Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das verlorene Gesicht

Das verlorene Gesicht

Titel: Das verlorene Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
Vom Netzwerk:
gehen.« Sie warf ihm einen kühlen Blick zu. »Und eins möchte ich gleich klarstellen. Sobald der Beweis erbracht ist, dass der Schädel nicht Kennedy gehört, rufe ich die Zeitungen an und sage ihnen, was Sie für ein Arsch sind.«
»Einverstanden.«
»Und ich lasse mich nicht von der Außenwelt abschneiden. Ich werde täglich meine Mutter und Joe anrufen.«
»Habe ich je versucht, Sie davon abzuhalten? Sie sind keine Gefangene. Ich hoffe, wir können zusammenarbeiten.«
»Unwahrscheinlich.« Sie öffnete die Tür zum Labor. Die Kiste stand mitten auf dem Arbeitstisch und sie ging mit forschen Schritten darauf zu. »Ich arbeite allein.«
»Darf ich fragen, wie lange Sie brauchen werden?«
»Das hängt davon ab, in welchem Zustand sich der Schädel befindet. Wenn er nicht aus lauter kleinen Stücken besteht, vielleicht zwei, drei Tage.«
»Mir kam er ziemlich intakt vor.« Er überlegte. »Versuchen Sie, es in zwei Tagen zu schaffen, Eve.«
»Drängen Sie mich nicht, Logan.«
»Ich muss Sie drängen. Ich weiß nicht, wie viel Zeit ich herausgeschunden habe. Timwick wird nicht einfach davon ausgehen, dass er im Besitz des richtigen Schädels ist. Er wird ihn von einem Ihrer Kollegen untersuchen lassen. Früher oder später wird er wissen, dass er den falschen hat.«
»Wenn ich Sie richtig verstanden habe, wird er nicht riskieren, den Schädel identifizieren zu lassen.«
»Doch, denn es bleibt ihm nichts anderes übrig. Er würde nicht wagen, auf DNA-Analysen oder Zahnbefunde zurückzugreifen, aber er muss den Schädel identifizieren lassen. Und es gibt immer Möglichkeiten, Leute, die zu viel wissen, aus dem Weg zu schaffen. Also, wenn der Rekonstrukteur gut ist … wie lange? Zwei Tage?«
»Das hängt davon ab, ob er an einem Abdruck des Schädels oder an dem Schädel selbst arbeitet. Und ob er bereit ist, sich unter Druck zu setzen.«
»Er braucht sich nicht unter Druck zu setzen, das wird Timwick schon für ihn übernehmen. Wer ist gut genug?«
»Es gibt nur vier oder fünf gute forensische Rekonstrukteure in Amerika.«
»Das habe ich in Erfahrung gebracht, als ich einen brauchte. Meinem Anwalt bereitete es nicht viel Arbeit, die Liste zusammenzustellen.«
Sie öffnete die Kiste. »Ich wünschte, Sie hätten sich für jemand anders entschieden.«
»Aber Sie sind die Beste. Ich musste die Beste haben. Wer ist der Zweitbeste?«
»Simon Doprel. Er hat das richtige Gespür.«
»Gespür?«
Sie zuckte die Achseln. »Man macht die Messungen und die Berechnungen, aber wenn es ans Modellieren geht, muss man sich auf seinen Instinkt verlassen. Es ist, als würde man spüren, was richtig und falsch ist. Manche haben es, manche nicht.«
»Interessant.« Er verzog das Gesicht. »Und vielleicht ein bisschen unheimlich.«
»Seien Sie nicht blöd«, sagte sie kühl. »Es ist ein Talent, nicht irgendein überirdischer Schwachsinn.«
»Und Doprel besitzt dieses Talent auch?«
»Ja.« Vorsichtig nahm sie den angesengten Schädel aus der Kiste. Kaukasisch. Männlich. Die Gesichtsknochen fast intakt. Ein Gutteil der hinteren Schädeldecke fehlte.
»Nicht sehr hübsch, was?«, sagte Logan.
»Sie wären auch nicht hübsch, wenn Sie das durchgemacht hätten, was er durchgemacht hat. Donnelli hatte Glück. Das Gehirn hätte nach vorne statt nach hinten explodieren können und dann hätte es keine Erpressung gegeben … und keine Rekonstruktion.«
»Das Gehirn ist durch das Feuer explodiert?«
Sie nickte. »Das passiert fast immer bei Leuten, die verbrennen.«
Er kam noch einmal auf das andere Gesprächsthema zurück. »Doprel wäre also ein Experte erster Wahl?«
»Falls Timwick ihn für sich gewinnen kann. Er arbeitet hauptsächlich für die Kripo New York.«
»Timwick wird ihn bekommen.« Er betrachtete den Schädel. »Zwei Tage, Eve. Bitte.«
»Ich bin fertig, wenn ich fertig bin. Keine Sorge, ich werde schon keine Zeit verschwenden. Ich will das hinter mich bringen.« Sie trat an den Sockel und platzierte den Schädel in die Mitte. »Und jetzt verschwinden Sie. Ich muss Messungen vornehmen und mich konzentrieren.«
»Zu Befehl, Ma’am.« Dann wurde die Tür geschlossen.
Sie hatte die ganze Zeit den Blick nicht von dem Schädel abgewendet. Hatte Logan ausgeblendet. Jede Messung musste exakt sein.
Aber noch nicht. Zuerst musste sie wie immer einen Bezug herstellen. Wahrscheinlich würde es in diesem Fall schwieriger sein, weil es sich nicht um ein Kind, sondern um einen Erwachsenen handelte. Sie musste daran denken, dass er auch ein

Weitere Kostenlose Bücher