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Das Verheissene Land

Titel: Das Verheissene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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Langhäuser. Hagdar würde der Meisterschmied des Felsenvolkes werden. Durch ihn würden sie in das Geheimnis des Stahls eingeweiht werden.
     
    Die Schmiede gingen zurück an ihre Arbeit, und nur Karr und Hagdar blieben bei dem Ofen zurück. Als das Eisen in der Form rot glühte, klopfte Karr es heraus. Er packte es mit der Zange und legte es auf den Amboss. Und dann begann er zu hämmern. Die Funken sprühten von dem Schwerteisen, als der Hammer das Eisen platt schlug. Danach steckte er es in den Sack mit Kohle. Er zeigte Hagdar, wie viel Ruß das Eisen brauchte. Zu viel würde das Eisen spröde machen, so dass es beim ersten Kampf zerbrechen würde. Und zu wenig würde es zu weich und stumpf machen, so wie die Waffen des Felsenvolkes. Hagdar glaubte, dass die Klinge jetzt zum Schleifen bereit war, da sie platt geschlagen war und die Form eines Kurzschwertes hatte. Aber Karr legte das Eisen über die Kante des Ambosses und bog das Blatt mit ein paar kräftigen Hammerschlägen der Länge nach. Dann faltete er es wie einen Stoffstreifen und steckte es wieder in die Glut.
    Hagdar zog an dem Seil, das den Blasebalg hob. Die Flammen züngelten über die Feuerstelle. Karr zog sein Wams aus und wischte sich den Schweiß von der Brust, sodass Hagdar die vielen Brandnarben auf seiner Haut sehen konnte. Die behaarte Brust war übersät mit weißen Narben.
    Nach einer Weile nahm der Schmied das Schwerteisen aus der Glut und steckte es wieder in den Sack mit Kohle, ehe er es auf dem Amboss bearbeitete. Zuerst schlug er die Klinge flach, dann faltete er sie erneut über der Kante des Ambosses und steckte sie schließlich wieder in die Glut.
    Karr und Hagdar verbrachten den ganzen Tag in der Schmiede. Als die Dunkelheit sich zwischen den Langhäusern vorschob, hatte Hagdar aufgegeben mitzuzählen, wie oft Karr das Schwertblatt gefaltet hatte. Die Hammerschläge schallten rhythmisch und klar in den Abend, als Karr Hagdar aufforderte, das Balgseil loszulassen. Er drückte Hagdar den Hammer in die Hand, damit er sich an dem Stahl versuchte. Denn die Kohle hatte das Eisen in Stahl verwandelt. Die Klinge hatte inzwischen eine Maserung, als wäre sie aus Holz geschnitzt.
    Hagdar hämmerte bis weit in die Nacht hinein an der Schwertklinge. Er steckte sie in den Kohlesack, erhitzte sie wieder in der Glut und faltete sie. Karr folgte jedem Hammerschlag aufmerksam und zögerte nicht, Hagdar auf alle Fehler hinzuweisen, die er machte. Aber als die Sterne zwischen den Wolken verblassten und die Nacht sich dem Ende neigte, formte der Stahl sich zu einer lang gestreckten Schwertklinge, und bei Morgengrauen forderte Karr Hagdar auf, sie in die Wassertonne zu stecken. Jetzt musste sie nur noch geschliffen werden. Hagdar sollte ein Zeichen wählen und in den Querbügel einritzen. Und Hagdar entschied sich für den Hammer.
     
    Sie hatte eine weitere Nacht wach gelegen. Mit Adharkach in der Armbeuge hatte sie dagelegen und den Hammerschlägen gelauscht, während der Schmerz in der Wunde pochte. Sie hatte aus der schmalen Fensterluke geschaut und lange den vorbeitreibenden Wolken hinterhergeblickt. Bran und sein Volk hatten ihre eigenen Namen für die Bilder, die die glänzenden Sterne am Himmel bildeten, aber sie würde nie vergessen, was ihr Vater ihr über die Sterne erzählt hatte. Sie erinnerte sich noch daran, wie er sich gegen das Stag vorn im Bug seines Langschiffes lehnte. Sie war damals noch ein Kind gewesen, und ihr Vater hatte sie mitgenommen, um ihr die Inseln im Norden zu zeigen. Er hatte die Hand zum schwarzen Himmel ausgestreckt, als wollte er die Sterne für sie pflücken, und ihr von dem Krieg erzählt, der die Länder geformt hatte, dem Krieg, in dem Cernunnos und sein Volk von Riesen starben. Die Bögen der Riesen waren gewaltig, aber Tarkins Krieger stahlen sie aus den Händen der sterbenden Riesen und schossen die Pfeile in die Nacht, und so entstanden die Sterne. Denn die Pfeile drangen durch das schwarze Himmelstuch. Und durch die Löcher, die sie hinterließen, schien das Licht der Ewigkeit, der Widerschein der flackernden Feuerstelle der Götter.
    Tir drehte sich auf die Seite und streckte sich nach dem Krug aus, der auf dem Stuhl stand. Bran hatte ihn mit Wasser aus dem Fluss gefüllt. Adharkach begann zu weinen, als ihm die Decke weggezogen wurde, aber Tir hatte sich angewöhnt, dieses Gejammer zu überhören. Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand und hob den Krug vorsichtig mit beiden Händen an die Lippen.

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