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Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl

Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl

Titel: Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
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Tugaren.« Und dann war er still.
    Andrew beugte sich vor, nahm ihm die Brille ab und schloss ihm sachte die Augen.
    Als er wieder ins Freie trat, wurde er Zeuge wilder Jubelfeiern.
    Er sah Hawthorne an der Kirchenmauer lehnen und ging zu ihm. Die Augen des Soldaten waren vom Schock geweitet.
    »Alles in Ordnung, Junge?«, fragte der Colonel.
    »Ich denke schon, Sir.«
    »Es geht uns allen so«, sagte Andrew und tätschelte ihm sachte die Schulter. »Im Dom liegt ein Freund von mir. Achten Sie darauf, dass niemand seinen Leichnam schändet.«
    »Keane, Keane!«
    Andrew blickte auf und sah, wie sich Kal durch die Menge schob.
    »Keane, ich wusste, dass Sie kommen würden«, sagte Kal leise.
    »Ja, wir sind gekommen«, sagte Andrew benommen. »Wir konnten nicht hinnehmen, dass sie Sie massakrierten.«
    Kal sah sich auf dem Platz um und schüttelte den Kopf.
    »Ist das der Preis der Freiheit?«, fragte er wie betäubt.
    »Gewöhnlich ja«, antwortete Andrew.
    »Wir sind frei, Keane, wir sind frei!«, sagte der Bauer, als erwachte er aus einem Traum.
    »Und der Preis wird noch gewaltig steigen, ehe Sie am Ziel sind«, erklärte Andrew und blickte zu seinen Männern hinüber, die nach wie vor in geordneten Reihen standen. Er sah allerdings, dass diese Reihen tragisch ausgedünnt waten.
    »Da sind immer noch die Tugaren.«



Kapitel 12
     
    Als die Stadttore aufschwangen, stiegen tumultartig Schreie auf.
    Andrew fühlte sich ein bisschen albern, als er seinem Pferd die Sporen gab und das Regiment mit rollendem Trommelschlag vorrückte, wobei die Männer den Battle Cry of Freedom schmetterten, den »Schlachtruf der Freiheit«.
    Er konnte nicht umhin, an den Brauch der alten Römer zu denken, einem siegreichen Legionskommandeur bei seiner Rückkehr aus dem Feld einen Triumphzug zu gewähren.
    Kal und eine Abordnung der Stadtältesten erwarteten ihn am Tor. Als Andrew sich ihnen näherte, verbeugten sie sich tief, drehten sich um und gingen den Soldaten voraus zum zentralen Platz.
    Lag es wirklich erst zwei Tage zurück, dass Andrew diese Straße hinaufgestürmt war, den Säbel in der Hand, die Seele verzehrt von Kampfbegeisterung? Wie in einem Traum sah er sich um. Viele Häuser zeigten Brandspuren, und ihre leeren Fenster wirkten wie geschwärzte Augenhöhlen. Es war ein Wunder, dachte er, dass nicht die ganze Stadt abgebrannt war. Erst heftiger Regen, der den Sturm ablöste, hatte die Feuersbrunst gelöscht.
    Rings um ihn drängten Menschen heran und winkten, fassten sein Pferd an, weinten, lachten. Er drehte sich im Sattel um und blickte die Straße zurück. Seine kampfgehärteten Soldaten grinsten breit über den Empfang, und ihr Lied übertönte noch das Geschrei der Menge:
    »Und wir füllen uns’re leeren Ränge Mit noch mehr freien Männern Und stimmen den Schlachtruf der Freiheit an!«
    Die leeren Ränge!, dachte Andrew traurig. Fünfundzwanzig weitere Männer ruhten jetzt auf dem Friedhofshügel, und sechzig Verwundete lagen noch im Lazarett. Der Blutzoll der Suzdalier würde wahrscheinlich nie genau zu bestimmen sein. Mindestens drei-, womöglich viertausend Tote, zusammen mit ein paar tausend von der Gegenseite. Und doch feierten die Menschen.
    Mit wirbelndem Trommelschlag rückte das Regiment auf den Zentralplatz vor und marschierte darüber hinweg zum Dom, auf dessen Vortreppe sie eine Gestalt in goldenen Gewändern erwartete.
    Vor der Kathedrale angekommen, zügelte Andrew das Pferd, und die Marschkolonne hielt an. Der goldgewandete Priester hob die Hände zum Segenszeichen, und die Menschen auf dem Platz, darunter viele von O’Donalds Männern, bekreuzigten sich.
    Der Priester stützte sich auf einen jungen Akolythen und humpelte die Stufen herab, und als Andrew vom Pferd stieg, schüttelte er ihm die Hand, was die Zuschauer wieder zu lauten Schreien anspornte.
    »Wie Er starb, um die Menschen zu heiligen, so lasset uns sterben, um die Menschen zu befreien«, sagte Casmar lächelnd, und ungeachtet all seiner bekümmerten Gedanken konnte Andrew nicht umhin, ebenfalls zu lächeln.
    »Sie erwarten, dass Ihr etwas sagt«, sagte Casmar und deutete auf die gespannt wartende Menge.
    Andrew hatte diesen Augenblick gefürchtet, aber er wusste, dass es getan werden musste. Er stieg mit Casmar die Stufen hinauf, drehte sich um und blickte über den Ozean aus Gesichtern hinweg.
    »Bürger von Suzdal!«, begann er, und sein Tenor drang deutlich durch die kalte Winterluft. »Ihr habt euch als Männer und Frauen mit der

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