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Das Verlorene Labyrinth

Das Verlorene Labyrinth

Titel: Das Verlorene Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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sie verächtlich. »Dann erklärt mir doch bitte, was Frauen Eurer Meinung nach angeht. Die Liebe?« Sie drückte fester zu. »Das hier? Wie würdet Ihr das nennen, Lust?«
    Congost ahnte die Falle, aber er war von ihr gebannt und wusste nicht, was er sagen oder tun sollte. Unwillkürlich beugte er sich zu ihr vor. Seine feuchten Lippen klappten auf und zu wie ein Fischmaul, und seine Augen schlossen sich fest. Er mochte sie ja verachten, aber sie schaffte es immer wieder, dass er sie wollte, denn trotz all seiner Belesenheit und Schriftkunde wurde er genau wie alle Männer von diesem Ding beherrscht, das zwischen seinen Beinen hing. Er widerte sie an.
    Unvermittelt nahm sie ihre Hand weg, nachdem sie die gewünschte Reaktion erzielt hatte.
    »Nun, Jehan«, sagte sie kalt. »Wenn Ihr mir nichts erzählen möchtet, dann könnt Ihr auch gehen. Ich habe hier keine Verwendung für Euch.«
    Oriane sah etwas in ihm zerbrechen, als erinnere er sich in diesem Moment an alle Enttäuschungen und Rückschläge, die er in seinem Leben erlitten hatte. Ehe sie sich's versah, hatte er sie so hart geohrfeigt, dass sie rückwärts aufs Bett fiel.
    Verblüfft schnappte sie nach Luft.
    Congost stand reglos da und starrte auf seine Hand, als hätte sie nichts mit ihm zu tun.
    »Oriane, ich ...«
    »Ihr seid jämmerlich«, schrie sie ihn an. Sie schmeckte Blut im Mund. »Ich habe Euch gesagt, Ihr sollt gehen. Also geht. Geht mir aus den Augen!«
    Einen Moment lang dachte Oriane, er wollte sich entschuldigen. Doch als er den Blick hob, sah sie Hass darin, nicht Scham. Sie seufzte vor Erleichterung auf. Alles würde so laufen, wie sie es geplant hatte.
    »Ihr widert mich an«, brüllte er und wich vom Bett zurück. »Ihr seid nicht besser als ein Tier. Nein, schlimmer, Ihr wisst , was Ihr tut.« Er riss ihren blauen Mantel vom Boden hoch und schleuderte ihn ihr ins Gesicht. »Und bedeckt Euch. Wenn ich zurückkomme, will ich Euch nicht mehr so sehen, schamlos im Bett wie eine Hure.«
    Als sie sicher war, dass er den Raum verlassen hatte, sank Oriane zurück aufs Bett und zog ihren Mantel über sich, ein bisschen zittrig, aber amüsiert. Zum ersten Mal in ihrer vierjährigen Ehe war es diesem einfältigen alten Schwächling, mit dem ihr Vater sie verheiratet hatte, tatsächlich gelungen, sie zu überraschen. Sie hatte ihn provozieren wollen, gewiss, aber sie hatte nicht damit gerechnet, dass er sie schlagen würde. Und so fest. Sie strich sich mit den Fingern über die Stelle, die noch immer von dem Schlag brannte. Er hatte ihr wehtun wollen. Vielleicht würde sie einen Bluterguss bekommen? Das könnte sie nutzen. Dann konnte sie ihrem Vater zeigen, was er ihr mit seiner Entscheidung eingehandelt hatte.
    Oriane setzte sich jäh auf und lachte verbittert. Sie war nicht Alaïs . Für ihren Vater zählte nur Alaïs , obwohl er sich Mühe gab, das zu verbergen. Für seinen Geschmack hatte Oriane zu große Ähnlichkeit mit ihrer Mutter, im Aussehen und im Charakter. Als ob es ihn auch nur eine Spur interessieren würde, ob Jehan sie halb tot prügelte! Er würde denken, dass sie es verdient hatte.
    Einen Moment lang ließ sie die Eifersucht, die sie vor allen außer vor Alaïs verborgen hielt, hinter der vollkommenen Maske ihres schönen, unergründlichen Gesichts hervorquellen. Ihren Groll über ihre Machtlosigkeit, über ihren mangelnden Einfluss, ihre Enttäuschung. Was nützten ihr Jugend und Schönheit, wenn sie an einen Mann gefesselt war, der keinen Ehrgeiz und keine Aussichten besaß, einen Mann, der noch nie ein Schwert geführt hatte? Es war ungerecht, dass ihre jüngere Schwester Alaïs alles hatte, was ihr, Oriane, verwehrt blieb. Obwohl es ihr doch eigentlich zustand.
    Oriane drehte den Stoff zwischen den Fingern, als kniffe sie in Alaïs ' blassen, dünnen Arm. Die unscheinbare, verzogene, verwöhnte Alaïs . Sie drückte fester zu, sah vor ihrem inneren Auge, wie sich ein lila Bluterguss unter der Haut ausbreitete.
    »Ihr solltet ihn nicht verspotten.«
    Die Stimme ihres Geliebten drang durch die Stille. Sie hatte fast vergessen, dass er noch da war.
    »Warum nicht?«, fragte sie. »Das ist das einzige Vergnügen, das ich an ihm habe.«
    Er schlüpfte durch den Vorhang und berührte ihre Wange mit den Fingern. »Hat er Euch wehgetan? Man sieht den Abdruck seiner Hand.«
    Sie lächelte über die Besorgnis in seiner Stimme. Wie wenig er sie doch kannte. Er sah nur, was er sehen wollte, das Bild der Frau, für die er sie hielt.
    »Es

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