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Das Verheissene Land

Titel: Das Verheissene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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er.
    »Ich sehe schon.« Loke zeigte auf sein Auge. »Meine Worte sind nicht als Hohn gemeint, Bran. Du sollst wissen, dass ich als dein Beschützer hierher geschickt wurde. Du verstehst es jetzt vielleicht noch nicht. Aber das wirst du. Bald.«
    Damit erhob sich der Weißbärtige. Er schwang sich den Rucksack über die Schulter und griff nach seinem Speer. Bile sammelte die Becher ein und trat das Feuer aus.
    »Wir haben uns schon viel zu lange ausgeruht. Es ist Zeit aufzubrechen.« Er stieg über das Feuer. »Folgt mir. Söhne Febals. Gamle hat mir und meinen Schülern aufgetragen, euch bis in das neue Land zu begleiten. Wir haben keine Zeit zu verlieren.«
    Die Waldgeister kletterten rasch aus der Kluft. Bran und Dielan rafften Umhänge, Waffen, Wasserschläuche und Pfeilköcher zusammen und folgten ihnen. Als sie oben ankamen, sahen sie, dass der Himmel sich verdunkelt hatte. Graue Wolken trieben vom Sturmwind gepeitscht auf das Meer zu. Die Waldgeister waren bereits einen Steinwurf weiter unten am Hang, darum beeilten sich Bran und Dielan, die Bögen zu schultern, um nicht den Anschluss zu verlieren. Der Wind fuhr unter ihre Umhänge. Im Osten donnerte es.
     
    Am Fuß des Berges wandten sich die Waldgeister nach Norden. Bran und Dielan folgten ihnen über Grasbülten und feuchte Moosteppiche, bis Loke die Hand hob und seinen Rucksack abwarf. Sie schlugen ihr Lager einen Steinwurf hoch am Hang auf, wo es trocken war. Die Waldgeister sagten nicht viel an diesem Abend. Sie tranken ihr Borkengebräu und spähten zu der Felswand auf der anderen Seite des Moores und der Ebene. Das Geheul der Waldteufel trotzte dem Ostwind, und Bran beobachtete, wie die kleinen Krieger ihre Speere fester umklammerten.
     
    Am nächsten Tag überquerten sie das Moor. Den Waldgeistern stand das Wasser bis zum Kinn, und die ganz tiefen Stellen überwanden sie mit einem Strick um den Leib, aneinander gebunden wie Bergziegen. Und so verging noch ein Tag, nach dem sie sich zitternd unter den Umhängen zusammenkauerten. Bran vermisste Tir und fror sich durch die Nacht.
     
    Auf der anderen Seite der Ebene bogen die Waldgeister wieder nach Norden ab. Bran und Dielan hatten keine andere Wahl, als ihnen zu folgen. Und so führte Loke die Gruppe in den folgenden beiden Tagen an der zerklüfteten Mauer aus riesigen Gesteinsbrocken, Felsen und eingestürzten Schluchten entlang. In der zweiten Nacht erwachten Bran und Dielan von einer Erschütterung im Boden, die ebenso schnell vorbei war, wie sie gekommen war. Die Waldgeister schliefen tief und fest wie Moospolster im wogenden Gras der Ebene.
     
    Am dritten Tag entdeckten sie schließlich eine Schlucht, die nicht eingestürzt war. Während Dielan und Bran Pfeile an die Bogensehnen legten, schlichen die kleinen Krieger mit den Speeren im Anschlag in die Schlucht. Der Boden war mit mannshohen Gesteinsbrocken, Steinhaufen und Steinsplittern bedeckt. Die Waldgeister nahmen wie Füchse Witterung auf und schnupperten an den wenigen Büschen, die den Steinschlag überlebt hatten, und an den einzelnen Baumstämmen, die aus den Steinhaufen herausragten. Bran konnte sehen, dass hier Birken und Dornensträucher gewachsen waren, ehe die Steinlawinen die Schlucht gefüllt hatten. Aber nun war dieser Ort ebenso tot wie die Felsmauer. Es gab keinen Baumstamm und keine Laubkrone mehr, die den Wind daran hinderten, heulend durch die Schlucht zu jagen.
    Einen Pfeilschuss später machte die Schlucht einen Bogen nach Süden. Die Gesteinsbrocken lagen hier dichter, und die Waldgeister machten sich daran, über die enormen Blöcke zu klettern. Bran entdeckte die Knochenreste eines großen Hirsches. Das Fell war verwittert, nur die Hufe von dem gebrochenen Wadenbein waren noch übrig. Er rollte den Stein weg, der dem Tier den Hinterlauf zerschmettert hatte. Der Gedanke an einen solchen Tod machte Bran wütend. Er hatte im Lanzengebirge schon viele Hirsche erlegt, aber keiner von ihnen hatte an einem Ort wie diesem verdursten müssen. Bran schaute an den steilen Felswänden hoch. Die Wolken hingen schwer unter dem Himmel. Das Sonnenlicht drang nicht durch sie hindurch. Ganz davon abgesehen, ob es überhaupt bis auf den Grund der Schlucht gereicht hätte.
    Sie schlugen ihr Lager unter einer Steinplatte auf, die gegen einen Felsblock gestürzt war, der ein erhöhtes Plateau bildete. Dielan sammelte trockene Zweige und morsche Birkenrinde von einem umgestürzten Baum. Bald waren sie alle um das Feuer versammelt. Bran

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