Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Verlorene Labyrinth

Das Verlorene Labyrinth

Titel: Das Verlorene Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
Vom Netzwerk:
den linken Daumen abgetrennt. Aber er war nicht ausgeraubt worden. Ich kann nicht sagen warum, aber ich musste an dich denken. Ich dachte, dass der Mann mit dir verwechselt worden war.« Er zögerte. »Und davor hatte es noch andere Hinweise gegeben. Ich habe Alaïs ein wenig ins Vertrauen gezogen, für den Fall, dass mir etwas zustoßen würde und ich nicht mehr nach Carcassona zurückkehren könnte.«
    Das ist der richtige Zeitpunkt, um ihm zu erzählen, warum du gekommen bist.
    »Vater, seit Eurer ...«
    Er hob eine Hand, um sich nicht schon wieder unterbrechen zu lassen. »Gibt es irgendwelche Anzeichen dafür, dass dein Aufenthaltsort entdeckt worden ist, Simeon? Entweder von den Leuten, die dich schon in Chartres gesucht haben, oder von anderen?« Simeon schüttelte den Kopf. »In letzter Zeit, nein. Es ist über fünfzehn Jahre her, seit ich in den Süden gekommen bin, und glaub mir, es ist in der ganzen Zeit nicht ein einziger Tag vergangen, an dem ich nicht damit gerechnet hätte, ein Messer an der Kehle zu spüren. Aber wenn du mich fragst, ob mir irgendetwas Ungewöhnliches aufgefallen ist, nein.«
    Alaïs konnte nicht länger schweigen. »Vater, was ich zu sagen habe, betrifft diese Angelegenheit. Ich muss Euch erzählen, was geschehen ist, seit Ihr Carcassona verlassen habt. Bitte.«
     
    Als Alaïs gesprochen hatte, war das Gesicht ihres Vaters dunkelrot angelaufen. Sie fürchtete, dass er die Beherrschung verlieren würde. Dann würde er sich weder von Alaïs noch von Simeon beruhigen lassen.
    »Die Trilogie ist entdeckt worden«, tobte er. »Daran besteht kein Zweifel.«
    »Ruhig, Bertrand«, sagte Simeon mit Nachdruck. »Dein Zorn trübt nur dein Urteilsvermögen.«
    Alaïs sah zu den Fenstern hinüber, weil sie bemerkte, dass der Lärm auf den Straßen zunahm. Auch Pelletier hob nach kurzem Zögern den Kopf.
    »Die Glocken haben längst aufgehört«, sagte er rasch. »Ich muss zurück in die Residenz des Suzeräns. Vicomte Trencavel erwartet mich.« Er stand auf. »Ich muss darüber nachdenken, was du mir erzählt hast, Alaïs , und überlegen, was zu tun ist. Jetzt jedoch müssen wir unseren Aufbruch planen.« Er wandte sich an seinen Freund. »Du wirst uns begleiten, Simeon.«
    Während Pelletier sprach, hatte Simeon eine mit Schnitzereien verzierte Truhe geöffnet, die an der rückwärtigen Wand des Raumes stand. Alaïs trat näher. Der Deckel war mit dunkelrotem Samt ausgeschlagen, der in breite Falten gerafft war, wie die Vorhänge um ein Bett.
    Simeon schüttelte den Kopf. »Ich werde nicht mit euch reiten. Ich gehe mit meinem Volk. Deshalb solltet ihr das hier sicherheitshalber mitnehmen.«
    Alaïs sah, wie Simeon mit der Hand über den Boden der Truhe strich. Ein Klicken war zu hören, und dann öffnete sich eine kleine, versteckte Schublade. Als er sich wieder aufrichtete, sah Alaïs , dass er einen Gegenstand in der Hand hielt, der in einem Futteral aus Schafsleder steckte.
    Die beiden Männer wechselten Blicke, dann nahm Pelletier das Buch aus Simeons ausgestreckter Hand und verbarg es unter seinem Mantel.
    »In seinem Brief erwähnt Harif eine Schwester in Carcassona«, sagte Simeon.
    Pelletier nickte. »Eine Freundin der Noublesso, so deute ich seine Worte. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er mehr damit meint.«
    »Weißt du, Bertrand, das zweite Buch wurde von einer Frau abgeholt«, sagt Simeon sanft. »Ich muss zugeben, damals vermutete ich wie du, dass sie nur eine Botin war, doch eingedenk des Briefes ...«
    Pelletier tat die Andeutung mit einer wegwerfenden Handbewegung ab. »Unter keinen Umständen würde Harif eine Frau zur Hüterin machen, das kann ich einfach nicht glauben. So ein Risiko würde er nicht eingehen.«
    Fast hätte Alaïs etwas gesagt, doch sie biss sich auf die Zunge. Simeon zuckte die Achseln. »Wir sollten die Möglichkeit in Erwägung ziehen.«
    »Gut, was für eine Frau war sie denn?«, fragte Pelletier ungeduldig. »Jemand, von dem man einigermaßen erwarten darf, dass er einen so kostbaren Gegenstand hüten und bewahren kann?«
    Simeon schüttelte den Kopf. »Das war sie, ehrlich gesagt, nicht. Sie war weder von hoher Geburt, noch gehörte sie zu den niedrigsten Schichten. Sie war über das gebärfähige Alter hinaus, wenngleich sie ein Kind bei sich hatte. Sie wollte über Servian, ihren Heimatort, nach Carcassona reisen.«
    Alaïs setzte sich kerzengerade auf.
    »Das sind ziemlich spärliche Auskünfte«, sagte Bertrand tadelnd. »Hat sie dir nicht

Weitere Kostenlose Bücher