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Das Verlorene Labyrinth

Das Verlorene Labyrinth

Titel: Das Verlorene Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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zurückgewinnen wollte, das seinem Vater gestohlen worden war, kämpfte Guilhem für ihn.«
    »Er wechselte die Seiten?«, fragte Alice verwundert.
    »Nein, er ...« Baillard seufzte. »Nein. Guilhem du Mas hatte Vicomte Trencavel nie verraten. Er war ein Dummkopf, gewiss, aber letztendlich doch kein Verräter. Oriane hatte ihn benutzt. Er wurde zur selben Zeit gefangen genommen wie Raymond- Roger Trencavel, beim Fall von Carcassona. Anders als dem Vicomte gelang Guilhem die Flucht.« Audric holte tief Atem, als fiele ihm das Eingeständnis schwer. »Er war kein Verräter.« »Aber Alaïs hielt ihn für einen«, sagte sie leise.
    »Er war seines eigenen Unglücks Schmied.«
    »Ja, ich weiß, aber trotzdem ... mit so viel Reue zu leben und zu wissen, dass Alaïs ihn für genauso schlecht hielt wie ...«
    »Guilhem verdient kein Mitgefühl«, sagte Baillard barsch. »Er hat Alaïs betrogen, seine Ehegelübde gebrochen, sie gedemütigt. Und dennoch hat sie ...« Er brach ab. »Verzeihen Sie. Manchmal ist es schwer, objektiv zu bleiben.«
    Warum wühlt ihn das so auf?
    »Hat er nie versucht, Alaïs zu sehen?«
    »Er liebte sie«, sagte Audric lapidar. »Er wollte das Risiko nicht eingehen, die Franzosen zu ihr zu führen.«
    »Und auch sie unternahm keinen Versuch, ihn zu sehen?« Audric schüttelte langsam den Kopf. »Hätten Sie es getan, an ihrer Stelle?«, fragte er sanft.
    Alice überlegte einen Moment. »Ich weiß nicht. Wenn sie ihn geliebt hat, trotz allem ...«
    »Hin und wieder drangen Nachrichten von Guilhems Feldzügen bis ins Dorf. Alaïs sagte nichts dazu, aber sie war stolz auf den Mann, der aus ihm geworden war.«
    Alice rutschte auf ihrem Stuhl hin und her. Audric schien ihre Ungeduld zu spüren, denn er redete jetzt schneller.
    »Nach Sajhë s Rückkehr ins Dorf herrschte für einige Jahre lang ein unsicherer Friede. Ihm, Alaïs und Harif ging es gut. Andere aus Carcassona lebten in den Bergen. Auch Rixende, Alaïs ' ehemalige Dienerin, hatte sich in den Bergen niedergelassen. Es war ein bescheidenes Leben, aber ein gutes.« Baillard hielt kurz inne. »Im Jahre 1226 wurde alles anders. Ein neuer König bestieg den französischen Thron. Saint-Louis war ein religiöser Eiferer. Die immer noch bestehende Häresie war ihm zuwider. Denn trotz der jahrelangen Unterdrückung und Verfolgung hatte die Katharerkirche im Midi noch immer ähnlich viel Autorität und Einfluss wie die katholische Kirche. Die fünf Katharerbistümer - Tolosa, Albi, Carcassona, Agen, Razes - waren vielerorts angesehener und einflussreicher als ihre katholischen Entsprechungen.
    Auf Alaïs und Sajhë wirkte sich das alles zunächst nicht aus. Sie lebten so ziemlich weiter wie zuvor. Im Winter reiste Sajhë nach Spanien, um Geld und Waffen für den Widerstand zu beschaffen. Alaïs blieb hier. Sie war eine gute Reiterin, geschickt mit Bogen und Schwert, und sie hatte großen Mut. Sie brachte Botschaften zu den Anführern des Widerstandes in der Ariege und in den Sabarthès -Bergen. Sie bot parfaits und parfaites Unterschlupf, organisierte Nahrungsmittel und Verstecke und kümmerte sich um die Verbreitung von Informationen, wann und wo Gottesdienste stattfinden würden. Die parfaits waren überwiegend Wanderprediger, die von ihrer eigenen Hände Arbeit lebten. Sie kämmten und spannen Wolle, backten Brot. Sie reisten zu zweit, immer ein erfahrener Lehrer mit einem jungen Anfänger. Normalerweise zwei Männer, natürlich, aber mitunter auch Frauen.« Audric lächelte. » Alaïs machte in etwa das Gleiche, was Esclarmonde, ihre Freundin und Mentorin, früher in Carcassona gemacht hatte.
    Die Exkommunizierungen, die Nachsicht bei Übergriffen der Kreuzfahrer, der neue Feldzug, um die so genannte Häresie auszumerzen, all das hätte so weitergehen können wie zuvor auch, hätte es da nicht einen neuen Papst gegeben. Papst Gregor IX. Er gilt heute noch als Vater der Inquisition. Im Jahre 1231 übergab er den Dominikanern die Leitung der Inquisition. Sie betrachteten es als ihre Aufgabe, Häretiker überall und mit allen Mitteln aufzuspüren und zu vernichten.«
    »Seltsam, ich bringe die Inquisition immer mit Spanien in Verbindung.«
    »Das denken die meisten«, sagte er. »Aber angefangen hat die Inquisition in der Auseinandersetzung mit den Katharern. Jedenfalls, der Terror begann. Inquisitoren zogen von Stadt zu Stadt, erhoben Anschuldigungen, prangerten an und verurteilten. Es wimmelte von Spionen und Spitzeln. Es fanden Exhumierungen

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