Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit
alte Batterie ab und sah sich an, wie die Männer wieder ihrem Handwerk nachgingen. Die Sergeants richteten sich auf und streckten jeweils den rechten Arm aus, um zu signalisieren, dass die Kanone geladen war. An jedem Geschütz trat der vierte Mann vor, steckte den Friktionszünder ins Verschlussstück und trat zurück, die gespannte Abzugsleine in der Hand.
O’Donald blickte, die Faust erhoben, die Reihe hinauf und hinab, die halb gerauchte Zigarre zwischen die Zähne geklemmt.
»Von rechts der Reihe nach!«
Er senkte die Faust.
»Feuer!«
Der erste Napoleoner sprang rückwärts, und eine Wolke Schwefelrauch hüllte die Bastion ein. Eine Kanone nach der anderen, stürmte die Salve die Bastion entlang.
»Nachladen!«
Zusammen mit Hans und Kal trat O’Donald an die Brüstung, während der Rauch rings um sie Wirbel bildete und sich zerstreute. Eine Wasserfontäne platzte an Steuerbord der Ogunquit vor ihrem Bug empor. Ein Funkenregen entsprang an der vorderen Panzerplatte, einen Augenblick später gefolgt von zwei weiteren. Erneut brach eine Fontäne dicht an der Wasserlinie des Schiffs empor, und dann prallte die Kugel ab. Geysire brodelten, Funken zischten, und ein Kesselpaukendröhnen von Eisen auf Eisen rollte über den Fluss.
O’Donald verfolgte das Geschehen konzentriert, die Zigarre fest zwischen den Zähnen, und fluchte unterdrückt.
»Verdammt, wir haben ihm kaum eine Delle verpasst!«, keuchte er.
»Batterien, nach Belieben feuern!«
»Vielleicht, wenn er näher kommt«, sagte Kal hoffnungsvoll.
O’Donald wich von der Brüstung zurück und gab sich nicht die Mühe zu antworten.
»Die Kanonenboote!«, schrie Hans.
Rauchwolken schienen schnurgerade von den beiden Schiffen aufzusteigen.
»Gottverdammte Mörser«, stellte O’Donald fest. »Ich habe diese Scheißdinger immer gehasst.«
Die Veteranen der Vierundvierzigsten unterbrachen ihre Arbeit und blickten auf; die suzdalischen Kanoniere stockten ebenfalls, die Augen groß vor Entsetzen. Nach mehreren Sekunden fuhren die Männer der Vierundvierzigsten damit fort, die Kanonen nachzuladen.
»Man kann sehen, wohin sie fliegen!«, rief O’Donald und zeigte auf eine deutlich sichtbare Kugel, die immer höher stieg. »Sie zielen auf die Stadt. Jetzt legt endlich zu, zur Hölle mit euch!«
Kal musterte den Artilleristen, wie er mit verschränkten Armen dastand und die Mörsergranaten mit dem Blick verfolgte, die jetzt direkt über ihnen waren. Die Zwillingskugeln schienen in der Luft zu schweben und dann mit alarmierender Schnelligkeit zu stürzen. O’Donald drehte sich um.
»Auf dieser Seite des Platzes!«
Die Granaten stürzten herab. Eine detonierte plötzlich in einem grellen Blitz, während sie noch mehrere hundert Fuß in der Luft war, und die Splitter breiteten sich heulend aus.
Die zweite stürzte mit dumpfem Krachen hinter die Mauer. O’Donald schüttelte den Kopf.
»Miese Zünder.«
Der Napoleoner neben ihm feuerte, und eine Welle aus Feuer peitschte die Kampflinie entlang; die Kanoniere sprangen nach vorn und rollten die Geschütze nach dem Rückstoß wieder in Stellung.
O’Donald verfolgte das mit kalter Professionalität. Es war eine interessante Aufgabe. Bislang hatten stets Rebellen oder Tugaren das Ziel für ihn abgegeben, niemals jedoch gepanzerte Schiffe. Er kaute auf der Zigarre, sah sich an, wo die Kugeln einschlugen, und der Bauch verspannte sich ihm mit der kalten Erkenntnis, das er hier wenig mehr erreichte, als Pulver zu verbrennen.
»Feuer einstellen, bis er auf hundert Meter heran ist!«
»Wir werden ihn nicht aufhalten«, sagte Hans leise.
O’Donald musterte den alten Sergeant.
»Sofern wir nicht besonderes Glück haben, hege ich keine große Hoffnung.«
Etliche Minuten verstrichen in Stille, während die Ogunquit erbarmungslos näher kam, gefolgt von einer Parade gepanzerter Kanonenboote.
»Der Rest ist bestimmt mit regulären Kanonen bestückt. Die beiden anderen sind Mörserboote, die mindestens Hundert-Pfund-Granaten verschießen.«
Auf knapp zweihundert Meter klappte das vordere Geschützluk erneut auf.
Entlang der Mauer duckten sich Kanoniere und Infanteristen. O’Donald blieb aufrecht, mit Hans und Kal an seiner Seite, als wollte er seine Geringschätzung demonstrieren.
Eine Flammenzunge schoss aus dem Luk, sofort gefolgt vom Heulen der Kugel. Ein Abschnitt der alten Stadtmauer hundert Meter hinter ihnen explodierte in einem Splitterregen. Schmerzensschreie drangen durch die Luft. Wie zum
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