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Das verlorene Gesicht

Das verlorene Gesicht

Titel: Das verlorene Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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allem, was er ihr angetan hatte, würde sie ihm am liebsten sagen, er solle in den nächsten See springen. Andererseits konnte ein Waffenstillstand nötig sein, wenn sie sicher aus dieser Sache herauskommen wollte. Sie hob eine Schulter.
»Meinetwegen, wenn Sie den Mund halten. Wahrscheinlich werde ich Sie gar nicht wahrnehmen. Aber ein Wort und Sie fliegen raus.«
»Okay, kein Wort.« Er ging auf die Tür zu. »Sie werden mich nicht bemerken. Ich werde Ihnen zu essen und zu trinken bringen und mich dann wie eine brave Hauskatze in der Ecke zusammenrollen.«
»Ich kenne keine brave Katze.« Sie trat auf den Sockel zu und begann bereits, ihn auszublenden. »Seien Sie einfach still …«

Chevy Chase Mittwochnachmittag
    »Sie scheinen nicht besonders schnell voranzukommen, Doprel«, sagte Fiske. »Und Sie haben noch nicht mal angefangen, an dem Schädel zu arbeiten.«
    »Ich arbeite nie am Schädel«, erwiderte Doprel. »Ich mache einen Abdruck und an dem arbeite ich dann.« »Macht das jeder? Kommt mir vor wie reine
    Zeitverschwendung.«
»Nein, das macht nicht jeder, aber ich bevorzuge diese
    Methode«, antwortete Doprel ärgerlich. »Sie ist sicherer. Man muss nicht so vorsichtig sein wie bei der Arbeit am Schädel selbst.«
    »Timwick will das hier schnell erledigt haben. Dieser Abdruck ist –«
    »Ich arbeite auf meine Weise«, sagte Doprel kühl. »Meiner Meinung nach geht es sogar schneller, wenn man nicht so vorsichtig sein muss.«
    »Es ist Timwick egal, ob der Schädel beschädigt wird. Wir haben keine Zeit für einen Abdruck.« Er überlegte. »Ich dachte, Sie wollten das hier so schnell wie möglich hinter sich bringen, damit Sie nach Hause zurückkehren können.«
    »Das ist nicht der Grund, warum ich –« Er zögerte. »Zum Teufel damit. Was kümmert’s mich, ob der verdammte Schädel in die Brüche geht? Ich werde an dem Schädel arbeiten. Und jetzt lassen Sie mich allein, Fiske. Sie haben die Aufgabe, mir zu essen und zu trinken zu bringen, und nicht, meine Arbeitsmethoden zu kritisieren.«
    Dieser arrogante Arsch, dachte Fiske. Er behandelte ihn wie einen kleinen Dienstboten. Aber er hatte schon öfter mit solchen Wissenschaftlertypen zu tun gehabt. Sie hielten sich für besser und intelligenter als alle anderen. Mit seiner ganzen Ausbildung und seinem ganzen Grips würde Doprel in tausend Jahren nicht fertig bringen, was Fiske leistete. Dazu war er weder gerissen noch mutig genug.
    Aber vielleicht würde Doprel seinen Fehler erkennen, bevor das hier vorbei war. Timwick hatte gesagt, das hinge von den Ergebnissen ab. Fiske grinste. »Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten.« Er wandte sich zum Gehen. »Ich werde Ihnen eine Kanne Kaffee machen.«

Barrett House Mittwoch 22.50 Uhr
    Fertig. Eve trat zurück, nahm ihre Brille ab und rieb sich die schmerzenden Augen mit dem Handrücken. Die Plastilinstreifen waren angebracht und ihre Augen waren übermüdet. Sie wagte nicht, mit dem nächsten Schritt zu beginnen; sie konnte nicht riskieren, einen Fehler zu machen. Sie würde sich hinsetzen, sich eine Stunde ausruhen und dann weitermachen. Sie ging an ihren Schreibtisch, ließ sich auf den Stuhl sinken, lehnte sich zurück und schloss die Augen. »Alles in Ordnung?«, fragte Logan. Sie zuckte zusammen und fuhr herum. Gott, sie hatte ganz vergessen, dass er da war. Während der vergangenen vierundzwanzig Stunden war er wie ein Geist aus und ein gegangen und sie konnte sich nicht erinnern, dass er auch nur ein Wort gesagt hätte. Vielleicht hatte er mit ihr gesprochen. Sie war so vertieft in die Arbeit an Jimmy gewesen, dass sie sich kaum an die vergangenen Stunden erinnern konnte. Sie hatte ihre Mutter einmal angerufen, aber sie wusste nicht mehr, was sie gesagt hatte. »Alles in Ordnung?«, wiederholte Logan. »Natürlich. Ich ruhe mich nur ein bisschen aus. Meine Sehkraft ist nicht mehr die beste und meine Augen sind überanstrengt.« »Kein Wunder. Ich habe noch nie jemanden so intensiv arbeiten sehen. Michelangelo war wahrscheinlich weniger konzentriert, als er den David schuf.« »Er hatte auch mehr Zeit.« »Wie sieht’s denn aus?« »Ich weiß es nicht. Das weiß ich immer erst, wenn ich fertig bin. Die Vorarbeiten sind erledigt. Jetzt kommt der schwierige Teil.« »Sie sollten sich ein wenig ausruhen.« Er saß scheinbar ganz locker da, aber sie spürte plötzlich seine Anspannung. »Ich wollte mich ja gerade ausruhen«, sagte sie trocken. »Tut mir Leid. Ich wollte Ihnen nur behilflich sein.« Er

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