Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit
erklärte Kal langsam, als stellte er das schon zum hundertsten Mal fest. »Wir hatten geglaubt, die Merki würden uns mit Pfeil und Bogen angreifen, und die leichte Artillerie ist für Feldschlachten gegen einen solchen Gegner am besten geeignet.«
»Dann hat jemand einen entsetzlichen Fehler begangen«, wandte Mikhail ein.
»Wir alle haben einen entsetzlichen Fehler begangen«, erwiderte Kal.
»Ein Boot kommt gerade um die Flussbiegung«, meldete Hans, nur zu froh, dass er die Gruppe wenigstens für den Augenblick ablenken konnte.
Bei dem Fahrzeug handelte es sich um ein kleines Cartharammschiff, dessen Ruder in rhythmischer Folge stiegen und sanken, während ein Lateinsegel vom leichten Südwestwind straff gespannt wurde. Eine große weiße Flagge flatterte am Mast.
Die Galeere kam rasch näher, und der ferne Gesang der Ruderer wurde lauter, ein Kontrapunkt zu den Senatoren, die jetzt allerdings den Mund hielten. Das Fahrzeug wurde langsamer, als es sich dem äußeren Ring aus Erdschanzen um die Stadt näherte. Der Kommandant ließ eng ans Ufer schwenken; der Bug durchschnitt das flache Wasser, und die Mannschaft beeilte sich, das Segel einzuholen. Ein in Purpur gekleideter Carthakrieger stieg in die Wanten, wandte sich der Bastion zu und legte die Hände wie einen Trichter vor den Mund.
»Ich bin Sendbote der Carthas!«, rief er in einem Rus, das fast so schlecht war wie das O’Donalds. »Man hat mich geschickt, um mit den Herrschern der Rus-Republik zu sprechen!«
Kal trat an die Brüstung.
»Du sprichst mit dem Präsidenten von Rus«, antwortete er.
»Man hat mich angewiesen, diese Verhandlung auch mit dem Senat zu führen.«
Mikhail drängte sich an O’Donald vorbei; als sich ihre Schultern berührten, bewegte der beiderseitige Hass den Senator, kurz stehen zu bleiben und den Iren mit einem düsteren Lächeln zu bedenken, ehe er an Kals Seite trat. Die übrigen Senatoren schwärmten nach vorn und schlossen sich ihm an.
»Der Senat ist hier!«, schrie Mikhail.
Kal warf ihm einen kalten Blick zu.
»Ich überbringe Euch allen das Angebot einer friedlichen Einigung«, erklärte der Sendbote. »Zunächst sollt Ihr wissen, dass Eure Armee tapfer gekämpft hat, aber geschlagen und vor der Stadt Hispania gefangen genommen wurde. Wir hatten ihr einen Hinterhalt gelegt, in den sie des Nachts tappte, um dann auseinander getrieben zu werden. Etliche Tausende sind nun unsere Gefangenen und werden freigelassen, sobald eine friedliche Einigung erzielt wurde.«
»Ich möchte einen Beweis dafür sehen«, sagte Kal.
»Dann reist nach Hispania«, spottete der Sendbote. »Euer Colonel Keane wurde dort unter allen Ehren beigesetzt, wie auch Euer Sohn Hawthorne. Mit Eurer Erlaubnis schicke ich einen Mann ans Ufer, um einen Gegenstand zu übergeben.«
Kal nickte.
Ein Cartha mit einem Paket unterm Arm trat an die Reling und sprang ins Wasser. Er kam wieder an die Oberfläche und legte die kurze Strecke schnell zurück; im Ufergewässer suchte er sich vorsichtig einen Weg durch die Verhaue, watete durch den Wassergraben und erstieg dann die Erdschanze.
O’Donald trat auf den Mann zu, der sich nervös umblickte, And entriss ihm das lange Paket.
»Verschwinde jetzt von hier, du schmutziger Hund!«, raunzte O’Donald.
Kal sah den Artilleristen an und gab ihm mit einem Nicken zu verstehen, er möge das Paket öffnen.
Die Schutzhülle aus ölgetränktem Leder wurde entfernt.
»Es ist ein Säbel«, sagte O’Donald leise und hob die Klinge, um die eingravierten Worte darin zu lesen.
»›Für General Vincent Hawthorne, übergeben von seinen alten Kameraden des 5. Suzdalischen. Wie Er starb, um Menschen zu erlösen, wollen wir sterben, um Menschen zu befreien‹«, las er vor.
Tränen verschleierten ihm den Blick.
»Der Junge – zur Hölle mit ihnen, er war doch noch ein Junge!«
Hans trat an seine Seite und nahm ihm das Schwert ab.
»Dreckiges Lumpenpack!«, brüllte O’Donald und trat an die Brüstung. »Ich schneide euch die Lebern heraus!«
»Pat, kommen Sie zurück«, befahl Kal und ging zu seinem Freund hinüber.
»Dies ist eine Verhandlung, die uns noch den Frieden bewahren kann!«, schrie Mikhail. »Schafft diesen großmäuligen Säufer hier weg!«
»O’Donald, machen Sie einen Spaziergang«, sagte Hans, und der sanfte Ton konnte nicht überdecken, dass es sich um einen Befehl handelte.
»Ja, Sir«, knurrte O’Donald und salutierte wütend. Er ging an Mikhail vorbei und stieß ihn mit der
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