Das verlorene Gesicht
bringe Eve ein Sandwich. Sie hat das Labor noch nicht einmal verlassen.«
»Sie wird dir bestimmt dankbar sein, dass du ihr zu essen gestattest.«
»Spar dir den Sarkasmus.«
»Das war nicht sarkastisch gemeint. Ich meine es ernst. Jetzt wo du sie so weit hast, wirst du wahrscheinlich die Peitsche schwingen, bis du kriegst, was du willst.«
»Das lässt sie nicht zu. Brauchst du irgendwas?«
»Meinen CD-Spieler und meine CDs.« Gil grinste. »Wie dick sind diese Wände? Ich dachte, ich könnte dich vielleicht mit ›Coal Miner’s Daughter‹ von ›Loretta Lynn‹ quälen.«
»Falls du das tust, werde ich die gute Margaret damit beauftragen, bei dir Florence Nightingale zu spielen.«
»Das würdest du nicht wagen. Ich bin ein kranker Mann.« Sein Lächeln verschwand. »Was glaubst du, wie viel Zeit uns noch bleibt?«
»Höchstens drei Tage. Wenn sie erst mal dahinterkommen, dass sie den falschen Schädel haben, erklären sie uns den Krieg. Bis dahin müssen wir hier raus sein.« Er ging auf die Tür zu. »Also erhol dich und sieh zu, dass du wieder auf die Beine kommst.«
»Morgen. Dann bin ich wieder fit und im Kutscherhaus im Einsatz. Ich hätte schon Lust, mich noch ein bisschen mit Loretta und Garth Brooks im Bett herumzulümmeln, aber bei der Aussicht, dass Margaret mich pflegt, lass ich das lieber.«
Logan schloss die Tür und ging hinunter in die Küche. Eine Viertelstunde später klopfte er, ein Tablett mit einem Schinkensandwich und einer Tasse Gemüsesuppe in der Hand, an die Tür das Labors.
Keine Reaktion.
»Darf ich eintreten?«
»Ich habe zu tun.«
»Ich bringe Ihnen etwas zu essen. Sie müssen ab und zu Pause machen und sich ein wenig stärken.«
»Stellen Sie es ab, ich werde mich später darüber hermachen.«
Logan zögerte, doch dann stellte er das Tablett neben der Tür ab. »Warten Sie nicht zu lange. Sonst wird die Suppe kalt.«
Himmel, er klang schon wie eine nörgelnde Ehefrau. Wie tief die Mächtigen fallen konnten. Gut, dass Margaret nicht in der Nähe war und diese schnippische Zurückweisung mitbekam. Sie hätte sich köstlich darüber amüsiert.
Kapitel 10
» Du hast dein Abendessen nicht angerührt. Du kannst nicht arbeiten, wenn du nicht isst, Mama. «
Langsam hob Eve den Kopf vom Arbeitstisch.
Bonnie hockte auf dem Boden neben der Tür, die Arme um die Knie geschlungen. » Und es ist dumm, an deinem Arbeitstisch einzuschlafen, wenn du ein Bett zur Verfügung hast. «
» Ich wollte nur ein paar Minuten die Augen zumachen « , sagte Eve. » Ich habe viel Arbeit. «
» Ich weiß. « Bonnie betrachtete den Schädel auf dem Sockel. » Gute Arbeit. «
» Gut? «
» Ich glaube schon. « Bonnie legte nachdenklich die Stirn in Falten. » Ich bin mir nicht ganz sicher. Ich glaube, sie ist wichtig. Deswegen habe ich dich zum Friedhof gerufen. «
» Du hast mich nicht gerufen. Es war ein spontaner Impuls. «
Bonnie lächelte. » Wirklich? «
» Vielleicht haben auch all die Blumen auf den Gräbern eine unterschwellige Botschaft ausgesendet. Ich wusste, dass Logan hinterhältig ist, und vielleicht hatte ich den Verdacht, dass er – hör auf zu grinsen. «
» Tut mir Leid. Ich bin sehr stolz auf dich. Es ist schön, eine Mutter zu haben, die so klug ist. Sie irrt sich zwar, aber sie ist trotzdem sehr klug. « Sie schaute wieder zu dem Schädel hinüber. » Du kommst ziemlich gut voran mit Jimmy, nicht wahr? «
» Es geht. Ich habe ein paar Probleme. «
» Du wirst sie schon lösen. Ich helfe dir. «
»Was?«
» Ich versuche immer, dir zu helfen, bei allem, was du tust. «
» Oh, du bist also mein Schutzengel? Wahrscheinlich hast du mich auch in der Limousine beschützt. «
» Nein, da konnte ich nichts tun. Es hat mir zu viel Angst gemacht. Ich möchte bei dir sein, aber noch nicht. Deine Zeit ist noch nicht gekommen und es würde das Gleichgewicht durcheinander bringen. «
» Blödsinn. Wenn es irgendeine Form des Gleichgewichts in diesem Universum gäbe, wärst du mir nie weggenommen worden. «
» Ich weiß nicht, wie es funktioniert. Manche Dinge gehen einfach schief. Aber ich will nicht, dass es für dich schief geht, Mama. Deswegen musst du jetzt sehr vorsichtig sein. «
» Ich bin vorsichtig und ich tue mein Bestes, um hier rauszukommen. Deswegen arbeite ich an Jimmy. «
» Ja, Jimmy ist wichtig. « Bonnie seufzte. » Ich wünschte, er wäre es nicht. Dann wäre alles viel einfacher. « Sie lehnte sich gegen die Wand. » Ich sehe schon, wie du dich in den nächsten Tagen bis an den Rand der
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