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Das Verlorene Labyrinth

Das Verlorene Labyrinth

Titel: Das Verlorene Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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gleichgültig? Es wird ihnen nichts nützen, wenn Sie auch noch gefasst werden.«
    »Gerade weil die beiden - weil Sie, Alice - mir nicht gleichgültig sind, werde ich gehen. Ich glaube, dass Marie-Cecile sie zwingen wird, an der Zeremonie teilzunehmen. Es müssen fünf Teilnehmer da sein, der Navigataire und vier weitere.« »Marie-Cecile, ihr Sohn, Will, Shelagh und Authié ?«
    »Nein, nicht Authié . Jemand anderer.«
    »Wer dann?«
    Er überging die Frage. »Ich weiß nicht, wo Shelagh und Will in diesem Moment sind«, sagt er, als dächte er laut nach, »aber ich bin überzeugt, dass sie bei Anbruch der Nacht zur Höhle gebracht werden.«
    »Wer, Audric?«, wiederholte Alice, diesmal nachdrücklicher. Wieder antwortete er nicht. Er erhob sich, ging zum Fenster und schloss die Läden, ehe er sich wieder zu ihr umwandte.
    »Wir müssen gehen.«
    Alice war frustriert, nervös, durcheinander und vor allem verängstigt. Und doch hatte sie gleichzeitig das Gefühl, keine andere Wahl zu haben.
    Sie dachte an Alaïs ' Namen auf dem Stammbaum, wie er da stand, achthundert Jahre von ihrem eigenen entfernt. Sie sah das Symbol des Labyrinths vor sich, das sie über Zeit und Raum hinweg miteinander verband.
    Zwei Geschichten zu einer verwoben.
    Alice nahm ihre Sachen und folgte Audric hinaus in das letzte Licht des sich neigenden Tages.

Kapitel 75
Montsegur
     
    Marc 1244
     
    I n ihrem Versteck unterhalb der Zitadelle versuchten Alaïs und ihre drei Gefährten, die Ohren gegen die qualvollen Folterklänge zu verschließen. Doch die Schmerzens- und Entsetzensschreie durchdrangen selbst den dicken Fels des Berges. Die Rufe der Sterbenden und der Überlebenden schlichen sich wie Ungeheuer in ihre Zuflucht.
    Alaïs betete für Rixendes Seele und ihre Rückkehr zu Gott, sie betete für all ihre Freunde, gute Männer und Frauen, dass sie getröstet würden. Sie selbst konnte nur hoffen, dass ihr Plan gelungen war.
    Doch ob Oriane sich wirklich hatte täuschen lassen und nun glaubte, dass Alaïs und mit ihr das Buch der Wörter den Flammen zum Opfer gefallen waren, blieb abzuwarten.
    Ein so großes Risiko.
    Alaïs , Harif und ihre beiden Führer würden in ihrem steinernen Grab bleiben, bis die Nacht anbrach und die Räumung der Zitadelle abgeschlossen war. Dann würden die vier Flüchtlinge im Schutze der Dunkelheit die abschüssigen Bergpfade hinabschleichen und sich auf den Weg nach Los Seres machen. Wenn sie Glück hatten, würden sie morgen Abend dort sein.
    Ihr Vorhaben war ein klarer Verstoß gegen die Waffenstillstands- und Kapitulationsbedingungen. Wenn sie gefasst würden, wäre die Bestrafung schnell und grausam, daran hatte Alaïs keinen Zweifel.
    Ihr Versteck war kaum mehr als eine kleine Höhle im Felsen, nicht sehr tief und dicht an der Oberfläche. Falls die Zitadelle samt Umgebung gründlich durchforstet wurde, würden die Soldaten sie mühelos entdecken.
    Alaïs biss sich auf die Lippen, als sie an ihre Tochter dachte. In der Dunkelheit spürte sie, dass Harif ihre Hand ergriff. Seine Haut war trocken und staubig wie Wüstensand.
    »Bertrande ist stark«, sagte er, als wüsste er, welcher Kummer sie quälte. »Sie ist wie du, e? Ihr Mut wird sie nicht verlassen. Schon bald seid ihr wieder vereint. Ganz bestimmt.«
    »Aber sie ist noch so jung, Harif, zu jung, um solche Dinge zu erleben. Sie muss doch völlig verängstigt sein ...«
    »Sie ist tapfer, Alaïs . Und Sajhë auch. Sie werden uns nicht enttäuschen.«
    Wenn ich dir nur glauben könnte ...
    Alaïs saß tränenlos in der Dunkelheit, ihr Herz von Zweifel und Furcht vor der Zukunft zerfressen, und wartete darauf, dass der Tag verging.
    Die Anspannung,, die Ahnungslosigkeit, was weiter oben geschah, waren beinahe unerträglich. Der Gedanke an Bertrandes blasses, fast weißes Gesicht verfolgte sie unentwegt.
    Und die Schreie der Bons Homes, als das Feuer sie erfasste, gellten ihr noch in den Ohren, nachdem das letzte Opfer längst verstummt war.
     
    Dicke schwarze, beißende Rauchschwaden hingen über dem Tal wie eine Gewitterwolke, verfinsterten den Tag.
    Sajhë hielt Bertrandes Hand fest, als sie durch das große Tor aus der Burg schritten, die fast zwei Jahre lang ihr Zuhause gewesen war.
    Er hatte seinen Schmerz tief in sich verschlossen, an einem Ort in seinem Herzen, den die Inquisitoren nicht erreichen konnten. Er würde jetzt nicht um Rixende trauern. Er konnte jetzt nicht um Alaïs bangen. Jetzt ging es allein darum, Bertrande zu beschützen und

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