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Das Verlorene Labyrinth

Das Verlorene Labyrinth

Titel: Das Verlorene Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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sie am liebsten in die Arme geschlossen hätte.
    »Nein«, stammelte er. »Ich kann nicht ...«
    Guilhem versuchte Alaïs ' Gesicht heraufzubeschwören, stellte sich ihren ruhigen Blick vor, wenn sie ihn ansah, ihr vertrauensvolles Lächeln. Er, so ungewöhnlich das für einen Mann seines Ranges und Ansehens auch war, glaubte an sein Ehegelübde. Er wollte sie nicht betrügen. In den ersten Tagen ihrer Ehe hatte er sie in der Stille des Gemachs mitunter beim Schlafen beobachtet, und in diesen Augenblicken war ihm klar geworden, dass er durch ihre Liebe ein besserer Mensch war - ein besserer Mensch werden könnte.
    Er wollte sich losreißen. Doch jetzt klang ihm nur noch Orianes Stimme in den Ohren, zusammen mit dem gehässigen Gerede am Hof, dass Alaïs ihn zum Narren gemacht habe, indem sie ihm nach Beziers gefolgt war. Das Rauschen in seinem Kopf schwoll an, übertönte Alaïs ' helle Stimme. Ihr Bild wurde schwächer, blasser. Sie entfernte sich von ihm und ließ ihn allein mit dieser Versuchung.
    »Ich bete Euch an«, flüsterte Oriane und schob eine Hand zwischen seine Beine. Trotz aller guten Vorsätze schloss er die Augen, konnte ihrer leise raunenden Stimme nicht widerstehen. Sie war wie der Wind in den Bäumen. »Seit Ihr aus Besiers zurück seid, habe ich Euch kaum gesehen.« Guilhem wollte etwas sagen, aber seine Kehle war wie ausgetrocknet. »Es heißt, Vicomte Trencavel schätzt Euch von all seinen chevaliers am meisten«, sagte sie.
    Guilhem konnte die Worte nicht mehr voneinander unterscheiden. Sein Blut pulsierte zu laut, zu wuchtig in seinem Kopf, überflutete jedes andere Geräusch und Gefühl.
    Er sank mit ihr zusammen auf die Erde.
    »Sagt mir, was zwischen dem Vicomte und seinem Onkel geschehen ist«, flüsterte sie ihm ins Ohr. »Sagt mir, was in Besiers geschehen ist.«
    Guilhem stockte der Atem, als sie die Beine um ihn schlang und ihn an sich presste. »Sagt mir, wieso sich Euer Glück gewendet hat.«
    »Das darf ich niemandem erzählen«, keuchte er und spürte nur noch die Bewegung ihres Körpers unter sich.
    Oriane biss ihm in die Lippe. »Mir könnt Ihr es getrost erzählen.«
    Er rief ihren Namen, ohne sich noch darum zu scheren, wer sie vielleicht belauschte oder beobachtete. Und er sah nicht den befriedigten Ausdruck in ihren grünen Augen und auch nicht die Spuren von Blut - seinem Blut - auf ihren Lippen.
     
    Pelletier ließ den Blick schweifen, verärgert, weil er weder Oriane noch Alaïs an der abendlichen Tafel sah.
    Trotz der Vorbereitungen, die überall um sie herum im Gange waren, herrschte eine gewisse Feststimmung im Großen Saal, weil Vicomte Trencavel und sein Gefolge sicher heimgekehrt waren.
    Das Treffen mit den Consuln war gut verlaufen. Pelletier zweifelte nicht daran, dass sie die notwendigen Gelder aufbringen würden. Außerdem trafen stündlich Boten von den châteaux ein, die Carcassonne am nächsten lagen. Bislang hatte noch jeder Vasall seinen Treueschwur bestätigt und Männer und Geld versprochen.
    Sobald Vicomte Trencavel und Dame Agnès sich zurückgezogen hatten, entschuldigte sich Pelletier und ging nach draußen, um frische Luft zu schnappen. Seine Unentschlossenheit lastete erneut schwer auf ihm.
    Euer Bruder erwartet Euch in Besièrs, Eure Schwester in Car- cassona.
    Dank eines glücklichen Geschicks hatte er Simeon und das zweite Buch schneller gefunden, als er es für möglich gehalten hätte. Und jetzt schien auch das dritte Buch ganz in der Nähe zu sein, falls Alaïs' Vermutung richtig war.
    Pelletiers Hand wanderte in seine Tasche, wo Simeons Buch neben seinem Herzen ruhte.
     
    Alaïs wurde durch ein lautes Klappern geweckt, als der Fensterladen gegen die Mauer schlug.
    Sie fuhr hoch. Ihr Herz raste. IinFraum war sie wieder in dem Wald vor Coursan gewesen, die Hände gefesselt, und hatte versucht, die grobe Kapuze abzuschütteln.
    Sie nahm eines der Kissen, das vom Schlaf noch warm war, und drückte es sich an die Brust. Noch immer duftete das Bett nach Guilhem, obwohl es schon über eine Woche her war, seit er zuletzt seinen Kopf neben ihren gebettet hatte.
    Wieder knallte der Fensterladen gegen die Mauer. Der Wind fegte um die Türme und pfiff über das Dach. Das Letzte, woran sie sich erinnerte, war, dass sie Rixende gebeten hatte, ihr etwas zu essen zu bringen.
    Rixende klopfte an die Tür und trat schüchtern ein.
    »Verzeiht, Herrin. Ich wollte Euch nicht wecken, aber er hat darauf bestanden.«
    »Guilhem?«, fragte sie rasch.
    Rixende

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