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Das Verlorene Labyrinth

Das Verlorene Labyrinth

Titel: Das Verlorene Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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auf einmal nehmend, und war im Nu wieder oben in der Eingangshalle.
    Will klappte vornüber, stützte die Hände auf die Knie und versuchte wieder zu Atem zu kommen. Plötzlich wurde ihm klar, dass jeden Augenblick jemand hereinkommen und sehen könnte, dass er dort unten gewesen war. Rasch machte er oben an der Treppe das Licht aus, verriegelte mit zitternden Fingern die Tür und rückte den Wandteppich wieder zurecht, bis von außen nichts mehr zu sehen war.
    Einen Augenblick lang stand er einfach nur da. Die Standuhr verriet ihm, dass kaum zwanzig Minuten vergangen waren. Will schaute nach unten auf seine Hände, drehte und wendete sie, als gehörten sie nicht zu ihm. Er rieb Daumen und Zeigefinger aneinander, schnüffelte dann daran. Und roch Blut.

Kapitel 25
Toulouse
     
    A lice erwachte mit bohrenden Kopfschmerzen. Einen Moment lang hatte sie keine Ahnung, wo sie war. Sie blinzelte aus den Augenwinkeln auf die leere Flasche auf ihrem Nachttisch. Geschieht dir recht.
    Sie drehte sich auf die Seite und tastete nach ihrer Uhr.
    Viertel vor elf.
    Alice stöhnte und ließ sich aufs Kissen zurückrollen. Sie hatte einen schalen Geschmack im Mund und auf der Zunge einen säuerlichen Whiskeybelag.
    Ich brauch ein Aspirin. Wasser.
    Alice taumelte ins Bad und starrte sich im Spiegel an. Sie sah genauso schlecht aus, wie sie sich fühlte. Ihre Stirn war ein fleckiges Kaleidoskop aus grünen, lila und gelben Blutergüssen. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen. Sie konnte sich schwach erinnern, von Wäldern geträumt zu haben, von winterlichen, froststeifen Ästen. Das Labyrinth auf einem gelben Stück Stoff? Sie wusste es nicht mehr genau.
    Auch an ihre Fahrt von Foix hierher erinnerte sie sich nur nebulös. Sogar warum sie nach Toulouse gefahren war und nicht nach Carcassonne, was eigentlich nahe liegender gewesen wäre, konnte sie nicht mehr genau sagen. Alice stöhnte. Foix, Carcassonne, Toulouse. Ausgeschlossen, dass sie überhaupt irgendwohin fuhr, solange sie sich nicht besser fühlte. Sie legte sich aufs Bett und wartete, dass die Wirkung der Schmerztabletten einsetzte.
    Zwanzig Minuten später war sie zwar immer noch angeschlagen, doch das Pochen hinter ihren Augen hatte sich zu einem dumpfen Ziehen abgeschwächt. Sie blieb unter der dampfenden Dusche stehen, bis das Wasser kalt wurde. Ihre Gedanken wanderten zurück zu Shelagh und dem übrigen Ausgrabungsteam. Sie fragte sich, was sie jetzt wohl machten. Normalerweise war das Team gegen acht Uhr morgens hinauf zur Ausgrabungsstätte gefahren und bis Einbruch der Dunkelheit dort geblieben. Sie lebten und atmeten nur für die Ausgrabung. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie sie jetzt ohne die Arbeit klarkamen.
    Alice wickelte sich das dünne, fadenscheinige Hotelhandtuch um und sah nach, ob sie irgendwelche Nachrichten auf der Mailbox hatte. Noch immer nichts. Gestern Abend hatte sie das traurig gemacht, heute machte es sie sauer. In ihrer zehnjährigen Freundschaft hatte Shelagh sich schon mehr als einmal in vorwurfsvolles Schweigen zurückgezogen, manchmal wochenlang. Jedes Mal war es Alice gewesen, die irgendwann das klärende Gespräch suchte, und davon hatte sie endgültig die Nase voll. Jetzt soll sie mal den ersten Schritt machen.
    Alice kramte in ihrem Schminktäschchen herum, bis sie eine alte, selten benutzte Tube Abdeckcreme fand, womit sich die Blutergüsse zumindest einigermaßen kaschieren ließen. Dann legte sie Eyeliner und einen Hauch Lippenstift auf. Das noch feuchte Haar brachte sie mit den Fingern ein wenig in Form. Schließlich entschied sie sich für ihren bequemsten Rock und das neue blaue rückenfreie Top, packte alles andere zusammen und checkte aus dem Hotel aus, um anschließend Toulouse zu erkunden.
    Sie fühlte sich noch immer schlecht, aber frische Luft und eine ordentliche Dosis Koffein würden das schon richten.
     
    Nachdem sie ihr Gepäck im Wagen verstaut hatte, beschloss Alice, einfach aufs Geratewohl herumzuschlendern. Die Klimaanlage in ihrem Mietwagen war nicht besonders, daher wollte sie mit ihrer Weiterfahrt nach Carcassonne warten, bis die Temperatur sank.
    Als sie unter dem gesprenkelten Schatten der Platanen entlangspazierte, sich Kleider und Parfüms in den Schaufenstern ansah, ging es ihr allmählich besser. Ihre Reaktion vom Vorabend war ihr peinlich. Total paranoid, total übertrieben. Heute Morgen kam ihr der Gedanke absurd vor, es könnte jemand hinter ihr her sein. Ihre Finger glitten zu dem Zettel mit der

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