Das Verhör
Triumphs diesmal nicht hochschlagen ließ. In seinem Leben gab es keine Lottie mehr, der er davon erzählen konnte, auch wenn er wusste, dass sie ihm zuletzt nicht mehr zugehört hatte. Trotzdem, Lottie war immer für ihn da gewesen, obwohl er nicht immer für sie da gewesen war.
Der Schmerz in seiner Kinnlade wurde stärker, und Trent versuchte, sich mit Gähnen etwas Erleichterung zu verschaffen. Er widerstand der Versuchung, die Schmerztabletten zu nehmen, die in seiner Schreibtischschublade lagen. Vielleicht habe ich ein paar Schmerzen verdient, dachte er und hatte dabei Lottie im Sinn.
Er räumte die Kassette und den Rekorder weg, brachte seinen Schreibtisch in Ordnung, sah die morgigen Termine durch. Es wurde Zeit, nach Hause zu gehen. Heim in ein leeres Haus, in dem Lottie nur noch als klägliches Gespenst vorhanden war. Aber er konnte sonst nirgends hin.
Zweiter Teil
In Monument endete der Unterricht vor den Sommerferien am letzten Freitag im Juni, aber Jason Dorrant betrachtete den heutigen Morgen als ersten richtigen Ferientag. Das vergangene Wochenende zählte nicht, weil er am Wochenende ja sowieso nie zur Schule ging.
Er hatte vorgehabt, an diesem Morgen lange zu schlafen, aber seine Augen gingen auf, als hätte der Wecker geklingelt. Die Digitaluhr zeigte 6:32 an, und Jason lächelte, streckte sich genüsslich und dachte an die trägen Sommertage, die vor ihm lagen. Träge stimmte zwar nicht so ganz - nächste Woche fing das Sommercamp an –, aber zwei Monate lang würde es jetzt keinen Unterricht und keine Schularbeiten mehr geben.
Eigentlich war das letzte Jahr in der Middle School von Monument ziemlich gut gelaufen. Im zweiten Halbjahr hatte er es das erste Mal geschafft, sich auf die Ehrenliste der besten Schüler zu schlängeln, wobei er das jedoch mehr auf Glück als auf Gehirnakrobatik zurückführte. Er war froh, dass die siebte Klasse hinter ihm lag, und er konnte nur hoffen, dass es in der Achten leichter werden würde. Allerdings hatte er das starke Gefühl, dass das nicht der Fall sein würde. Er hatte für seine Noten immer schuften müssen. Anderen Schülern flog alles nur so zu, sie bekamen in den Klassenarbeiten gute Noten und beantworteten im Unterricht die Fragen des Lehrers, meldeten sich so eifrig, dass sie mit den Händen in der Luft herumfuchtelten. Aber Jason scheute davor zurück, sich von sich aus zu melden, selbst wenn er die Antwort wusste. Er stand nicht gern im Mittelpunkt des Interesses. Dann spürte er, wie ihm das Blut heiß in den Wangen pochte und sein Herz bedrohlich zu rasen begann.
Immerhin, in den nächsten zwei Monaten stand Schule nicht auf dem Programm. Er seufzte, streckte noch mal die Beine und warf dann die dünne Decke von sich.
Ihm war klar, dass auch das Sommercamp kein Zuckerschlecken werden würde, aber es würde jedenfalls keine Klassenzimmer und keine schriftlichen Arbeiten geben, er würde andere Leute treffen, neu durchstarten und die alten Mitschüler hinter sich lassen, vor allem diejenigen, die ihm das Leben schwer machten. Nicht dass sie grausam oder gehässig gewesen wären, ihm Streiche gespielt oder ihn gequält hätten - nichts dergleichen. Meistens ignorierten sie ihn einfach.
Er wurde selten gefragt, ob er bei ihren Spielen und sonstigen Aktivitäten mitmachen wollte. In der Cafeteria saß er in der Regel allein und fühlte sich auch dann allein, wenn noch andere am Tisch saßen. Die anderen Schüler redeten kaum einmal mit ihm und wollten nie seine Meinung zu irgendetwas wissen. Wenn er ihnen doch einmal in einer Situation begegnete, in der sie ihm nicht aus dem Weg gehen konnten, sprachen sie ihn geistesabwesend an, zeigten keinerlei Interesse an dem, was er zu sagen hatte, und widmeten sich schnell irgendetwas anderem.
Er war gern mit Jüngeren zusammen. Sie schenkten ihm ihre Aufmerksamkeit, hörten ihm zu, lachten über seine Witze. Mit Emma, seiner kleinen Schwester, verstand er sich prächtig. Sie war acht und lief ihm überallhin nach. In den Pausen schlenderte er manchmal zur anderen Seite des Schulhofs hinüber und sah den Zweit- und Drittklässlern beim Spielen zu. Er hatte seinen Spaß daran, wie ernsthaft sie sich gaben, wie Miniaturausgaben von Erwachsenen. Er stieß sie auf der Schaukel an oder ging zu Emma, die sich immer freute, ihn zu sehen.
Ihm war klar, dass Emma intelligenter war als er. Sie las jede Woche zwei bis drei Bücher, während er Mühe hatte, sich durch ein Buch zu kämpfen, zum Beispiel
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