Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)
selbst der stürmische Krieger wurde bei ihrem Anblick misstrauisch.
„Was tut ihr denn hier?“, fragte er, sobald sie in Rufweite waren.
Gerade noch rechtzeitig erinnerte sich Julius an die unbequeme Fähigkeit der Gildemitglieder, Gedanken lesen zu können. Darum hielt er es für das Beste, die Wahrheit zu sagen: „Wir sind auf dem Weg nach Komar, um Logis zu treffen.“
Pierre sah kritisch von Julius zu Elaine und wieder zurück. Obwohl Julius versuchte, eine undurchdringliche Miene aufzusetzen und Elaine seinem Blick auswich, durchschaute er die Situation sofort.
„Was ihr Julien erzählt oder verschweigt, ist mir gleichgültig. Aber allein durch das Land zu reiten, ist einfach zu gefährlich. Ich kann das nicht zulassen“, Julius wollte widersprechen, doch dann bemerkte er das listige Funkeln in den Augen des Elfen. Der junge Prinz wusste, dass auch Pierre das ewige Abwarten und Untätigsein kaum ertragen konnte, „darum werde ich euch begleiten.“
Er grinste über das ganze Gesicht, froh darüber, endlich etwas tun zu können. Julius war sehr erleichtert, nicht nur, weil Pierre sie nicht aufhielt, sondern auch, weil ihnen die Anwesenheit des Elfen zusätzliche Sicherheit gab.
„Wird Larenia dich nicht vermissen?“, unbewusst verwendete er beinahe die gleichen Worte wie Elaine zuvor.
„Das glaube ich kaum. Außerdem, wenn sie mich wirklich finden will, stellt die Entfernung zwischen Arida und Komar kein Hindernis dar.“
So ritten sie zu dritt in Richtung Komar weiter, unbehelligt und scheinbar auch unbemerkt. Sie übernachteten in einem kleinen Küstenort nahe der Grenze. Und während sie am nächsten Tag die Ländereien von Komar erreichten, erlebte der Hauptmann der Wache einige sehr unangenehme Momente. Zuerst musste er König Julien erklären, wohin sein Sohn verschwunden war. Nachdem er den Wutanfall des Königs überlebt hatte, trat er aus dem Thronsaal und direkt vor Larenia. Allerdings schien sie schon über einen Großteil der Geschehnisse informiert zu sein. Zornig funkelte sie den Mann an: „Was haben diese Wahnsinnigen getan?“
Philipe, der neben ihr stand, flüsterte ihr etwas ins Ohr, woraufhin sie sich etwas beruhigte.
„Julius und Elaine sind nach Komar unterwegs“, der Hauptmann, der sich sichtbar unwohl fühlte, beeilte sich, ihr zu antworten, „und einer meiner Männer hat sie zusammen mit Pierre wegreiten sehen, gestern früh schon.“
„Diese verdammten Narren“, sie drehte sich zu Philipe um, der sie erstaunt ansah. Nie zuvor hatte er Larenia fluchen hören. „Bist du dir sicher?“
Der Hauptmann ergriff die Möglichkeit zur Flucht, da ihn die beiden Kandari nicht weiter beachteten.
„Vollkommen sicher“, ruhig und ernst erwiderte Philipe ihren Blick, „wenn sie keine Hilfe erhalten, wird einer von ihnen nicht zurückkommen.“
„Ich wünschte, Pierre würde ein einziges Mal mit mir sprechen, bevor er handelt.“
Mit diesen Worten wandte sie sich um und hastete davon. Beinahe rannte sie François um, der gerade auf dem Weg zum König war. Aber Larenia blieb nicht einmal stehen, um sich zu entschuldigen.
Ratlos sah François Philipe an, der noch immer am gleichen Fleck stand: „Was ist denn hier los?“
Philipe seufzte: „Ich fürchte, ich habe eine ungünstige Situation in eine absolute Katastrophe verwandelt.“
François zog fragend die Augenbrauen hoch.
„Pierre, Julius und Elaine sind nach Komar geritten. Ich habe Larenia gesagt, dass, sollten sie keine Hilfe erhalten, einer von ihnen diese Reise nicht überleben wird.“
„Ich dachte, du würdest deine Gabe nicht mehr als Wegweiser für deine Handlungen benutzen.“
„Was hätte ich denn sonst tun sollen?“
„Das war kein Vorwurf. Aber was hat Larenia nun vor?“
Philipe sah jetzt wirklich verzweifelt aus: „Sie will ihnen folgen.“
Besorgt runzelte François die Stirn und blickte den Gang entlang: „Vielleicht sollte ich mitgehen.“
„Nein!“, entsetzt und heftig schüttelte Philipe den Kopf, „es reicht, dass Larenia und Pierre verschwunden sind. Wir können es uns nicht leisten, noch jemanden zu verlieren.“
Pierre, Julius und Elaine ahnten nichts von dem Aufruhr, die ihr Verschwinden ausgelöst hatte. Am späten Nachmittag des Tages, an dem Larenia Arida verließ, erreichten sie die Umgebung von Komar. Es war ein sehr schöner Landstrich und zu einem anderen Zeitpunkt hätten sie ihre Reise sicherlich genossen. Auf den Feldern stand hoch das Korn und an den
Weitere Kostenlose Bücher