Das Verheissene Land
geflohen, aber als sie an Bord gingen, steckte die Pest bereits in ihnen. Die Bermarer gewährten ihnen Gastfreundschaft, denn sie wussten nichts von der ansteckenden Krankheit, die die Fremden mitbrachten, doch schon bald breitete sich der Wahnsinn unter Ber-Mars Männern und Frauen aus. Das rote Fieber vernichtete ein einst zahlreiches Volk. Nur wenige überlebten, und diese Überlebenden verbrannten die Toten und verstreuten die Asche auf dem Meer. Seitdem waren drei Generationen nachgekommen. Selbst die Sprache der Bermarer starb mit der Pest aus. Sie begannen wie die Handelsleute zu sprechen, denn in jener Zeit herrschte Frieden auf den Ebenen, und aus Krugant und den Wäldern im Nordosten kamen Karawanen.
Turvi erzählte von dem Frühjahrsfest, wenn die jungen Männer und Frauen der Nordländer aus den immergrünen Wäldern angeritten kamen. Viele von ihnen blieben in Ber-Mar, und jedes Jahr verließen Bermarer ihr Volk, um im Norden eigene Familien zu gründen. So überlebte Ber-Mars Volk. Sie hatten das Blut der Nordländer in den Adern und ihre Kraft in den Armen.
»Und aus dem gleichen Grund haben sich Ber-Mars Schmiede entschlossen, das Geheimnis des Stahls an uns weiterzugeben«, schloss Turvi seinen Bericht. Er holte Luft, weil er es nicht mehr gewohnt war, so viele Worte auf einmal zu sagen. »Ich habe Karr von deinem Traum erzählt, Bran, von dem Tal in dem Gebirge. Wenn wir es finden, sind wir das nächste Volk für sie. Und unsere zwei Völker sollen für frisches Blut bei den nachfolgenden Generationen sorgen. Heute wollen wir einen Friedenspakt schließen. Karrs Hämmer sollen ihn für uns singen. Das Geheimnis des Stahls soll unsere Freundschaft besiegeln.«
Karr nahm das Schwerteisen mit einer Zange auf und steckte es in die Wassertonne. Das glühende Eisen zischte. Die anderen Schmiede, die schweigend um den Schmied herumgestanden hatten, rückten noch näher. Sie rochen nach Fellen und Schweiß. Bran begann zu dämmern, was »das Geheimnis des Stahls« war. »Stahls« war kein Gott, sondern eine Sache. Bran hatte von magischen Schwertern gehört, die niemals brachen, und von Speeren, die ihre Beute immer trafen. Aber niemand hatte den Liedern der Nomaden Glauben geschenkt.
»Erz von den Ebenen.« Karr zeigte auf einen der Säcke. »Es hat die ganze Nacht gebrannt.« Er drehte sich zu dem Steinkessel um und zog an einer Eisenstange, die aus dem Kamin ragte. Bran ging in die Hocke und schaute in den Ofen. Im Feuer stand ein rußschwarzer Steinkessel. Nun trat Garr zwischen den Schmieden vor. Er schob eine rußverschmierte Holzplanke über den Kessel, ehe er eine der Steinformen vom Boden hochhob und auf die Planke stellte. Karr drehte die Eisenstange, worauf ein dünner Strahl flüssiges Eisen in die Form rann, sich verteilte und die Form eines Schwertes bildete. Zusammen mit Garr hob er die Planke mitsamt Steinform hoch und stellte sie auf den Boden.
»Jetzt müssen wir warten.« Karr schob den Kessel zurück ins Feuer. »Das Material muss erst erhärten, bevor es den Schlag des Hammers zu spüren bekommt.« Er verschränkte die Arme vor der Brust.
Turvi winkte Bran zu sich. »Karr ist der Tüchtigste der Schmiede«, flüsterte er. »Und das will was heißen. Stahl bedeutet hier Reichtum, und wer am reichsten ist, bekommt den besten jungen Mann der Nordländer für seine Tochter oder die hübscheste Frau für seinen Sohn.«
Bran kratzte sich im Nacken. Nun war ihm klar, weshalb die Schmiede von morgens bis abends an ihren Ambossen rackerten. Sie schmiedeten an der Zukunft. Am Glück und an der Zukunft ihrer Kinder.
Karr warf den Umhang ab. Der Schweiß bildete Flecken auf seinem Lodenwams. »Ich habe Kohle unter das Eisen gemischt. Wählt ihr nun einen Meisterschmied unter euren Männern, und ich will ihm beibringen, wie viel Kohle den geschmeidigsten, stärksten und schärfsten Stahl ergibt. Denn Kohle ist das Geheimnis. Kohle im Eisen.«
Bran fühlte Hagdars schwere Hand auf seiner Schulter.
»Wählt einen eurer Männer.« Karr beugte sich zu dem Kohlesack hinunter. Er zerbrach einen verbrannten Zweig in der Hand und streute etwas Ruß in das flüssige Eisen in der Form. »Er bleibt bei mir. Der Rest verlässt uns.«
»Lass mich derjenige sein.« Hagdar trat einen Schritt auf Karr zu, ehe er sich zu Bran umdrehte. »Lass mich derjenige sein, Häuptling. Es steckt in meinen Armen, schon immer.«
Bran neigte den Kopf. Er wandte sich von der Schmiede ab und begab sich zwischen die
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