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Das Verlorene Labyrinth

Das Verlorene Labyrinth

Titel: Das Verlorene Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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Arme um die kindlichen Knie geschlungen, und hatte dem tro- bador gelauscht, als er von einem zerrissenen Herzen sang, und der Kummer hinter den Worten war ihr nahe gegangen.
    Tränen traten ihr in die Augen. Wütend wischte sie sie mit dem Handrücken weg, fest entschlossen, sich nicht in Selbstmitleid zu ergehen. Sie setzte sich auf eine abgeschiedene Bank in den Schatten.
    Sie und Guilhem waren vor ihrer Hochzeit oft im Cour du Midi spazieren gegangen. Damals färbten sich die Bäume gerade golden, und ein kupfer- und ockerfarbener Teppich aus Herbstlaub bedeckte die Erde. Alaïs malte mit der Stiefelspitze ein Muster in den Staub und überlegte, wie sie und Guilhem sich wieder versöhnen könnten. Ihr fehlte es dazu an Geschick, und ihm fehlte es an gutem Willen.
    Oriane sprach häufig tagelang nicht mit ihrem Gemahl. Und dann endete das Schweigen genauso unvermittelt, wie es begonnen hatte, und Oriane war wieder liebevoll und aufmerksam zu Jehan - bis zum nächsten Mal. Die wenigen Erinnerungen, die Alaïs an die Ehe ihrer Eltern hatte, waren von ähnlichen Phasen aus Hell und Dunkel geprägt.
    Sie hätte nicht gedacht, dass sie ein ähnliches Schicksal erwartete. Sie war mit ihrem roten Schleier in der Kapelle vor den Priester getreten und hatte ihr Ehegelübde gesprochen. Die flackernden Flammen der roten Kerzen hatten die Schatten auf dem mit blühendem Winterweißdorn bedeckten Altar tanzen lassen. Sie hatte an eine Liebe geglaubt, die ewig währen würde, und tief in ihrem Herzen tat sie das noch immer.
    Ihre Freundin und Mentorin Esclarmonde wurde mitunter von Liebenden um Tinkturen und Kräuter gebeten, die die Zuneigung neu beleben oder festigen sollten. Wein, mit Minzeblättern und Pastinake erhitzt, für den Erhalt der Fruchtbarkeit, Sträuße aus gelben Primeln. Bei aller Hochachtung für Esclarmondes
    Fähigkeiten hatte Alaïs derartige Ansinnen stets als abergläubischen Unfug abgetan. Sie wollte nicht glauben, dass Liebe sich so leicht täuschen und kaufen ließ.
    Es gab andere, das wusste sie, die eine gefährlichere Magie anbo ten, dunkle Zauberformeln, um treulose Liebende zu verhexen oder ihnen irgendwie Schaden zuzufügen. Esclarmonde warnte sie immer wieder vor solch dunklen Mächten, den offenkundigen Manifestationen der Herrschaft des Satans über diese Welt. Aus derlei Bösem konnte nichts Gutes entstehen.
    Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte Alaïs nun eine Ahnung, was Frauen zu derart verzweifelten Schritten treiben konnte.
     
    »Filha.«
    Alaïs sprang auf.
    »Wo bist du gewesen?«, fragte Pelletier atemlos. »Ich hab dich überall gesucht.«
    »Ich habe Euch nicht gehört, Faire«, sagte sie.
    »Sobald Vicomte Trencavel seine Gemahlin und seinen Sohn begrüßt hat, beginnt die Arbeit, um die Ciutat auf die Belagerung vorzubereiten. In den kommenden Tagen wird es kaum Zeit für eine Verschnaufpause geben.«
    »Wann rechnet Ihr mit Simeons Ankunft?«
    »In frühestens ein oder zwei Tagen.« Er legte die Stirn in Falten. »Ich wünschte, ich hätte ihn überreden können, mit uns zu reisen. Aber er glaubt, er fällt unter den Menschen seines Volkes weniger auf. Mag sein, dass er Recht hat.«
    »Und sobald er hier ist«, fragte sie weiter, »beschließt Ihr dann, was geschehen soll? Ich habe einen Verdacht, wer ...«
    Alaïs verstummte, weil ihr klar wurde, dass sie ihre Theorie lieber zuerst erhärten sollte, bevor sie sich vor ihrem Vater zum Narren machte. Und vor ihm.
    »Einen Verdacht?«, sagte er.
    »Ach, nichts weiter«, erwiderte sie rasch. »Ich wollte bloß fragen, ob ich dabei sein könnte, wenn Ihr mit Simeon sprecht.«
    Sein zerfurchtes Gesicht blickte sorgenvoll. Sie sah ihm an, dass er um eine Entscheidung rang.
    »In Anbetracht der Dienste, die du uns bislang geleistet hast«, sagte er schließlich, »sei es dir erlaubt, mit anzuhören, was wir zu sagen haben. Aber« - er hob einen mahnenden Finger - »nur unter der Voraussetzung, dass du ausschließlich als Beobachterin dabei bist. Du wirst dich in keiner Weise mehr einmischen. Ich lasse nicht zu, dass du dich erneut in Gefahr begibst.« Begeisterung sprudelte in ihr hoch. Ich werde ihn schon vom Gegenteil überzeugen, wenn es so weit ist.
    Sie senkte den Blick und faltete lammfromm die Hände im Schoß. »Natürlich, Paire. Ich werde Eurem Wunsch gehorchen.« Pelletier warf ihr einen Blick zu, hakte aber nicht weiter nach. »Ich muss dich noch um einen weiteren Dienst bitten, Alaïs. Vicomte Trencavel wird seine sichere

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