Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Verlorene Labyrinth

Das Verlorene Labyrinth

Titel: Das Verlorene Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
Vom Netzwerk:
dafür zu sorgen, dass sie beide sicher nach Los Seres zurückkehrten.
    Die Tische der Inquisitoren waren am Fuße des Berges aufgestellt worden. Die Vernehmungen sollten sofort beginnen, im Schatten des Scheiterhaufens. Sajhë erkannte den Inquisitor Ferrier. Der Mann war wegen seiner strengen Auslegung des Kirchenrechts in der ganzen Gegend verhasst. Rechts von Ferrier sah Sajhë den Inquisitor Duranti stehen, der ebenso gefürchtet war.
    Er umfasste Bertrandes Hand noch fester.
    Als sie sich der Talsohle näherten, merkte Sajhë , dass die Gefangenen aufgeteilt wurden. Alte Männer, junge Männer und Angehörige der Garnison wurden auf die eine Seite geschickt, Frauen und Kinder auf die andere. Panik durchfuhr ihn. Bertrande würde sich den Inquisitoren allein stellen müssen.
    Sie spürte die Veränderung in ihm und blickte ängstlich zu ihm hoch. »Was geschieht jetzt? Was machen sie mit uns?«
    » Brava , sie verhören die Männer und Frauen getrennt«, sagte er. »Hab keine Angst. Beantworte ihre Fragen. Sei tapfer und bleib genau dort, wo du bist, bis ich dich holen komme. Geh nirgendwohin, mit niemandem, hast du verstanden? Mit absolut niemandem.«
    »Was wollen sie von mir wissen?«, fragte sie mit dünnem Stimmchen.
    »Deinen Namen, dein Alter«, erwiderte Sajhë und ging noch einmal alles durch, was sie sich merken sollte. »Ich bin als Mitglied der Garnison bekannt, aber es gibt keinen Grund, warum sie uns beide miteinander in Verbindung bringen sollten. Wenn du gefragt wirst, sagst du, dass du deinen Vater nicht kennst. Sag ihnen, Rixende ist deine Mutter und du hast dein ganzes Leben hier in Montsegur verbracht. Was auch geschieht, erwähne auf keinen Fall Los Seres. Kannst du dir das merken?«
    Bertrande nickte.
    »Braves Mädchen.« Um ihr Mut zu machen, fügte er noch hin- zu: »Als ich in deinem Alter war, hat meine Großmutter mich häufig Nachrichten überbringen lassen. Ich musste immer alles mehrmals wiederholen, bis sie ganz sicher war, dass ich mir jedes Wort gut eingeprägt hatte.«
    Bertrande lächelte ihn zaghaft an. »Mama sagt, du hast ein furchtbar schlechtes Gedächtnis. Wie ein Sieb, sagt sie.«
    »Da hat sie Recht«, bestätigte er und wurde dann wieder ernst. »Vielleicht fragen sie dich auch nach den Bons Homes und ihrem Glauben. Antworte so ehrlich du kannst. Dann verwickelst du dich nicht so leicht in Widersprüche. Du kannst ihnen nichts erzählen, was sie nicht schon von anderen gehört haben.« Er zögerte und schärfte ihr schließlich noch etwas ein: »Denk dran. Du darfst weder Alaïs noch Harif erwähnen.«
    Bertrandes Augen füllten sich mit Tränen. »Und wenn die Soldaten die Zitadelle durchsuchen und sie finden?«, fragte sie, und ihre Stimme wurde vor Furcht lauter. »Was machen sie mit ihr, wenn sie sie finden?«
    »Das werden sie nicht«, entgegnete er rasch. »Denk dran, Bertrande. Wenn die Inquisitoren mit dir fertig sind, rührst du dich nicht vom Fleck. Sobald ich kann, hole ich dich.«
     
    Sajhë hatte den letzten Satz kaum zu Ende gesprochen, als er von einem Soldaten in den Rücken gestoßen wurde und weiter bergab Richtung Dorf gehen musste. Bertrande wurde in die entgegengesetzte Richtung geschickt.
    Er wurde in einen Holzpferch gebracht, wo er Pierre-Roger de Mirepoix erblickte, den Kommandanten der Garnison. Er war bereits vernommen worden. In Sajhë s Augen war das ein gutes Zeichen, ein Ausdruck der Höflichkeit, der darauf hindeutete, dass die Kapitulationsbedingungen eingehalten und die Soldaten der Garnison wie Kriegsgefangene behandelt wurden, nicht wie Verbrecher.
    Als er sich zu den übrigen Soldaten stellte, die darauf warteten, einzeln aufgerufen zu werden, zog Sajhë seinen Steinring vom
    Daumen und verbarg ihn unter seiner Kleidung. Ohne den Ring kam er sich seltsam nackt vor. Schließlich hatte er ihn kaum einmal abgenommen, seit Harif ihn ihm vor zwanzig Jahren gegeben hatte.
    Die Verhöre fanden in zwei unterschiedlichen Zelten statt. Die Mönche standen bereit, um allen, die für schuldig befunden wurden, mit den Häretikern fraternisiert zu haben, ein gelbes Kreuz auf den Rücken zu heften. Anschließend wurden die Gefangenen in einen zweiten Pferch weiter hinten gebracht, wie Vieh auf dem Markt.
    Es war klar, dass niemand freigelassen werden sollte, vom Ältesten bis zum Jüngsten, bis nicht auch der Letzte vernommen worden war. Das Ganze konnte Tage dauern.
     
    Als Sajhë an die Reihe kam, durfte er ohne Bewachung ins Zelt treten. Er

Weitere Kostenlose Bücher