Das Verlorene Symbol
ausruhen.«
»Sie auch.«
Nein, ich muss beten.
KAPITEL 124
Als die Aufzugtür sich öffnete, waren sämtliche Lampen des Tempelsaals eingeschaltet.
Katherine Solomon war noch immer ein bisschen wackelig auf den Beinen, als sie auf der Suche nach ihrem Bruder den großen Saal betrat. Die Luft war kalt und roch nach Weihrauch, und der Anblick, der sich Katherine bot, ließ sie mitten im Schritt innehalten.
Inmitten des prachtvollen Saales lag ein blutiger, tätowierter Leib auf einem niedrigen Steinaltar, von Glassplittern durchsiebt. Hoch oben war durch ein klaffendes Loch in der Decke der Himmel zu sehen.
Mein Gott!
Katherine wandte entsetzt den Blick ab, suchte nach Peter und sah ihn auf der anderen Seite des Raums sitzen. Er unterhielt sich mit Langdon und Sato, während ein Sanitäter ihn versorgte.
»Peter!«, rief Katherine und lief zu ihm hinüber. »Peter!«
Ihr Bruder hob den Blick, und Erleichterung zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. Er erhob sich und trat auf sie zu. Peter Solomon trug ein schlichtes weißes Hemd und eine dunkle Hose, die ihm vermutlich jemand unten aus seinem Büro geholt hatte. Sein rechter Arm lag in einer Schlinge, und seine Umarmung war ein wenig unbeholfen, doch Katherine fiel es kaum auf. Ein vertrautes Gefühl umgab sie, schützend wie ein Kokon. So war es immer schon gewesen, seit ihrer Kindheit, wenn ihr großer Bruder sie in den Arm nahm.
Schweigend hielten sie einander umschlungen.
Schließlich löste Katherine sich von ihm und schaute auf die Schlinge und auf den Verband, wo einst seine rechte Hand gewesen war. Wieder traten ihr die Tränen in die Augen. »Es tut mir so leid.«
Peter zuckte mit den Schultern, als wäre der Verlust seiner Hand nicht von Bedeutung. »Sterbliches Fleisch. Der Körper ist nicht für ewig. Wichtig ist nur, dass es dir gut geht.«
Peters unbeschwerte Antwort erinnerte Katherine an all die Gründe, warum sie ihn so sehr liebte. Sie strich ihm über den Kopf und spürte das unzerstörbare Familienband … das gemeinsame Blut, das durch ihre Adern floss.
Tragischerweise wusste sie, dass sich auch noch ein dritter Solomon im Raum befand. Die Leiche auf dem Altar ließ Katherine erschaudern, und sie versuchte, die Erinnerung an die Fotos zu verdrängen, die sie gesehen hatte.
Erneut wandte sie sich ab, und diesmal fand ihr Blick Robert Langdon.
Sie sah tiefempfundenes Mitgefühl in seinen Augen, als wisse er genau, was sie dachte. Peter weiß es.
Starke Gefühle ergriffen von Katherine Besitz – Erleichterung, Mitgefühl, Verzweiflung. Sie spürte, wie der Körper ihres Bruders zu zittern begann wie der eines Kindes. Das hatte sie noch nie erlebt.
»Lass es raus, Peter«, flüsterte sie. »Lass es einfach raus.«
Peters Zittern wurde stärker.
Wieder schloss Katherine ihn in die Arme und streichelte ihn über den Hinterkopf. »Peter, du warst immer der Starke … Du warst immer da für mich. Aber jetzt bin ich für dich hier. Ist schon gut, ich bin bei dir.«
Sanft drückte Katherine seinen Kopf auf ihre Schulter … und der große Peter Solomon begann in ihren Armen haltlos zu schluchzen.
Direktor Sato trat ein Stück beiseite, um einen Anruf entgegenzunehmen.
Es war Nola Kaye. Zur Abwechslung hatte sie gute Nachrichten.
»Noch immer keinerlei Anzeichen dafür, dass die E-Mail verbreitet worden ist.« Sie klang hoffnungsvoll. »Wäre es anders, hätten wir inzwischen etwas gefunden. Sieht so aus, als hätten Sie die Versendung in letzter Sekunde verhindert.«
Dank Ihnen, Nola, dachte Sato und schaute auf den Laptop, auf dem Langdon gesehen hatte, wie die Übertragung abgeschlossen worden war. Das war verdammt knapp.
Auf Nolas Vorschlag hin hatte der Agent, der das Haus durchsuchte, die Mülltonnen überprüft und dabei die Verpackung eines erst kürzlich gekauften Laptopmodems entdeckt. Mit Hilfe der genauen Modellnummer hatte Nola die entsprechenden Übertragungswege und Provider überprüfen und anhand dessen den wahrscheinlichsten Zugangsknoten des Laptops ermitteln können – einen kleinen Sender an der Ecke Sechzehnte und Corcoran, drei Blocks vom Tempel entfernt.
Nola hatte die Information sofort an Sato im Hubschrauber weitergeleitet. Beim Anflug auf das Haus des Tempels war der Pilot in den Tiefflug gegangen und hatte den Sender mit einem elektromagnetischen Impuls lahmgelegt, nur Bruchteile von Sekunden, bevor der Laptop seine Übertragung hatte abschließen können.
»Sie haben heute Nacht hervorragende
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