Das Verheissene Land
spuckte rechts und links auf den Boden und behauptete, das sei Zauberei, er sei schließlich schon als Junge auf dem Meer gesegelt, und wenn er eins gelernt habe, dann, dass kein Schiff gegen den Wind segeln konnte. Aber Turvi lehnte sich auf seine Krücken und wiegte den Kopf. Er raffte den Umhang vor der Brust zusammen und murmelte vor sich hin.
Im Morgengrauen ritten die Jäger auf den Bergkamm am östlichen Ende des Tals. Sie kehrten selten mit Beute zurück, nur am zweiten Tag ritten sie mit einem Hirsch auf einem Zugschlitten, der von einem der Pferde gezogen wurde, ins Dorf ein, was großen Jubel unter den Dorfbewohnern auslöste. Die Frauen sangen, während die Männer die Beute zerlegten und die blutigen Fleischstücke verteilten, die längst nicht für alle reichten. Das war ein karges Land, sagte Turvi. Die Bermarer mussten die Arbeit von drei Völkern leisten. Die Jäger jagten auf den Ebenen und an den Hängen am Fuße des Gebirges, die Fischer trotzten den Eisbergen und Strömungen, um Fisch zu fangen, und die wenigen Bauernfamilien bauten Korn für den Winter an.
Vielleicht war die Aufgabe, ihre Kinder zu ernähren, auch der Grund, dass sie sich selbst genug waren. Die Frauen saßen vor den Blockhäusern und nähten Lodenkleider oder flickten Lederhosen und Lederstiefel. Sie wuschen Kleider im Fluss und trugen Körbe voller Trockenfisch und Gras und Wasserschläuche auf dem Rücken. Sie schienen immer etwas zu tun zu haben. Mit den Männern war es auch nicht anders, sie erledigten ihre Arbeiten. Wer nicht jagte oder fischte, stand von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang in den Schmieden, von denen es mindestens ein Dutzend gab. Das Felsenvolk steckte die Köpfe zusammen und wunderte sich darüber. Die Bermarer waren kein kleines Volk so wie sie. Mehr Schmiede als Hagdar hatten sie nie gebraucht, und Hagdar konnte sich schon nicht mehr daran erinnern, wann er das letzte Stück geschmiedet hatte. Aber die Schmiede des Dorfes rackerten sich an ihren Ambossen ab, und sobald jemand vom Felsenvolk zu nahe an die Schmieden herankam, bauten sie sich vor den Feuerstellen auf und schützten ihre Arbeit mit ihren breiten Schultern vor den Blicken der Fremden.
Seit das Felsenvolk an Land gegangen war, war klares Wetter gewesen, aber an diesem vierten Morgen trieben graue Wolken von Norden heran. Kalt war es geworden, so kalt, dass es auf das Dorf und die Zelte geschneit hätte, wenn die Wolken sich geöffnet hätten. Das Felsenvolk hatte in der Mitte des Zeltlagers ein großes Feuer gemacht, und dort saßen Bran, Dielan und Hagdar. Wie schon in den anderen Nächten hatte Bran bei Tir geschlafen, doch Ulv hatte früh angefangen zu schreien, worauf Bran nach draußen gegangen war. Das Kind begriff nicht, dass Tir verletzt war, aber Tir hatte sowieso keine andere Wahl. Die Milch musste raus, erklärte sie ihm. So hatte sich Bran zu seinem Bruder und Hagdar ans Feuer gesetzt. Die drei Männer gähnten und sahen blinzelnd in die Glut. Hagdar warf trockene Zweige darauf, war aber zu faul, es ordentlich zusammenzulegen.
Karr kam und gesellte sich zu ihnen. Er trug ein großes Bärenfell über den Schultern, und als er sich neben Bran hockte, sah er aus wie ein großes Tier. Der Atem stand in einer grauen Wolke vor seinem Bart. Er sagte nichts, legte nur seine schwere Pranke um Brans Schulter und bedeutete den Männern, ihm zu folgen.
Sie folgten ihm zwischen den Häusern hindurch. In den Türöffnungen standen Frauen und musterten sie misstrauisch, als sie vorbeigingen. Karr führte sie an einem Fischtrockengestell und an einer mit alten Fellen verkleideten Lehmhütte vorbei. Als er zwischen zwei der größten Langhäuser abbog, kreuzten zwei Jäger mit Bögen auf dem Rücken den Pfad vor ihnen und gingen in Richtung des Nordhangs weiter. Rußige Schwertteile lehnten neben Säcken voller roter Erde, Kohle und Sand an den dicken Holzwänden. Am Ende der Häuser kamen sie auf einen Platz, auf dem viele Männer versammelt waren. Sie hatten alle Ähnlichkeit mit Karr, denn alle hatten Ruß an den Händen und trugen Bärenfelle als Umhänge. Erst jetzt fiel Bran auf, wie still es war. Kein Hammerschlag war zu hören. Vor ihm standen Ber-Mars Schmiede.
Das schmale Ende des nördlichen Langhauses war mit einem Vordach versehen. Unter dem Dach befand sich Karrs Schmiede. Da gab es einen kesselförmigen Steinofen und einen großen Kamin, eine Tonne mit Wasser und einen Amboss, der so breit wie die Schultern eines Mannes war.
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