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Das verletzte Gesicht

Das verletzte Gesicht

Titel: Das verletzte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Monroe
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hinter Absperrungen die Filmarbeiten zu verfolgen. Sogar die stolzen und distanzierten Bewohner der Provence gierten nach dem schönen neuen Star aus Amerika, der ihre geliebte Kameliendame verkörperte.
    Vicki stand mit dem Rest der Presse am Rande des Set, als ein aufgeregtes Raunen durch die Menge ging. Alle drängten nach vorn. Die Wohnwagentür öffnete sich, und Charlotte Godfrey kam heraus.
    Sogar Vicki, eine hartgesottene Showbusiness-Reporterin, blickte voller Ehrfurcht auf Charlotte in ihrem spektakulären Kleid in Lavendel und Weiß. Schwer auf den Arm ihres Bodyguards gestützt, ging sie zum Set, vorbei an einer fasziniert starrenden Menschenmenge.
    Charlottes Kleid würde zweifellos einen Oscar für das beste Kostüm gewinnen. Seinen ganzen Charme verlieh ihm jedoch die Frau, die es trug. In ihr goldenes Haar waren Kamelien geflochten. Ihr Gesicht war bleich wie die Blüten, und sie wirkte unglaublich zerbrechlich. Charlotte Godfrey schien die Menge nicht zu bemerken, als sie zum Drehort geführt wurde. Sie blickte geradeaus, gelassen und konzentriert, fast hypnotisiert. Vicki Ray beschrieb es später besser in ihrem Bericht: „Wie jemand in Trance“.
    Die ausländischen Fans akzeptierten das als Konzentration und waren nicht beleidigt, als sie vorbeiging und die Menschen ignorierte. Sie verstummten ehrfurchtsvoll und flüsterten bestenfalls Komplimente. Im Gegensatz zum amerikanischen Publikum, das Winken und Lächeln erwartete und es übel nahm, übersehen zu werden. Vicki vermutete, dass diese Konzentration Charlotte den Ruf eingebracht hatte, ein eingebildeter Snob zu sein. In gewisser Weise machte sie das noch neugieriger auf die private Charlotte Godfrey.
    Zweifellos war ihre schauspielerische Leistung genial. Entweder sie war die beste, methodischste Schauspielerin, die sie je erlebt hatte, oder die Frau war tatsächlich krank. Und Joel ließ nicht locker. Er ließ die Szene zuerst als Ganzes aufnehmen. Dann folgten mehrere Nahaufnahmen, meistens von Charlottes, aber auch von dem ausdrucksvollen Gesicht ihres Filmpartners. Joel verlangte Authentizität, und nach Charlottes Blässe zu urteilen, bekam er sie. Niemand glaubte den Mist, den ihr Agent verbreitete, sie leide unter einer Allergie. Als sie in der Todesszene hustete und keuchte, trat sogar ihr Bodyguard besorgt vor, die stechenden dunklen Augen auf sie gerichtet. Was geht hier vor? fragte sich Vicki.
    „Wunderbar! Schnitt und fertig!“ rief Joel strahlend. Die Mannschaft applaudierte, glücklich über die Leistung und das Ende der Szene. Es war für alle ein langer Tag gewesen. Charlotte Godfrey wurde von ihrem Bodyguard fast zum Wohnwagen getragen. Niemand bekam Zugang zu dem Star. Vicki war jedoch entschlossen, ihre Story zu bekommen. Diese Godfrey faszinierte sie.
    „He, Joel!“ rief sie und trottete hinter dem Regisseur her. „Vicki Ray von ‚ET‘. Irgendein Kommentar zum Film oder seinem Star?“
    Der geheimnisvolle Regisseur, groß und dünn, wandte sich finster blickend an seinen PR-Direktor, einen Mann mit sensiblem Gesicht, Ralph-Lauren-Brille und langen, lockigen Haaren. Vicki hatte ihn mit ihrer Entschlossenheit bereits überrumpelt. Der arme Mann wand sich regelrecht unter dem Blick des Meisters.
    „Sag ihr, ich treffe mich morgen Nachmittag um vier mit ihr und allen anderen Journalisten.“
    „Was? Damit bleibt Ihnen genügend Zeit, Charlotte Godfrey in Paris in ein Flugzeug zu setzen!“
    Die Presse wusste, dass die Produzenten von
Camille
keinen Kontakt mit dem Star wünschten, bis die Ausschnitte für die Vorabveröffentlichung herauskamen. Die Cutter arbeiteten bereits daran, ehe sie den eigentlichen Film in Angriff nahmen. Der Druck war groß, und man wollte die Erwartungshaltung schüren.
Camille
würde ein Knüller werden, das wussten alle. Produzent und Regisseuer wollten ihn vor den Feiertagen und den Oscarverleihungen herausbringen. Das war der Weg von Kassenschlagern.
    „Kommen Sie schon“, drängte Vicki Ray. „Ein kurzer Kommentar.“
    Schaeffer drehte sich um, das Gesicht angespannt. Der PR-Mann vertrat ihr den Weg. Einen Moment lang dachte Vicki, sie hätte das Interview geschmissen. Doch dann funkelten Schaeffers Augen vergnügt, und er winkte seinen PR-Mann beiseite.
    „Sie dürfen mich zitieren, dass Charlotte Godfreys Leistung genial war. Sie ist besser als die Garbo.“ Er machte eine Pause und sah seinen PR-Mann an. Dann lächelte er breit und selbstzufrieden. „Sagen Sie dem Publikum,

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