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Das Verlorene Labyrinth

Das Verlorene Labyrinth

Titel: Das Verlorene Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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Land geht, nicht um unsere Seelen? Dieser Krieg wird nicht zum Ruhme Gottes geführt, sondern aus Gier. Das da draußen ist eine Besatzungsarmee, Sire. Falls ich der Kirche geschadet habe - und Euch damit gekränkt habe, Sire -, dann bitte ich Euch um Vergebung. Aber ich bin weder dem Comte von Nevers noch dem Abt von Citeaux zur Treue verpflichtet. Sie haben weder ein geistiges noch ein weltliches Anrecht auf mein Herrschaftsgebiet. Ich werde mein Volk nicht für ein so niederträchtiges Ansinnen an diese französischen Räuber verraten.«
    Alaïs spürte Stolz in sich aufsteigen. Und sie sah ihrem Vater am Gesicht an, dass es ihm genauso erging. Zum ersten Mal schienen Trencavels Mut und Haltung etwas bei dem König zu bewirken.
    »Das sind noble Worte, Vicomte, aber sie werden Euch nicht helfen. Um Eures Volkes willen, das Ihr so liebt, lasst mich dem Abt von Cîteaux wenigstens sagen, dass Ihr Euch seine Bedingungen anhören wollt.«
    Trencavel wandte sich ab, ging zum Fenster und starrte hinaus.
    »Wir haben nicht genug Wasser für alle in der Ciutat?«
    Ihr Vater schüttelte den Kopf. »Nein, Messire.«
    Nur seine Hände, die weiß auf der steinernen Fensterbank lagen, verrieten, wie viel Überwindung ihn die folgenden Worte kosteten.
    »Nun denn. Ich werde mir anhören, was der Abt zu sagen hat.«
     
    Nachdem Pedro gegangen war, sagte Trencavel eine Zeit lang nichts. Er blieb, wo er war, sah zu, wie die Sonne am Himmel tiefer sank. Schließlich, als die Kerzen entzündet wurden, setzte er sich. Pelletier ließ etwas zu trinken aus der Küche bringen.
    Aus Angst vor Entdeckung wagte Alaïs es nicht, sich zu rühren. Sie hatte Krämpfe in Armen und Beinen. Die Wände schienen immer näher zu rücken, doch sie konnte nichts tun.
    Unter dem Vorhang hindurch konnte sie die Beine ihres Vaters sehen, der auf und ab schritt, und manchmal hörte sie leises Gemurmel.
    Es war spät, als Pedro II. zurückkam. Sein Gesichtsausdruck verriet Alaïs sofort, dass der Vermittlungsversuch gescheitert war. Ihr Herz wurde schwer. Es war die letzte Chance gewesen, die Trilogie aus der Cité hinauszuschaffen, bevor sich der Belagerungsring vollständig schloss.
    »Bringt Ihr eine gute Nachricht?«, fragte Trencavel und erhob sich zur Begrüßung.
    »Leider nein, Vicomte«, erwiderte Pedro. »Es kränkt mich, seine beleidigenden Worte auch nur auszusprechen.« Er nahm einen Becher Wein entgegen und leerte ihn in einem Zug. »Der Abt von Cîteaux wird es Euch und zwölf Männern Eurer Wahl erlauben, das Château noch heute Abend unbehelligt zu verlassen. Ihr dürft so viel mitnehmen, wie Ihr könnt.«
    Alaïs sah, wie sich die Hände des Vicomte zu Fäusten ballten. »Und Carcassona?«
    »Die Ciutat geht mit allen, die sich in ihr befinden, an das Kreuzheer über. Nach Besièrs wollen die Herren eine Entschädigung.«
    Nachdem er gesprochen hatte, herrschte einen Moment lang Schweigen.
    Dann ließ Trencavel seinem Temperament endlich freien Lauf und schleuderte seinen Becher gegen die Wand. »Wie kann er es wagen, ein derart beleidigendes Angebot zu machen?«, brüllte er. »Wie kann er es wagen, unsere Ehre, unseren Stolz zu verletzen? Ich werde diesen französischen Räubern nicht einen einzigen meiner Untertanen überlassen.«
    »Messire«, sagte Pelletier leise.
    Trencavel stand da, die Hände in die Hüften gestemmt, atmete schwer und wartete, bis er seine Selbstbeherrschung wiedergefunden hatte.
    Dann erst sprach er den König erneut an. »Sire, ich danke Euch für Eure Fürbitte und den Vermittlungsversuch, den Ihr unseretwegen unternommen habt. Wenn Ihr jedoch nicht mit uns kämpfen wollt - oder könnt -, dann müssen wir nun Abschied nehmen. Ihr solltet Euch zurückziehen.«
    Pedro nickte, wusste, dass es nichts mehr zu sagen gab.
    »Möge Gott mit Euch sein, Trencavel«, sagte er unglücklich. Trencavel sah ihm in die Augen. »Ich glaube, das ist er«, entgegnete er trotzig.
    Als Pelletier den König aus der Halle geleitete, nutzte Alaïs die Gelegenheit, sich davonzuschleichen.
    Das Fest der Verklärung des Herrn verging ruhig, ohne dass eine der beiden Seiten nennenswerte Erfolge erzielt hätte. Trencavel ließ weiterhin Pfeile und Geschosse auf die Kreuzfahrer niederregnen, während das Katapult unaufhörlich dumpf dröhnend Felsbrocken gegen die Mauern schleuderte. Männer fielen auf beiden Seiten, aber nur wenig Terrain wurde erobert oder verloren.
    Die Ebenen erinnerten an ein Leichenhaus. Die Toten wurden einfach der

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