Das Vermaechtnis
auf den kleinen Durchgang an der Seite des Standes. Hier sind sie auch unbemerkt von den anderen, da sie dort viele Tücher aufgehängt haben, die sie vor der erbarmungslosen Sonne schützen. Der Schreiber stellt sich sozusagen auf die ‚Schwelle’ der Tür.
„Trage nun dein Anliegen vor. Du brauchst vor den Göttern nicht mehr alle Vergehen vorzutragen, denn das hast du bereits getan. Doch sage ihnen, dass du den Text unbedacht in deinem Haus und dazu noch an einem falschen Ort gelagert hast. Doch dass es vom Tempel aus nicht gewollt war, war dir nicht bewusst. Sage, dass du nichts Unrechtes getan hast und dir niemand gesagt hatte, dass du dies nicht dürftest, geschweige denn, dass du es irgendwo gelesen hast. Sage, dass du den Text umgehend in den Tempel zur Aufbewahrung zurückgibst, und dass du den Teil gen Westen in deinem Hause, wo er gelegen hat, gut reinigst. Sage, dass du den Text für die Götter auswendig lernen willst, sodass du die Tafeln nicht mehr benötigst. Danach wende ich den Schadenszauber um und damit von dir ab.“
Der Schreiber beginnt, wie sie es aufgezählt hatte.
Während er jetzt spricht, nimmt Elieanor-Adda-Guppi ein kleines Kräuterbüschel und wedelt mit diesem über seinem Kopf. Dabei sagt sie leise die Worte, die sie in Form einer Tür geschrieben hat und hält den Ton mit den Zeichen in der Hand.
Als er fertig ist, schlägt sie das kleine Kräuterbüschel auf den Ton, siebenmal. Dann verschmiert sie die sich überkreuzenden Zeichen in der Mitte der Tür und drückt sie in umgekehrter Folge wieder hinein. Das, was dort jetzt steht, sagt sie siebenmal leise und hauchte die Worte dabei in den Ton. Dann nimmt sie ein kleines Tuch und wickelt den Ton hinein.
„Trockne es an der Sonne, damit Schamasch dies liest und er dich vor weiterem Schaden dieser Person bewahrt. Dann vergrabe es draußen vor der Stadt. Reinige den westlichen Bereich deines Hauses mit den Kräutern, die ich dir mitgebe, bringe den Text zurück. Dann müsste es dir wieder vollkommen gut gehen, denn du bist ein guter Mensch.“
Der junge Schreiber ist fast sprachlos und sehr ergriffen.
„Große Elieanor-Adda-Guppi , wie kann ich dir danken? Du tust dies für mich, was ich niemals hätte bezahlen können!“
„Siehst du, die Götter haben deine Träume gesehen. Da sie rein sind, denn du dienst ihnen aufrichtig, haben sie dir geholfen. Ich bin letztendlich nur ein Werkzeug. Wir wissen alle, dass die Götter im richtigen Augenblick durch Gebete, Opfer und rituelles Handeln umgestimmt werden können. Dass du dich im Deuten der Sterne schon gut auskennst, ist ein großer Vorteil. Gerade der König bevorzugt die Mondorakel oder auch die Befragung des Einflusses der Planeten. Besonders auf Fragen der Ernte hat die Stellung der Planeten und auch ihr Aussehen eine große Bedeutung.
Bevor ich es vergesse – welches Unheil hattest du denn abgewendet, bevor du krank wurdest? Es muss ja ein Fluch gewesen sein, der dann auf dich umgeleitet wurde.“
„Ich sah einen Mann im Schatten einer Hausmauer sitzen. Es fiel, genau in dem Moment, als ich an ihm vorbeiging, eine Schlange links neben ihm nieder. Ich reagierte in kürzester Zeit, denn ein Zögern hätte den Tod des Mannes bewirkt. Ich sah einen Stein, nahm ihn und erschlug die Schlange. Der Mann erschrak sich sehr, denn er hatte geschlafen, und er war mir überaus dankbar. Er fühlte sich tief in meiner Schuld. Doch ich wollte nichts von ihm nehmen, denn er war arm, das sah ich an seinem Gewand.
Ich sagte ihm einfach, es sei meine Aufgabe vor den Göttern, dies zu tun und ging weiter meines Weges. Abends ging es los, dass ich durch die Nase keine Luft mehr bekam“, erklärt er.
„Da haben wir es wieder: Die Schlange, die links neben dem Mann niederfiel, bedeutete, dass ein Fluch den Mann treffen sollte. Du hast hier, ohne vorher kurz anzufragen, gehandelt, was ich durchaus verstehen kann. Doch die große Kraft eines Priesters ist die Besonnenheit, mit der er alle Dinge betrachtet und angeht. Ich denke, für den Mann ist es wichtig, damit er freikommt von dem Schuldgedanken, dass du ihn aufsuchst und ihn um ein Essen bei ihm bittest, damit er dir etwas Gutes tun kann.
Auch wenn das für ihn bedeutet, dass er sein Essen, das er vom Tempel bekommt, mit dir teilt. So nimm dies an, damit der Fall bis zur letzten Ursache gereinigt werden kann.“
„Das will ich gern tun. Ich werde zu ihm gehen und ihn fragen, ob er es tun möchte. Wenn wir den Fall aber komplett
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