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Das Vermaechtnis

Das Vermaechtnis

Titel: Das Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Scherer-Kern
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geschwollen ist, kann es ein gutes oder schlechtes Omen sein. Zum Beispiel‚ wenn die Gallenblase mit rötlichen Fäden überzogen ist, wird bald Regen fallen.
    Die Darmwindungen sind auch immer wieder interessant. Auch die anderen Organe.
    Besonders interessant sind die ganzen Vorzeichen des Opferschafes, ich meine des Opferwidders. Wie er sich zuvor verhält, vor der Tötung und auch während der Tötung, wie die Ohren stehen, die Zunge aussieht, ob es mit den Zähnen knirscht, die Augen verdreht, welche Laute es von sich gibt. Wendet sich das Schaf von rechts nach links oder links nach rechts. Wobei rechts stets als positiv gesehen wird.“
    „Das hört sich wirklich schon sehr belesen an – du wirst sicher bald konkretere Erfahrungen sammeln können, nicht nur am Tonmodell. Für den König zu orakeln bedeutet keine leichte Aufgabe, denn es sind schon Priester wegen ihrer falschen Aussagen getötet worden. Auch gilt es, alle Deutungen zu überprüfen, bevor sie ausgesprochen werden.
    Aus einer Leber kann erst gelesen werden, wenn alle Vorzeichen an diesem Opferwidder positiv waren. Wenn auch nur ein einziges Merkmal schlecht ist und alle anderen Merkmale gut, soll dennoch ein neuer Widder genommen werden, so lange, bis alle Vorzeichen stimmen. Dann erst geht es über zu den Innereien.
    Ich kann mir sehr gut vorstellen, bei deinem Fleiß, dass du bestimmt schon einen großen Raum mit den Tontafeln füllen kannst, die von dir geschrieben wurden.“
    Er lacht und nickt zustimmend mit einem kleinen Seufzer. „Oh ja, das stimmt. Ich liebe es nach wie vor. Dabei kommt mir oft der Gedanke an das zerstörte Archiv des Königs Assurbanipal in Ninive . Für dich muss es ein harter Schlag gewesen sein. Man erzählt sich, dass dort die größte Sammlung von Tontafeln gewesen sein soll, die größte die es je gegeben hat. Ich kann einfach nicht verstehen, wo ihm die Erhaltung aller prächtigen Bauten so am Herzen liegt, dass er Ninive damals komplett zerstören ließ, obwohl dort der Assyrer-König Assurbanipal dieses riesige Archiv mit Stein- und Tontafeln errichtet hatte. Das ist Wissen für alle! Die Sammlung soll schon über 10.000 Tafeln gezählt haben. Aus dem ganzen Land von Babylonien und Assyrien hatte er wichtige Texte an diesem Ort versammelt. Wie schade um all das Wissen und die Arbeit von unendlichen Stunden von Beobachtern und Schreibern“, sagt der junge Schreiber mit einem Kopfschütteln und einem seinen eigenen Berufsstand betreffenden Mitgefühl.
    „Das kann ich dir sehr gut nachfühlen, auch ich kann es nicht verstehen. Ich hörte, dass allein 7.000 Texte von Omina sich auf Keilschrifttafeln darin befunden haben sollen – eine einmalige Sammlung von Gebeten und Ritualanweisungen – göttliche Offenbarungen oder wie schreiben sie so schön, das Wissen ‚der alten Weisen aus der Zeit vor der Sintflut’.
    Das Enûma elîsch hatten sie dort aufbewahrt, die Geschichte des Gilgamesch , die Gesetze Hammurabis , viele alte Erzählungen, Handbücher für Ärzte, eine große Anzahl von Angaben zur Herstellung von Heilmitteln, wichtige Briefe und Verwaltungsurkunden, Berichte von Königen und noch viele andere. Assurbanipal soll selbst ein Meister in Sprache und Wort gewesen sein. Er wollte mit seinem Archiv das Wissen unserer Zeit und das unserer Vorfahren für immer aufbewahren.
    Krieg ist ohne Sinn, es wird nur zerstört, was anderen am Herzen liegt!
    In Kriegszeiten wird einfach nichts respektiert, selbst solch eine in jeder Hinsicht wertvolle Sammlung für die jetzige und für die nachfolgende Welt.“
    Der junge Schreiber fährt mit wichtiger Miene fort: „Messen können wir uns nicht mit diesem einmaligen Archiv, doch auch unsere Sammlung hat schon einen beachtlichen Umfang. Nun, wir haben hier unsere eigene Aufbewahrungshalle aller Texte gleich neben den Schreibhallen, wo tagtäglich das Wichtigste abgeschrieben wird, damit es im Falle einer Zerstörung immer noch einmal an einem anderen geheimen Ort existiert. Wir bewahren sie in Tongefäßen, verschließen sie mit einer Tonplatte und versiegeln sie mit Erdpech. So können sie gut und unauffällig überall hintransportiert werden, lagern trocken und können lange Zeiten überdauern.  
    Als Schreiber erfährt man sehr viel, man lernt viel und alles, was man geschrieben oder gelesen hat, hat man in seinem Kopf, und man bereichert sich damit an Wissen.
    Ganz interessant sind die Ergebnisse des Tages, die abends zusammengetragen werden, sodass man

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