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Das verletzte Gesicht

Das verletzte Gesicht

Titel: Das verletzte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Monroe
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für Bobby. Er wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn und betrachtete die Hütte, an die er soeben letzte Hand anlegte. Sie würde einmal Bobby gehören, damit er eine eigene Bleibe hatte. Das frisch geschlagene Holz wirkte freundlich. Ein gutes Omen.
    Er hörte seinen Bruder rufen und sah ihn den Weg vom Haupthaus den Hügel heraufkommen. Michael hatte bewusst diesen Platz am Quellteich für die Hütte ausgesucht, in beruhigender, aber noch akzeptabler Entfernung vom Haus der Eltern. Bobby brauchte vielleicht einmal Pflege, falls sich sein Zustand verschlimmerte. Sogar aus der Ferne war jedoch zu erkennen, dass sich sein Zustand deutlich verbessert hatte. Das gab ihm Hoffnung. Vielleicht wurde er nie zum Pflegefall. Bobbys Gesicht war voller geworden, und die Wangen hatten eine gesündere Farbe. Was Luis zu dem freudigen Ausruf veranlasste: „Er hat wieder Fleisch auf den Knochen!“
    „Du siehst gut aus, Bruderherz. Wie fühlst du dich?“
    „Ich weiß nicht recht.“ Bobby rieb sich den Bauch. „Mamacita hat mich gerade mit meiner morgendlichen Ration abgefüllt. Was glaubst du, wie viel Chilipfeffer man essen kann, ehe es einem ein Loch in den Bauch brennt? ‚Die Hitze tötet Keime ab.‘“
    Beide lachten über Bobbys Imitation ihrer Mutter. Sie sahen sich lächelnd in die Augen und wussten natürlich, dass Bobbys Erholung auf die Behandlung mit dem neuen Medikament zurückzuführen war. Es gab bereits Anzeichen, dass sich die Anzahl der Viren im Blut verringerte. Man hoffte, dass sie weiter zurückgingen, eine atemberaubende Hoffnung, die keiner laut auszusprechen wagte.
    Zusätzlich zu Mamacitas gutem Essen nahm Bobby Mengen von Vitaminen, Mineralstoffen und Kräutermitteln zu sich. Während des Winters waren Übelkeit und Müdigkeit seine ständigen Begleiter gewesen. Doch er hatte den Schein gewahrt und nur Michael gezeigt, wie sehr er litt. Seit Frühlingsbeginn wurde es jedoch besser, was ihn in geradezu euphorische Stimmung versetzte. Michael hatte ihm 15.000 Dollar für die jährliche Medikamentenration gegeben und dabei gewusst, dass Bobby es nie zurückzahlen konnte.
    „Wie wäre es, wenn du mit anfasst?“ fragte er Bobby. „Schließlich ist es dein verdammtes Haus.“
    „O nein,
hermano
. Du suchst nur wieder Hilfe für lau. Ich weigere mich zwar, dein Haus anzunehmen, aber ich werde dir helfen, es zu bauen. Also, welches der Werkzeuge ist ein Hammer?“
    „Sehr witzig.“ Michael warf ihm den Hammer zu. „Keiner von uns kann lange mit Papa zusammenleben. Und da ich nicht vorhabe, hier Wurzeln zu schlagen …“, er sah Bobby ruhig in die Augen, „… gehört das Haus dir.“
    Bobby schüttelte den Kopf, kam näher und nahm sich ein Bier aus dem Kühler. „Ich dachte, du würdest dein Leben hier genießen. Es läuft doch alles wunderbar für dich. Das Geschäft fährt jetzt den Lohn deiner Mühen der letzten drei Jahre ein. In diesem Frühling steht das Telefon nicht still.“ Er verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln. „Alle Hausfrauen aus den Vororten fragen nach dem attraktiven Mr. Mondragon.“
    „Komisch. Zu mir dringen die Anfragen nicht durch.“
    „Charlotte würde sich meinen Kopf auf dem Silbertablett servieren lassen, wenn ich sie an dich durchstellte. Ich gebe sie weiter an Papa. Er denkt, die Damenwelt verlangt nach ihm.“
    „Deshalb stolziert er mit stolzgeschwellter Brust einher.“
    „Nicht nur Brust.“
    Michael lachte laut auf, nahm das kühle Bier, das Bobby ihm reichte, und trank einen kräftigen Schluck. „Tut das gut. Meine Kehle war ausgedörrt.“
    „Wundert mich nicht, du arbeitest wie ein Sklave.“
    „Ich hatte eine Menge Zeit totzuschlagen.“ Er nahm noch einen Schluck und versuchte nicht daran zu denken, wie einsam er sich ohne Charlotte fühlte.
    Bobby wusste das und wechselte das Thema. „Du hast selbst Grund, dich stolz in die Brust zu werfen, Miguel. Sieh dich um hier, das ist alles dein Werk.“
    Michael war sich dessen bewusst. „Ja, das Geschäft läuft ganz gut“, bestätigte er bescheiden.
    „Ganz gut? Der Laden brummt. Der Umsatz hat sich verdoppelt, und die Pflanzen auf den Feldern stehen wunderbar. Rosa und Manuel sollten dir die Füße küssen.“ Bobby betrachtete ihn forschend. „Was du hier erreicht hast, scheint dir kein besonderes Vergnügen zu bereiten, oder?“
    „Gute Frage. Manchmal gehe ich abends über die Felder, sehe die stabilen jungen Bäume oder die sprießenden Blumen und denke, ja, das Leben

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