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Das Verlorene Labyrinth

Das Verlorene Labyrinth

Titel: Das Verlorene Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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ihm zu den Ställen. »Paire, sprecht mit Oriane, fragt sie, was sie mit der ganzen Sache zu tun hat. Ich bin sicher, dass sie irgendetwas darüber weiß, was mir zugestoßen ist.«
    Pelletier winkte ab. »Und ich bin sicher, dass du deine Schwester falsch einschätzt. Zwischen euch herrscht schon zu lange Zwietracht, und ich habe mich nicht darum gekümmert, weil ich glaubte, ihr würdet euch schon wieder vertragen.«
    »Verzeiht mir, Faire, aber ich glaube, Ihr seht ihren wahren Charakter nicht.«
    Pelletier überhörte ihren Einwand. »Du neigst dazu, Oriane zu hart zu beurteilen, Alaïs . Bestimmt hat sie nur aus den besten Motiven deine Pflege übernommen. Hast du sie darauf angesprochen?« Alaïs wurde rot. »Eben. Ich sehe dir an, dass du das nicht getan hast.« Er hielt inne. »Sie ist deine Schwester, Alaïs . Sie hat Besseres von dir verdient.«
    Die Ungerechtigkeit des Tadels ließ erneut den Zorn aufflammen, der in ihrer Brust glimmte.
    »Nicht ich bin es, die ...«
    »Falls sich die Gelegenheit bietet, werde ich mit Oriane sprechen«, sagte er mit Nachdruck und machte damit klar, dass das Thema beendet war.
    Alaïs tobte innerlich, hielt aber ihre Zunge im Zaum. Sie wusste, dass sie die Lieblingstochter ihres Vaters war, und daher verstand sie, dass seine mangelnde Zuneigung zu Oriane an seinem Gewissen nagte und ihn blind für deren Fehler machte. Von Alaïs hatte er schon immer mehr erwartet.
    Enttäuscht schritt Alaïs neben ihm her. »Werdet Ihr versuchen, die Männer zu finden, die den merel genommen haben? Habt Ihr ...«
    »Genug, Alaïs . Bis zu unserer Rückkehr nach Carcassona können wir nichts unternehmen. Möge Gott uns sicher und schnell nach Hause geleiten.« Pelletier blieb stehen und sah sich um. »Und bete, dass Besiers die Kraft hat, sie hier aufzuhalten.«

Kapitel 30
Carcassonne
     
    Dienstag, 5. Juli 2005
     
    A lice spürte, wie sich ihre Stimmung hob, als sie im Wagen saß und Toulouse hinter sich ließ.
    Die Autobahn führte mitten durch eine fruchtbare grüne und braune Ackerlandschaft. Hier und da sah sie Felder mit Sonnenblumen, die Köpfe von der späten Nachmittagssonne weggedreht. Die meiste Zeit verliefen die Gleise des Hochgeschwindigkeitszuges parallel zur Straße. Nach den Bergen und welligen Tälern der Ariege, die ihr erster Eindruck von diesem Teil Frankreichs gewesen waren, kam ihr diese Landschaft irgendwie zahmer vor.
    Auf den Hügeln sah sie kleine Dörfer liegen. Einzelne Häuser mit geschlossenen Fensterläden und einem cloche-mur, dessen Glocken sich vor dem rosa dämmrigen Himmel abhoben. Sie las die Namen der Orte, an denen sie vorbeikam - Avignonet, Castelmaudary, Saint-Papoul, Bram - und ließ sich die Worte wie Wein über die Zunge rollen. Vor ihrem geistigen Auge verhieß jeder einzelne von ihnen Straßen mit Kopfsteinpflaster und helle Steinmauern, die vergessene Geschichte in sich bargen.
    Sie kam ins Departement Aude. Ein braunes Schild verkündete: Vous etes en Pays Cathare. Sie lächelte. Katharerland. Ihr war rasch klar geworden, dass sich diese Gegend ebenso sehr über ihre Vergangenheit definierte wie über ihre Gegenwart. Nicht nur Foix, sondern auch Toulouse, Beziers und Carcassonne selbst, all die großen Städte hier im Südwesten lebten noch immer im Schatten der Ereignisse, die sich vor fast achthundert Jahren zugetragen hatten. Bücher, Souvenirs, Ansichtskarten, Videos, eine ganze Touristenindustrie lebte davon. Wie die Abendschatten, die sich immer weiter nach Westen streckten, so schienen auch diese Schilder sie nach Carcassonne zu ziehen.
    Um neun Uhr hatte Alice die Mautstelle passiert und folgte den Schildern Richtung Stadtzentrum. Sie war nervös und aufgeregt, fühlte sich seltsam beklommen, als sie durch die grauen Gewerbegebiete und Einkaufsparks am Stadtrand fuhr. Sie war ganz nah dran, das spürte sie jetzt.
    Wenn die Ampeln auf Grün sprangen, schwamm Alice mit dem Verkehrsstrom mit, fuhr über Kreisverkehre und Brücken und war dann plötzlich wieder in der freien Natur. Entlang der Straße wuchsen dürre Sträucher, wilde Gräser und vom Wind gebeugte knorrige Bäume.
    Alice erreichte einen Hügelkamm, und da war sie.
    Die mittelalterliche Cité beherrschte die Landschaft. Sie war wesentlich imposanter, als Alice gedacht hatte, wuchtiger und vollkommener. Aus dieser Entfernung und mit den dunkelroten Bergen, die sich weit dahinter als deutliches Relief erhoben, sah die Cité aus wie ein verzaubertes Königreich, das im

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