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Das Verlorene Labyrinth

Das Verlorene Labyrinth

Titel: Das Verlorene Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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Männer von den Außenwerken auf der verwundbaren Ostseite abzuziehen. Der Fehler kam ihn teuer zu stehen. Die Söldner wurden von Kollaborateuren mit Informationen versorgt, wodurch es ihnen gelang, den schroffen Hang auf der südöstlichen Seite des Berges zu erklimmen. Nachdem sie die Wachen niedergestochen hatten, besetzten sie den Roc de la Tour, einen steilen Felsen, der auf dem östlichsten Punkt des Gipfelgrates des Montsegur aufragt. Wir konnten nur hilflos zusehen, wie die Katapulte und Mangomeis mit Hilfe von Winden auf den Roc gehievt wurden. Zudem nahm ein wuchtiges trebuchet das östliche Vorwerk unter Beschuss.
    An Weihnachten 1243 nahmen die Franzosen das Vorwerk ein. Nun waren sie nur noch wenige Dutzend Meter von der eigentlichen Festung entfernt. Sie brachten eine neue Belagerungsmaschine in Stellung, in deren Reichweite sowohl die Südmauern als auch die Ostmauern lagen.«
    Während er sprach, drehte er unablässig den Ring an seinem Daumen.
    Alice, die das beobachtete, kam auf einmal die Erinnerung an einen Mann in den Sinn, der auch einen solchen Ring gedreht hatte, während er ihr Geschichten erzählte.
     
    »Zum ersten Mal«, fuhr Audric fort, »mussten sie der Möglichkeit ins Auge sehen, dass Montsegur fallen könnte.
    Unten im Tal flatterten noch immer die Standarten und Banner der katholischen Kirche und die fleur-de-lys des französischen Königs, wenngleich sie nach zehn Monaten mit anfänglicher Hitze, dann Regen, dann Schnee zerfetzt und verblichen aussahen. Die Armee der Kreuzfahrer, die von Hugues des Arcis, dem Seneschall von Carcassona, geführt wurde, bestand aus sechs- bis zehntausend Mann. In der Festung waren höchstens einhundert kampfbereite Männer.
    Alaïs wollte ...« Er setzte neu an. »Die Führer der Katharerkirche, Bischof Bertrand Marty und Raymond Aiguilher, hielten eine Versammlung ab.«
    »Der Schatz der Katharer. Dann stimmt das also? Den hat es gegeben?«
    Baillard nickte. »Zwei credentes wurden für die Aufgabe ausgewählt, Matheus und Peter Bonnet. Dick eingepackt gegen die bittere Neujahrskälte, luden sie sich den Schatz auf den Rücken und stahlen sich im Schutze der Nacht aus der Burg. Sie umgingen die Wachen, die auf den passierbaren Wegen postiert waren, die vom Berg durch das Dorf führten, und schlugen sich nach Süden in die Sabarthès -Berge durch.«
    Alice riss die Augen weit auf. »Zum Pic de Soularac.«
    Wieder nickte er. »Dort übernahmen andere. Da die Pässe nach Aragon und Navarra verschneit waren, zogen sie in Richtung Hafenstädte, von wo sie mit einem Schiff nach Norditalien fuhren. In der Lombardei gab es damals eine blühende, weniger verfolgte Gemeinde von Bons Homes.«
    »Was wurde aus den Brüdern Bonnet?«
    »Matheus kehrte Ende janvier allein zurück. Diesmal waren die Wachen auf der Straße Einheimische aus Camon sur l'Hers bei Mirepoix, und sie ließen ihn passieren. Matheus berichtete von möglicher Verstärkung. Dass es Gerüchte gab, der König von Aragon würde im Frühjahr kommen. Aber das waren nur tapfere Worte. Mittlerweile war der Belagerungsring so dicht, dass Verstärkungstruppen niemals durchgekommen wären.«
    Baillard hob den Blick und sah Alice mit seinen bernsteinfarbenen Augen an. » Alaïs hörte auch Gerüchte, dass Oriane unterwegs nach Süden war, in Begleitung ihres Sohnes und ihres Gatten, um Verstärkung für die Belagerer zu mobilisieren. Das konnte nur eines bedeuten. Sie musste nach all den Jahren, die Alaïs auf der Flucht gewesen war und im Verborgenen gelebt hatte, herausgefunden haben, dass ihre Schwester noch am Leben war. Sie wollte das Buch der Wörter.«
    »Das hatte Alaïs doch bestimmt nicht bei sich, oder?«
    Audric ging nicht auf die Frage ein. »Mitte Februar rückten die Angreifer erneut vor. Am 1. März 1244, nach einem letzten gescheiterten Versuch, die Basken vom Roc de la Tour zu vertreiben, ertönte ein einsames Hornsignal auf den Wällen der zerstörten Festung.« Er schluckte schwer. »Raymond de Pereille, der seigneur von Montsegur, und Pierre-Roger de Mirepoix, der Kommandant der Garnison, traten vor das große Tor und ergaben sich Hugues des Arcis. Der Kampf war zu Ende. Montsegur, die letzte Festung, war gefallen.«
    Alice lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und wünschte sich fast wie ein Kind, es wäre anders ausgegangen.
    »Es war ein rauer und frostiger Winter auf dem felsigen Berg und in dem darunter liegenden Tal gewesen. Beide Seiten waren ausgezehrt. Die Verhandlungen

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