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Das verletzte Gesicht

Das verletzte Gesicht

Titel: Das verletzte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Monroe
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Platten weiter, trank Wasser und hantierte mit dem Stiel ihres Weinglases. Nach dem Dinner begann sie jedoch zu spüren, unter welcher Anspannung sie stand.
    Die Familie erhob sich schließlich, Stühle wurden gerückt, und man verfiel in die nach dem Essen üblichen Rituale.
    Luis beorderte Manuel an den Spieltisch zurück, und der trottete gehorsam hin. Zu Luis’ Freude gesellten sich Michael und Bobby dazu. Die Kinder widmeten sich wieder ihrem Monopoly, während ihre Mutter sich demonstrativ mit einem Magazin auf das Sofa setzte, den Rücken zum Esszimmer.
    „Rosa, geh und hilf deiner Mutter in der Küche!“ kommandierte Luis grob.
    „Warum sollte ich? Weil ich eine Frau bin? Ich will nicht. Du hast zwei kraftvolle Söhne. Und Cisco.“ Sie wandte sich an ihren Sohn. „Glaubst du, weil du ein Junge bist, musst du kein Geschirr abwaschen?“
    Cisco reckte trotzig das Kinn vor. „Muss ich nicht. Du kannst mich nicht zwingen!“
    „Was sagst du da?“ Rosa sprang hitzig auf.
    Cisco zuckte sichtbar zusammen, blieb aber standhaft.
    „Er hat Recht“, polterte Luis. „Das ist nicht unsere Tradition. Geh, Rosa. Sei gutes Vorbild für deine Tochter.“
    „Ich bin ein Vorbild für meine Tochter!“
    Charlotte sah, wie Bobby und Michael Blicke tauschten. Interessant, dachte sie.
    „Rede nicht so mit Vater“, mischte sich Manuel ein. Seine dunkle Haut rötete sich, und er warf Rosa einen warnenden Blick zu.
    Seine Warnung schien sie nicht zu beeindrucken. „Es ist nichts, was er nicht schon gehört hätte.“
    „Genug!“ bellte Luis. Die Kinder zuckten zusammen. „Du bist beschämend für Familie.“ Charlotte merkte, dass er ungeduldig in ihre Richtung blickte. Rosa, so dickköpfig wie ihr Vater, zuckte nur gleichmütig die Achseln und setzte sich wieder. Doch ihre Augen sprühten Funken. Die Schultern gestrafft, blätterte sie weiter ihr Magazin durch.
    „Warum bittest du unseren Gast nicht, den Abwasch zu machen? Sie ist auch eine Frau.“ Sie drehte den Kopf und warf Charlotte einen abschätzenden Blick zu. „Oder sind die Filmstarhände zu zart für Küchenarbeit?“
    „Rosa!“ tadelte Michael scharf. „Hast du überhaupt keine Manieren? Charlotte ist unser Gast. Gäste, ob Mann oder Frau, brauchen keinen Finger zu rühren!“
    Charlotte hatte durchaus Verständnis für Rosas Haltung, doch das hier war nicht ihr Kampf. Ihr erschien es richtiger, das Angemessene zu tun, und Marta mit dem Berg Geschirr allein zu lassen, nachdem sie schon das köstliche Mahl zubereitet hatte, war einfach ungerecht.
    Zu helfen war eine Frage des Anstandes und nicht mangelnder Emanzipation.
    „Michael, ich würde gern helfen“, wandte sie beschwichtigend ein, ging zu Marta an den Tisch und nahm ihr eine große Platte ab. „Darf ich?“
    Marta lächelte ihr warmherzig zu. „Sí, wenn Sie wollen?“
    Charlotte begann eine Unterhaltung, während sie den ersten Geschirrstapel in die Küche trugen. Dass Marta, wenn auch manchmal etwas mühsam, Englisch mit ihr sprach, schmeichelte ihr. Offenbar entwickelten sie einen Draht zueinander. Auch wenn sie nur über die Verwendung der verschiedenen Sorten mexikanischen Pfeffers redeten, worin Marta eine Autorität war, diente es dem Kennenlernen.
    Rosa warf ihr allerdings feindselige Blicke zu, da sie sich offenbar von ihr verraten fühlte und ihre Position in der Familie gefährdet sah. Luis verfolgte das Ganze mit einem kleinen, zufriedenen Lächeln.
    Zu Charlottes Freude stand Michael auf, kam an den Esstisch und half abräumen, wobei er sich in die Unterhaltung über Pfeffer einmischte.
    Es war eine Geste der Liebe.
    In der Nacht, als sie in der Hütte in seinen Armen lag, fragte Michael sie nach ihrer Mutter.
    „Was ist das mit deiner Mutter? Du hast mir nie gesagt, dass sie gegen deinen Umzug nach Kalifornien war.“
    „Nein, habe ich nicht“, bestätigte sie und versuchte dem Thema auszuweichen.
    „Ich wusste auch nicht, dass deine Mutter nicht mehr mit dir spricht.“
    „Es war mir peinlich.“
    „Es mir zu sagen? Ich dachte, wir würden uns alles erzählen. Genau das liebe ich so an unserer Beziehung, dass wir total ehrlich zueinander sind.“
    Sie schluckte trocken. „Manchmal ist die Wahrheit schwer zu ertragen. Sie tut einfach weh. Ist das denn so wichtig?“ Auf einen Ellbogen gestützt, wandte sie ihm ihr Gesicht zu.
    „Ob was wichtig ist,
Querida
? Dass du mir alles erzählst? Natürlich ist das wichtig. Ich möchte nicht, dass es Geheimnisse zwischen uns

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