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Das Verlorene Labyrinth

Das Verlorene Labyrinth

Titel: Das Verlorene Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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ich weiß nicht«, sagte sie ratlos. »Ich hab mir schon den ganzen Tag das Gehirn zermartert, aber ich kann mich nicht erinnern. Das Seltsame ist, dass ich sicher war, das Muster schon irgendwo anders gesehen zu haben, obwohl mir das Brett selbst nicht bekannt vorkam.« »Wo ist es jetzt?« »Auf dem Tisch in meinem Gemach«, sagte sie. »Warum? Glaubt Ihr, es ist wichtig?«
    »Dann könnte es also so gut wie jeder gesehen haben«, sagte er bedrückt.
    »Vermutlich«, antwortete sie unsicher. »Guilhem, einer von den Dienern, ich weiß es nicht.«
    Alaïs schaute auf den Ring in ihrer Hand, und plötzlich wurde ihr alles klar. »Ihr dachtet, der Mann im Fluss wäre Simeon«, sagte sie langsam. »Ist er auch ein Hüter?«
    Pelletier nickte. »Es gab keinen Grund für die Annahme, dass er es sei, und dennoch war ich mir plötzlich so sicher.«
    »Und die anderen Hüter? Wisst Ihr, wo sie sind?«
    Er beugte sich vor und legte die Finger über den merel. »Keine Fragen mehr, Alaïs . Achte gut auf den Stein. Bewahre ihn sicher auf. Und verstecke das Holzbrett mit dem Labyrinth vor neugierigen Augen. Nach meiner Rückkehr werde ich mich darum kümmern.«
    Alaïs erhob sich. »Wo mag das Brett wohl herkommen?«
    Ihre Hartnäckigkeit brachte Pelletier zum Schmunzeln. »Ich werde darüber nachdenken, Filha.«
    »Aber dass es hier ist, heißt das, irgendwer im Château weiß von der Existenz der Bücher?«
    »Das kann niemand wissen«, sagte er mit Nachdruck. »Wenn ich das für möglich hielte, würde ich es dir sagen. Auf mein Wort.«
    Es waren tapfere Worte, kämpferische Worte, doch seine Miene strafte sie Lügen.
    »Aberwenn ...«
    »Basta«, sagte er sanft und hob die Arme. »Genug jetzt.«
    Alaïs ließ sich von seiner gewaltigen Umarmung umhüllen. Sein vertrauter Duft trieb ihr Tränen in die Augen.
    »Alles wird gut«, sagte er mit fester Stimme. »Du musst tapfer sein. Tu nur das, worum ich dich gebeten habe, nicht mehr.«
    Er küsste sie auf den Kopf. »Komm uns im Morgengrauen verabschieden.« Alaïs nickte wortlos, traute ihrer eigenen Stimme nicht.
    »Ben, ben. Und nun, eile dich. Und möge Gott dich behüten.«
     
    Alaïs lief, ohne Luft zu holen, den dunklen Gang hinunter und hinaus auf den Hof, sah in allen Ecken Gespenster und Dämonen. Ihr drehte sich der Kopf. Die alte, vertraute Welt kam ihr plötzlich wie ein Spiegelbild ihres früheren Selbst vor, zugleich vertraut und doch völlig anders. Das Päckchen, das sie unter ihrem Gewand verbarg, schien ihr ein Loch in die Haut zu brennen.
    Draußen war die Luft kühl. Die meisten Menschen hatten sich zur Nachtruhe begeben, wenngleich in einigen wenigen Fenstern zum Cour d'Honneur hin noch immer Licht brannte. Lautes Gelächter von den Wachen am Wachhaus ließ sie zusammenfahren.
    Einen Augenblick lang bildete sie sich ein, die Silhouette einer Person in einem der oberen Zimmer zu sehen. Doch dann lenkte eine vorbeiflatternde Fledermaus sie kurz ab, und als sie wieder hochschaute, war das Fenster dunkel.
    Sie ging schneller. Die Worte ihres Vaters wirbelten in ihrem Kopf herum, all die Fragen, die sie noch hätte stellen sollen. Nach einigen Schritten spürte sie ein Kribbeln im Nacken. Sie spähte über die Schulter.
    »Wer ist da?«
    Niemand antwortete. Sie fragte erneut. In der Dunkelheit war etwas Böses, sie konnte es riechen, spüren. Alaïs beschleunigte ihre Schritte, hatte das sichere Gefühl, verfolgt zu werden. Sie hörte das leise Scharren von Füßen und schweres Atmen.
    »Wer ist denn da?« rief sie erneut.
    Urplötzlich schloss sich eine grobe, schwielige, nach Bier stinkende Hand über ihren Mund. Sie wollte aufschreien, doch schon spürte sie einen jähen, heftigen Schlag auf den Hinterkopf und fiel.
    Es kam ihr unendlich lange vor, bis sie den Boden erreichte. Dann krochen Hände über ihren Körper, wie Ratten im Keller, bis sie gefunden hatten, was sie suchten.
    »Aqui es.« Da ist es.
    Es war das Letzte, was Alaïs hörte, ehe die Dunkelheit sie umschloss.
     

Kapitel 11 Pic de Soularac
     
    Sabarthès -Berge
     
    Südwestfrankreich
     
    Montag, 4. Juli 2005
     
    A lice! Alice, hörst du mich?«
    Ihre Lider öffneten sich flatternd.
    Die Luft war kühl und klamm, wie in einer ungeheizten Kirche. Sie schwebte nicht, sondern lag auf dem harten, kalten Boden. Verdammt, wo bin ich? Sie spürte die feuchte Erde rau und uneben unter Armen und Beinen. Alice veränderte ihre Position. Spitze Steinchen und Kies kratzten an ihrer Haut.
    Nein,

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