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Das Verlies

Das Verlies

Titel: Das Verlies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Tathergang hatte er genau so geschildert, wie Durant und ihre Kollegen es bereits vermutet hatten. Was also störte sie? Hellmer war im Augenblick keine große Hilfe, für ihn war der Fall beendet. Er war ein lieber Kerl, aber manchmal ging er ihr auf die Nerven. Sie wusste nicht mehr, was sie glauben sollte, und als sie zu Ende gegessen hatte und sich eine Dose Bier aus dem Kühlschrank holte und dabei eine Zigarette rauchte, sagte sie sich, dass Hellmer wohl Recht hatte, wenn er behauptete, sie würde sich in etwas verrennen. Ein Blick auf die Uhr, fünf nach neun. Sie griff zum Telefonhörer und tippte die Nummer ihres Vaters ein. Sie brauchte jetzt jemanden, mit dem sie reden konnte, ohne dumm angemacht zu werden.
    »Hi, Paps, ich bin’s.«
    »Das ist schön, dass du anrufst, ich habe gerade an dich gedacht. Eigentlich habe ich den ganzen Tag über an dich gedacht, frag mich aber nicht, warum. Wie geht’s dir?«
    »Frag lieber nicht. Ich wollte mich nur mal melden. Was machst du gerade?«
    »Ich sitze hier und lese und höre dabei ein bisschen Musik. Was soll ein alter Mann wie ich schon großartig machen? Du hörst dich aber nicht gut an. Komm, sag mir, was dich bedrückt. Ein Mann?«
    »Wenn’s das bloß wäre«, antwortete sie und seufzte auf. »Nein, ich bearbeite gerade einen ziemlich blöden Fall. Mein Bauch sagt mir, dass die Sache zum Himmel stinkt, aber die Fakten sehen nun mal anders aus.«
    »Was ist das für ein Fall?«
    »Vor zwei Tagen ist ein ziemlich angesehener Autohändler verschwunden. Wir haben natürlich seine Frau und seine Angestellten befragt, aber es gab keine Hinweise, dass irgendjemand aus seinem direkten Umfeld etwas damit zu tun haben könnte. Dazu muss ich sagen, dass dieser Typ ein ziemlich gespaltenes Verhältnis zu Frauen hat, das heißt, er wendet gerne Gewalt an. Eine ehemalige Mitarbeiterin war seine Geliebte, und als sie Schluss machen wollte, hat er sie auf das Schrecklichste gedemütigt. Mit seiner Frau ist er laut ihrer Aussage nicht anders verfahren, und immerhin waren die beiden dreizehn Jahre verheiratet. Na ja, um es kurz zu machen, sie hatte einen Geliebten, den besten Freund und Anwalt ihres Mannes …«
    »Moment, was heißt, sie hatte einen Geliebten …«
    »Gleich. Wir haben eine Hausdurchsuchung bei ihr durchgeführt, haben auch was gefunden, aber nachdem wir weg waren, muss sie gleich zu ihrem Geliebten gefahren sein. Heute Mittag dann wurde das Auto dieses Mannes ausgebrannt gefunden, und in dem Auto waren die Leichen von der Frau und ihrem Geliebten. Beide haben allem Anschein nach Selbstmord begangen. Der Einzige, der überlebt hat, ist der Entführte. Er hat nur zwei Schussverletzungen, die jedoch beide nicht lebensbedrohlich sind. Von seiner Frau wissen wir, wie es um die Ehe bestellt war, und das hat uns auch sein Bruder bestätigt. Als Frank und ich vorhin bei dem Mann in der Klinik waren, hat er uns aber eine völlig andere Geschichte aufgetischt. Du kennst das ja, wenn die Leute von heiler Welt reden, und in Wirklichkeit ist es wie Sodom und Gomorrha. Und jetzt sitz ich hier und weiß nicht mehr, was ich noch glauben soll.«
    »Jetzt mal langsam. Da ist einer am Dienstag entführt worden. Und heute haben sich seine vermeintlichen Entführer das Leben genommen, aber er hat überlebt. Hab ich das richtig verstanden?«
    Julia Durant lachte auf und antwortete: »Ich sollte vielleicht mal einen Rhetorikkurs bei dir belegen. Du hast es in wenigen Worten auf den Punkt gebracht. Genauso war es.«
    »Und wo war er in den zwei Tagen?«
    »Das kann er uns nicht sagen.«
    »Und wo liegt jetzt dein Problem?«
    »Das wüsste ich selber gerne. Ich habe mich lange und ausführlich mit seiner Frau unterhalten, und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass sie diese Tat begangen haben soll. Dann habe ich heute auch mit der Frau des andern Toten lange gesprochen, die mir gegenüber behauptet hat, ihr Mann habe am Leben gehangen wie kaum ein anderer. Aber jetzt sind zwei Menschen tot … Ich hab was vergessen. Die Tote hat einen zwölfjährigen Sohn, der für sie der ganze Lebensinhalt war. Der Bruder des Entführten beteuert, sie hätte ihren Sohn niemals allein zurückgelassen … Nun, jedenfalls sind zwei Menschen tot, von denen mir gesagt wurde, sie wären zum einen nie im Leben zu einem Verbrechen fähig, nicht einmal zu ganz normaler Gewalt, und zum andern, sie hätten auch niemals Selbstmord begangen, weil da eben noch Personen waren, die ihnen viel

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