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Das Verlies

Das Verlies

Titel: Das Verlies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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bedeutet haben. Klar, die beiden hatten eine Liaison, aber das allein kann nicht der Auslöser gewesen sein. Ich komm einfach nicht weiter.«
    »Welchen Eindruck hattest du von der Frau?«
    »Um ganz ehrlich zu sein, ich hätte sie am liebsten in den Arm genommen und sie getröstet. Ich habe schon viel mit Verbrechern zu tun gehabt, und glaub mir, diese Frau hätte weiterhin alle Demütigungen seitens ihres Mannes erduldet, aber sie hätte keine Gewalt ihm gegenüber angewandt. Und jetzt frage ich mich, ob ich mich so in ihr getäuscht habe oder ob das alles ganz anders abgelaufen ist.«
    »Und der Geliebte?«
    »Den hab ich nur kurz gesehen, Frank hat länger mit ihm gesprochen. Seine Frau beschreibt ihn als gutmütig und liebevoll,auch wenn sie’s so direkt nicht ausgesprochen hat. Aber sie kann den andern, den, der entführt wurde, nicht leiden.«
    »Du hast auch noch von einem Bruder gesprochen. Was sagt der denn?«
    »Der lebt seit vielen Jahren in Feindschaft mit seinem Bruder, aber er ist ein netter Kerl. Der behauptet auch steif und fest, dass seine Schwägerin im Leben nicht zu einem Verbrechen fähig gewesen wäre. Tja, eine verzwickte Sache, oder?«
    »Hört sich zumindest ziemlich verworren an. Was sind denn deine Gedanken?«
    »Ich weiß es nicht. Am liebsten wäre mir, es hätte sich alles so abgespielt, wie ich es geschildert habe …«
    Sie machte eine Pause, und als sie nicht weitersprach, meinte ihr Vater: »Aber du zweifelst, weil du dich in die Menschen hineinversetzen kannst. Ich sage nur, nutze diese Gabe und tu, was du für richtig hältst.«
    »Wenn ich nur wüsste, was richtig ist. Ich dreh mich im Kreis und weiß genau, dass ich heute Nacht nicht schlafen kann, weil ich andauernd an diese Sache denken muss.«
    »Gut, dann werde ich dir einen Anstoß geben. Du wagst nicht auszusprechen, was du denkst. Dann werde ich es für dich tun. Du denkst, dass der Entführte selbst aktiv in die Sache verwickelt ist. Verbessere mich, wenn ich mich irre.«
    »Nein, du irrst dich nicht. Ich frage mich nur, wie hat er das angestellt, wenn es so sein sollte. Das würde nämlich bedeuten, dass er seine Frau und seinen Freund auf dem Gewissen hat. Aber das klingt so absurd, wenn ich das morgen meinem Chef erzähle, der lacht mich doch aus. Alle werden mich auslachen. Ich will einfach keinen Fehler machen.«
    »Du machst keinen, wenn du versuchst die Wahrheit herauszufinden. Julia, ich kann es nur wiederholen, tu, was du für richtig hältst, und pfeif auf die Meinung der andern. Und solltest du wider Erwarten einen Fehler machen, du meine Güte, du hast so viel für die Abteilung geleistet, man wird dir verzeihen.«
    »Hoffentlich. Aber erst muss ich Berger überzeugen, dass er mich weiter an dem Fall arbeiten lässt.«
    »Du wirst ihn überzeugen. Und jetzt versuch einfach, nicht mehr daran zu denken, zumindest nicht bis morgen früh. In Ordnung?«
    »Ach Paps, wenn ich dich nicht hätte. Ich ruf morgen Abend wieder an, um dir zu berichten, wie’s gelaufen ist. Gute Nacht und schlaf gut.«
    Sie legte auf und wollte sich gerade eine zweite Dose Bier holen, als das Telefon klingelte. Corinna Becker.
    »Frau Durant, ich habe schon eine ganze Weile versucht, Sie zu erreichen. Ich habe vergessen, Ihnen etwas zu erzählen. Gestern Abend hat mein Mann zu mir gesagt, dass er mit mir im November auf die Seychellen fahren will. Sagt so etwas ein Mann, der vorhat, sich umzubringen?«
    »Das hat er gestern zu Ihnen gesagt?«, fragte Durant mit zusammengekniffenen Augen, was Corinna Becker nicht sehen konnte.
    »Ja, und zwar kurz bevor ich zu Bett ging. Er hat mich in den Arm genommen und gemeint, wir sollten mal richtig ausspannen und weit wegfahren. Die Kinder wären so lange bei meiner Mutter geblieben und … Was soll ich sagen, er hat richtig aufgekratzt gewirkt. Ich bin sicher, er wollte es für uns tun. Frau Durant, das alles macht mich sehr nachdenklich.«
    »Das kann ich gut verstehen, aber es ändert momentan nichts an den Tatsachen. Ich melde mich morgen noch einmal bei Ihnen. Ist Ihre Mutter noch da?«
    »Ja, sie will bleiben, bis es mir etwas besser geht. Ich wollte es Ihnen nur sagen. Gute Nacht.«
    Julia Durant legte auf und nahm die Dose Bier mit ins Bad. Das Wasser war inzwischen abgekühlt. Sie ließ sich heißes dazulaufen und legte sich hinein. Sie würde morgen mit Berger und den andern sprechen und Fragen aufwerfen. Und sie hoffte auf eine ruhige Nacht ohne Albträume. Um halb elf ging sie zuBett,

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