkte. Die Frauen wrangen die letzten Tropfen aus den Wasserschläuchen und teilten sie zwischen den Kindern auf. Als Kai kam, um seine Ruderwache zu übernehmen, schüttelte Bran den Kopf und packte noch fester zu. Er traute jetzt keinem der Männer. Er sah, wie langsam sie über das Deck schlichen, und hörte die schwachen Ruderschläge. Der Durst zehrte an ihnen und bald würden die Wahnvorstellungen jeden von ihnen heimsuchen. Sie könnten auf die Idee kommen, das Schiff auf eine Schäre zu steuern, um von dort zu versuchen an Land zu schwimmen und nach dem Wasser zu suchen, das sie dort vielleicht erwartete.
    Bran leckte den Schweiß von seinen Armen und befeuchtete seine aufgesprungenen Lippen. Er dachte jetzt nur noch an Wasser, und als

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